Germanen und Christentum
Im römischen Germanien gab es in der Zeit vor Konstantin dem Großen schon Christen. Mindestens in Köln gab es auch bereits eine Bischofskirche; der erste nachweisbare Bischof Maternus nahm 313 und 314 an Synoden in Rom und Arles teil. Die von Konstantin und seinem damaligen Mitkaiser Licinius 313 im Mailänder »Toleranzedikt« zugesicherte Bekenntnisfreiheit stand am Anfang einer Entwicklung, die 391 in der Durchsetzung des Christentums als römischer Reichsreligion durch Theodosius I. gipfelte. Damit war jedoch die Ausbreitung des christlichen Glaubens bei den feindlichen Germanen zunächst weitgehend blockiert.
Bei diesen fand er schließlich in Gestalt des Arianismus Eingang. Die Lehre des alexandrinischen Priesters Arius beruhte auf der Auffassung, Christus sei das aus dem Nichts geschaffene bevorzugte Geschöpf des Vaters. Sie wurde 325 durch das von Kaiser Konstantin geleitete erste ökumenische Konzil von Nizäa verworfen, das die Wesensgleichheit von Vater und Sohn als verbindlichen Glaubenssatz formulierte. Trotzdem gelang es den Arianern unter Konstantins Sohn Konstantius, ihre Lehre weithin durchzusetzen, bis das zweite ökumenische Konzil von Konstantinopel (381) sie erneut verurteilte. Durch den Westgoten Wulfila (Ulfilas), der 341 von dem arianischen Bischof Eusebius von Nikomedia zum Bischof der Goten geweiht wurde und die Bibel ins Gotische übersetzte, gelangte das arianische Christentum zu den Westgoten, deren Massenbekehrung freilich erst nach ihrem Übertritt auf römisches Reichsgebiet (376) einsetzte, und von ihnen im Laufe des 5. Jahrhunderts zu anderen ostgermanischen Stämmen, darunter den Ostgoten, Vandalen und Langobarden. Auch die Burgunder und die in Spanien angesiedelten Sweben bekannten sich zeitweise zum Arianismus. Für die germanischen Reichsgründungen auf römischem Boden erwies sich dies als Nachteil, weil die Gegensätze zwischen den Eroberern und der eingesessenen katholischen Bevölkerung durch den religiösen Unterschied noch vertieft wurden. Erst die Entscheidung des Frankenkönigs Chlodwig für die katholische Religion seiner galloromanischen Untertanen (wohl 498) führte einen grundlegenden Wandel herbei. Der Arianismus erlosch mit dem Untergang des Vandalen- und des Ostgotenreichs (534 bzw. 553) und mit dem Übertritt der Westgoten, Sweben und Langobarden zum Katholizismus (Ende des 6./Anfang des 7. Jahrhunderts). Bei der Christianisierung der noch heidnischen Germanen übernahm im 7. Jahrhundert die iroschottische Kirche, im 8. Jahrhundert die selbst noch junge angelsächsische Kirche die Führung.
Universal-Lexikon. 2012.