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Sensualismus
Sen|su|a|lịs|mus 〈m.; -; unz.〉 Lehre, nach der alle Erkenntnis nur auf den Sinneswahrnehmungen beruht [zu spätlat. sensualis „sinnlich“; → sensibel]

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Sen|su|a|lịs|mus, der; - [zu spätlat. sensualis, sensuell] (Philos.):
1. Lehre, nach der alle Erkenntnis allein auf Sinneswahrnehmung zurückzuführen ist.
2. (selten) Sinnlichkeit, Sinnenfreude.

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Sensualịsmus
 
[zu spätlateinisch sensualis »sinnlich«] der, -, erkenntnistheoretischen Richtung der Philosophie, in der alle Erkenntnis auf Sinneswahrnehmung - letztlich auf die Empfindung physiologischer Reize - zurückgeführt wird. Der Sensualismus ist eine besondere Form des Empirismus, die mit dem Empiriokritizismus und dem Positivismus verwandt ist. Kennzeichnend für den Sensualismus ist die Formel J. Lockes: »Nihil est in intellectu, quod non ante fuerit in sensu« (lateinisch »Nichts ist im Verstand, was nicht vorher im Sinn [in den Sinnen] gewesen ist«). In der Frage nach dem Anfang der Erkenntnis stellt der Sensualismus somit eine radikale Position dar, welche die reine sinnliche Erfahrung (ohne begriffliche Hilfsmittel) verabsolutiert. Das Gegebene wird dabei weitgehend mit der Summe der einzelnen Sinnesdaten identifiziert.
 
In der Antike leugnete bereits Antisthenes den Wahrheitsanspruch von Ideen und Allgemeinbegriffen, sofern sie nicht anhand von Sinneswahrnehmungen ausreichend bestimmt werden können. Auch für Epikur und seine Schule war alles Erkennen reine Sinneswahrnehmung, wobei die ästhetische Sinneslust zu einer hedonistischen Ethik erweitert wurde. - Im englischen Empirismus traten T. Hobbes, Locke und D. Hume als Hauptvertreter des Sensualismus hervor, unter Vollzug eines radikalen Bruchs mit der Tradition der platonisch-aristotelischen Metaphysik: Alle Erfahrung der Welt ist Sinneserfahrung, aus der sich allein bestimmt, was Wahrheit, moralisches Ideal und religiöse Werte sind. Das Denken wird als Funktion der Verknüpfung von Vorstellungen erklärt, die Verknüpfungsgesetze selbst werden auf eine »Welterfahrung aus Gewohnheit« zurückgeführt.
 
Im 17.-18. Jahrhundert entwickelte sich der Sensualismus zu einer materialistischen Deutung menschlicher Bewusstseinsphänomene, u. a. bei J. Priestley, der von der Identität psychischer und physiologischer Prozesse ausging, und in der französischen Aufklärung bei D. Diderot, C. A. Helvétius und P. H. T. d'Holbach, der alles Denken nur als eine spezifische Form der allgemeinen Bewegung der Materie erklärte. É. B. de Condillac legte mit seiner Ableitung der geistigen Fähigkeiten aus Sinneswahrnehmungen und -empfindungen das theoretische Fundament des naturwissenschaftlichen Materialismus (L. Büchner; Heinrich Czolbe, * 1819, ✝ 1873), der die Welt und alles Sein nur aus Kraft und (sinnlichem) Stoff bestimmt sieht.
 
Literatur:
 
H. Czolbe: Neue Darst. des S. (1855);
 L. Büchner: Kraft u. Stoff (Neuausg. Leipzig 81964);
 C. A. Helvétius: Vom Menschen, seinen geistigen Fähigkeiten u. seiner Erziehung (a. d. Frz., 1972);
 J. Borek: S. u. Sensation (Wien 1983);
 É. B. de Condillac: Abh. über die Empfindung (a. d. Frz., 1983);
 D. Hume: Eine Unters. über den menschl. Verstand (a. d. Engl., Neuausg. 1994).

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Sen|su|a|lịs|mus, der; - [zu spätlat. sensualis, ↑sensuell] (Philos.): Lehre, nach der alle Erkenntnis allein auf Sinneswahrnehmung zurückzuführen ist.

Universal-Lexikon. 2012.