Paestum
['pɛ-, 'pɛː-], Pästum, antike Stadt an der Westküste Unteritaliens (Kampanien), am Golf von Salerno, heute Ruinenstätte (UNESCO-Weltkulturerbe), 35 km südöstlich von Salerno. Das griechische Poseidonịa wurde wohl gegen Ende des 7. Jahrhunderts v. Chr. (sicher jedoch vor 530) von Sybaris aus gegründet, gegen 390 v. Chr. von den samnitischen Lukanern erobert und in Paistos umbenannt; unter den Römern erhielt es, nun Paestum genannt, 273 v. Chr. den Status einer Kolonie latinischem Rechts. 871 wurde die Stadt von den Sarazenen erobert. Im 11. Jahrhundert zerstörten die Normannen Paestum. Erst im 18. Jahrhundert wurden die Ruinen wieder entdeckt dank einer Veröffentlichung des Architekten J.-G. Soufflot (1764), der Zeichnungen des Conte Felice Gazola (✝ 1789) benutzte.
Aus der griechischen Blütezeit stammen drei gut erhaltene dorische Tempel: die »Basilika« (um 540 v. Chr., ein archaischer Peripteros, 9 × 18 Säulen; die Cella durch mittlere Säulenreihe in zwei Schiffe geteilt), der Poseidontempel (um 450, ein klassisches Peripteros mit 6 × 14 Säulen; die Cella durch zwei Säulenreihen dreigeteilt; mit durchgeführter Kurvatur), beide Tempel nach Weihgeschenkfunden zu urteilen der Hera geweiht (daher auch als Heraion I und II bezeichnet), und weiter im Norden der Athenetempel (Ende des 6. Jahrhunderts v. Chr., 6 x 13 Säulen; in der früheren Forschung nach Ceres genannt). Besonders die beiden Heratempel waren von kleineren Tempeln, Kultbauten und Altären umgeben. Südlich des Athenetempels wurde ein Kultbau des späten 6. Jahrhunderts v. Chr. freigelegt mit geschlossener Fassade und steilem Giebeldach sowie in den Fels eingetieftem Raum, der u. a. fünf eiserne Spieße und acht Bronzevasen enthielt. Er war umgeben von einem Graben (Opfergraben?) und Mauern. Der Bau wird u. a. als Heroon gedeutet (für den Gründer von Sybaris, damit auch Heros von Paestum).
Die Stadtmauern von 4 750 m Länge mit vier Toren und 28 Türmen mit Glacis (6,50 m breit) und Wassergraben (20 m breit und 7 m tief), wohl auch gegen Überschwemmungen gedacht, stammen v. a. aus dem frühen 3. Jahrhundert v. Chr. und umfassen die griechisch-lukanische Stadt und die westliche Erweiterung des Stadtgebiets, als Paestum latinische Kolonie wurde. Neben zahlreichen Peristylhäusern wurden das Forum (1. Jahrhundert v. Chr. bis 1. Jahrhundert n. Chr.), u. a. mit einem Rundbau (für Versammlungen der römischen Komitien), gegenüber die so genannte Kurie und vermutlich die Markthalle (Macellum) sowie Tempelreste freigelegt, ferner ein Gymnasion mit Schwimmhalle und ein Amphitheater.
Außerhalb der Stadt liegen im Norden und Süden Nekropolen sowie verstreute Gräber; das »Grab des Tauchers«, ein Steinkistengrab, hat Fresken (um 480 v. Chr.) an Wänden und Decken (u. a. Darstellung eines Tauchers); aus dem 4. Jahrhundert stammen zahlreiche lukanische Gräber mit Malereien (v. a. lukanische Krieger zu Pferde). - Im Museum von Paestum sind auch die Funde von Foce del Sele ausgestellt.
F. Krauss: P. - die griech. Tempel (31976, Nachdr. 1984);
P. C. Sestieri: P. (a. d. Ital., Rom 81977).
Universal-Lexikon. 2012.