Schlagschatten
* * *
Schat|ten ['ʃatn̩], der; -s, -:1.
a) dunkle Stelle, die hinter einem von einer Lichtquelle getroffenen Körper auf einer sonst beleuchteten Fläche entsteht und die den Umriss dieses Körpers zeigt:
die Schatten der Bäume, der Berge; abends werden die Schatten länger.
Zus.: Erdschatten.
b) <ohne Plural> nicht unmittelbar von der Sonne oder einer anderen Lichtquelle getroffener Bereich, in dem nur gedämpfte Helligkeit, Halbdunkel [und zugleich Kühle] herrscht:
die Häuser spenden Schatten; aus dem Schatten heraustreten; es ist gesünder, sich in den Schatten zu legen.
Zus.: Halbschatten.
2. Figur, Gestalt, die nur schemenhaft, als Silhouette o. Ä. erkennbar ist:
ein Schatten taucht aus der Dämmerung auf.
3. dunkle oder dunkel getönte Stelle:
sie hat blaue Schatten unter den Augen.
Zus.: Augenschatten.
* * *
* * *
schạt|ten <sw. V.; hat [mhd. schatewen, ahd. scatewen] (dichter.):
a) Schatten spenden:
unter schattenden Bäumen;
b) einen Schatten werfen.
* * *
Schatten,
1) Optik: der nicht beleuchtete Raum hinter einem beleuchteten undurchsichtigen Körper (Schattenraum, Schlagschatten). Eine punktförmige oder eine als solche wirkende Lichtquelle wirft einen scharf begrenzten Schatten. Hat sie eine bestimmte Ausdehnung (z. B. die Sonne), ist der von keinem Licht getroffene Raum (Kernschatten) umgeben von einem Gebiet, das nur von einem Teil der Lichtquelle Licht bekommt (Halbschatten). Bei verfeinerter Beobachtung werden im Schatten, v. a. an den Schattengrenzen, durch Beugung des Lichts am Körper hervorgerufene Strukturen sichtbar. - Scheinbar farbige Schatten (Farbschatten), die auf physiologischen Vorgängen beruhen, entstehen, wenn die von zwei verschiedenfarbigen Lichtquellen herrührenden Schatten eines Körpers nebeneinander auf eine weiße Fläche fallen. - Analog wird auch bei anderen Wellen (z. B. Schall-, Radiowellen) von Schatten gesprochen. (Finsternis)
Im Volksglauben gilt der Schatten als wesentlicher Bestandteil eines Menschen, Lebewesens oder Gegenstandes; in ihm wird die Seele oder Lebenskraft gesehen. Bei Naturvölkern gilt er als das zweite Ich, auch als die eigentliche Seele des Menschen. Menschen, die mit der Geisterwelt verbunden sind, sind schattenlos. Im Glauben der Sumerer und der alten Griechen sollen die Toten in der Unterwelt ein schattenloses Dasein verbringen. - Literarisch wurde das Schattenmotiv häufig gestaltet, musterhaft in A. von Chamissos »Peter Schlemihls wundersame Geschichte« (1814), an die andere Autoren anknüpften (Schlemihl); weitere Beispiele: Gedichtzyklus »Anna« (1838) von N. Lenau, Komödie »Der Schatten« (1940) von J. Schwarz.
G. von Wilpert: Der verlorene S. Varianten eines literar. Motivs (1978).
2) Tiefenpsychologie: nach C. G. Jung die Gesamtheit der dem bewussten Erleben verborgenen, verdrängten und unterentwickelten Seiten der eigenen Person. Die Schatteneigenschaften sollen im Prozess der Individuation bewusst gemacht und in das bewusste Leben der Person auf ihrem Weg zur Verwirklichung des »Selbst« integriert werden. Jung unterschied vom persönlichen Schatten den kollektiven Schatten im Sinne der verdrängten Eigenschaften in einem Kulturkreis.
* * *
Schạt|ten, der; -s, - [mhd. schate(we), ahd. scato, verw. mit griech. skótos = Dunkel]: 1. a) (mehr od. weniger scharf begrenzter) im ↑Schatten (1 b) eines Körpers liegender Ausschnitt einer im Übrigen von direktem Licht beschienenen Fläche, der sich dunkel von der helleren Umgebung abhebt: die S. der Häuser, der Berge; die S. werden länger; Unsere S. huschten über die Wände, schnellten zur Decke hinauf, wurden unter der Decke geknickt und hingen schwarz über uns (Roehler, Würde 134); gegen Abend werfen die Gegenstände lange S.; Ü (dichter.:) der S. des Todes lag bereits auf ihm (es war deutlich, dass er bald sterben würde); die Nacht breitet ihre S. über das Land; auf ihr Leben war ein S. gefallen (es hatte sich durch traurige Ereignisse verdüstert); ein S. lag auf ihrem Glück (es war durch etwas beeinträchtigt); Es lagen dunkle S. auf meiner Seele und als wir den Fuß des Penhart erreicht hatten, sah es nicht danach aus, als würden sie gelichtet (Theisen, Festina 40); Da legte sich ein S. auf die freundlichen Züge des Fliegeroffiziers (verdüsterte sich sein Gesicht; Mehnert, Sowjetmensch 363); *nur noch der S., ein S. seiner selbst sein (äußerlich erkennbar krank u. elend sein; nach einem Zitat aus der „Pharsalia“ des röm. Schriftstellers Marcus Annaeus Lucanus, der über den geschlagenen Pompeius schrieb, dass von diesem nur der Schatten eines großen Namens geblieben sei); jmdm. wie ein S. folgen (jmdm. überallhin folgen, ihn nicht aus den Augen lassen); die S. der Vergangenheit (Vergangenes, das mit seinem negativen Aspekt bis in die Gegenwart nachwirkt); einen S., seinen S. auf etw. werfen (geh.; etw. beeinträchtigen, in negativer Weise beeinflussen); seine S. vorauswerfen (schon im Voraus Auswirkungen haben): obwohl noch ein halbes Jahr Zeit ist, werfen die nächsten Wahlen bereits ihre S. voraus; über seinen S. springen (sich überwinden, etw. zu tun, was gegen die eigene Natur, die eigenen Vorstellungen, Absichten, Wünsche geht): aber dann ist er über seinen S. gesprungen und hat es doch getan; nicht über seinen [eigenen] S. springen können (nicht anders handeln können, als es dem eigenen Wesen od. der eigenen Gewohnheit entspricht): ich verstehe das schon, er kann eben auch nicht über seinen S. springen; sich vor seinem eigenen S. fürchten (sehr ängstlich sein); b) <o. Pl.> Bereich, der vom Licht der Sonne od. einer anderen Lichtquelle nicht unmittelbar erreicht wird u. in dem deshalb nur gedämpfte Helligkeit, Halbdunkel [u. zugleich Kühle] herrscht: hier herrschte immer der kühle und feuchte S. der uralten Bäume (Seidel, Sterne 120); weit und breit gab es keinen S. (keine schattige Stelle); die Platanen geben, spenden genug S.; ein S. spendender Baum; aus dem S. heraustreten; von einer Mondfinsternis spricht man, wenn der Mond durch den S. der Erde geht; sich im S. aufhalten; es sind 30 Grad im S.; im S. der Sonnenschirme; das Tal lag schon im S.; aus der Sonne in den S. gehen; Ü Warum fällt der Erfolg immer wieder denen zu, die ihn nicht verdienen, während andere unverdient im S. (in ihrem Wert unerkannt) bleiben? (Thielicke, Ich glaube 38); *in jmds. S. stehen (neben einem anderen nicht die verdiente, gebührende Beachtung, Anerkennung finden): er stand immer, zeitlebens, für lange Zeit im S. seines berühmten Vaters; jmdn., etw. in den S. stellen (jmdn. in seinen Leistungen, etw. an Qualität o. Ä. weit übertreffen): als Dramatiker stellt er alle zeitgenössischen Autoren [weit] in den S.; dieses neue Lexikon stellt alles bisher Dagewesene in den S. 2. Figur, Gestalt o. Ä., die (dadurch, dass sie sich von einem helleren Hintergrund abhebt) nur in ihren Umrissen, nur schemenhaft als Silhouette erkennbar ist: ein S. taucht aus dem Dunkel auf; die Schiffe zogen als ferne S. am Horizont vorüber; Der klotzige S. der Brücke gegen den düsteren Himmel (Schnabel, Marmor 35); *einem S. nachjagen (geh.; ein unrealistisches Ziel verfolgen). 3. dunkle Stelle, dunkler Fleck, der auf etw. erscheint: dunkle S. auf den Negativen der Fotos; auf den Röntgenbildern der Lunge zeigen sich verdächtige S. (dunkle Stellen, die auf eine Lungenkrankheit schließen lassen); S. (Ringe) unter den Augen haben; Ü ein S. (geh.; Makel) liegt auf seiner Vergangenheit; *nicht der S. einer Sache (nicht die geringste Spur von etw.): ihn trifft nicht der S. eines Verdachts, einer Schuld; einen S. haben (ugs.; geistig nicht ganz normal sein). 4. (bildungsspr.) als Schatten gedachte Gestalt eines Verstorbenen, Abgeschiedenen (im Totenreich der Antike): das Reich der S. (Myth.; Totenreich, Unterwelt); *in das Reich der S. hinabsteigen (bildungsspr. verhüll.; sterben). 5. jmd., der einen anderen ständig begleitet, sich in seiner Nähe hält, dessen Aufgabe es ist, einen anderen zu beobachten, zu überwachen: ihr S. war wieder bei ihr; er versuchte seinen S. abzuschütteln; (Sport Jargon:) der Stürmer konnte sich nicht von seinem S. lösen.
Universal-Lexikon. 2012.