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Nostalgie
Sehnsucht nach Vergangenheit

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Nost|al|gie auch: Nos|tal|gie 〈f. 19Sehnsucht nach der Vergangenheit ● er blickt mit \Nostalgie auf sein früheres Leben zurück [<grch. nostos „Heimkehr“ + algos „Schmerz“]

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Nos|t|al|gie, die; -, -n <Pl. selten> [nlat. nostalgia = Heimweh, zu griech. nóstos = Rückkehr (in die Heimat) u. álgos = Schmerz; die heutige Bed. wohl beeinflusst von gleichbed. engl. nostalgia]:
1. (bildungsspr.) vom Unbehagen an der Gegenwart ausgelöste, von unbestimmter Sehnsucht erfüllte Gestimmtheit, die sich in der Rückwendung zu einer vergangenen, in der Vorstellung verklärten Zeit äußert, deren Mode, Kunst, Musik o. Ä. man wieder belebt:
ein Fest im Zeichen der N.
2. (bildungsspr. veraltend) [krank machendes] Heimweh.

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I
Nostalgie
 
[griechisch, wörtlich »Heimweh«]. In der populären Musik versteht man unter Nostalgie die durch die Musikindustrie oft überhaupt erst initiierte, auf jeden Fall aber stimulierte neuerliche Hinwendung zu einem Star oder auch einer ganzen Musikrichtung der Vergangenheit, die mit der profitablen Nachauflage der dazugehörigen Schallplattenproduktionen verbunden ist und darin auch ihren Sinn hat.
 
II
Nostalgie
 
[zu griechisch nóstos »Rückkehr (in die Heimat)« und álgos »Schmerz«] die, -/...'gi |en, sehnsüchtiges Verlangen nach einer vergangenen Zeit, v. a. nach den darin vorgestellten Lebens- und Erfahrungsräumen sowie den damit verbundenen Geselligkeits- und Einsamkeitsformen. Die Bezeichnung Nostalgie ist eine Wortschöpfung des Basler Arztes Johannes Hofer (»Dissertatio medica de Nostalgia oder Heimwehe«, 1688) für die durch unbefriedigte Sehnsucht nach der Heimat (Heimweh) begründete Art von Melancholie oder Monomanie. Abgesehen von Vorläufern im Humanismus begegnet Nostalgie in der Literatur v. a. seit dem 18. Jahrhundert Als neue Komponente kommt die Sehnsucht nach einfachen, unverdorbenen Sitten der ländlichen Welt hinzu (A. von Haller, »Die Alpen«; J.-J. Rousseau), die ihrerseits als Reaktion auf die durch Industrialisierung und Rationalisierung geprägte moderne Gesellschaft verstanden werden kann. Während sich bereits zu Anfang des 19. Jahrhunderts der Begriff »Heimweh« einbürgerte (J. Grimm 1830), blieb Nostalgie zunächst auf die Fachsprache der Medizin und Psychologie beschränkt und wurde hier als »symbolische Rückkehr zu oder Vergegenwärtigung von solchen Ereignissen (Objekten) des Erlebnisraumes, die den größten Satisfaktionswert bieten« (C. Zwingmann), aufgrund einer verunsichernden Trennungserfahrung definiert. In den allgemeinen Sprachgebrauch fand der Begriff erst Eingang im Zusammenhang mit dem im Laufe der 1970er-Jahre in Massenmedien und Kulturkritik einsetzenden Interesse an Lebensformen vorindustrieller Gesellschaften, das als Reaktion auf die Entfremdung, aber auch auf die Erfahrungsarmut moderner Industriegesellschaften und nicht zuletzt auf das Scheitern sozialrevolutionärer Hoffnungen verstanden werden kann. In den gleichen Zusammenhang einer »Kulturstimmung Nostalgie« (I.-M. Greverus) gehört die zunehmende Ausbeutung unterschiedlichster Lebensbereiche der Vergangenheit (Mode, Möbel, Landschaften, Gebrauchsgegenstände, politische Ideologien) durch Massenmedien, Werbung (Tourismus) und Warenproduktion, die ihrerseits mit Stimmungslagen, Konsumstilen und Identifikationsbedürfnissen korrelieren und im Zuge von Nostalgiewellen gleichsam immer neue Vergangenheiten und Nostalgien aufbauen und verbrauchen können.
 
Literatur:
 
C. Zwingmann: Das nostalg. Phänomen, in: Zur Psychologie der Lebenskrisen, hg. v. C. Zwingmann: (1962);
 T. Lange: Idyll. u. exot. Sehnsucht. Formen bürgerl. N. in der dt. Lit. des 18. Jh. (1976);
 I.-M. Greverus: Auf der Suche nach Heimat (1979);
 V. Fischer: N. Gesch. u. Kultur als Trödelmarkt (Luzern 1980).
 

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Nos|tal|gie, die; -, ...ien <Pl. selten> [nlat. nostalgia, zu griech. nóstos = Rückkehr (in die Heimat) u. álgos = Schmerz]: 1. (bildungsspr.) vom Unbehagen an der Gegenwart ausgelöste, von unbestimmter Sehnsucht erfüllte Gestimmtheit, die sich in der Rückwendung zu einer vergangenen, in der Vorstellung verklärten Zeit äußert, deren Mode, Kunst, Musik o. Ä. man wieder belebt: ein Fest im Zeichen der N.; ein Hauch von N. geht von dem Interieur aus. 2. (bildungsspr. veraltend) [krank machendes] Heimweh: Wenn er im Exil Heimweh ... hatte, jetzt scheint er sich ins Exil zurückzusehnen ... Dort ging es ihm gut, trotz der N. (K. Mann, Wendepunkt 424).

Universal-Lexikon. 2012.