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Raab
I
Raab,
 
1) ungarisch Győr [djøːr], Stadt in Nordwestungarn, an der Mündung von Raab und Rabnitz in die Kleine Donau, umfasst als Stadtbezeichnung 175 km2, mit 127 100 Einwohnern; Verwaltungssitz des Bezirks Raab-Wieselburg-Ödenburg; katholischer Bischofssitz; Hochschulen für Lehrerbildung sowie für Verkehr und Fernmeldetechnik, Museen, Außenstelle der Budapester Franz-Liszt-Akademie für Musik; Industriezentrum mit Waggon-, Maschinen-, Kfz-Motorenbau, Textil-, chemischer, Kunstleder-, Möbel- sowie Nahrungsmittelindustrie; Eisenbahnknotenpunkt, Flusshafen.
 
Stadtbild:
 
Die Bischofsburg wurde 1546 befestigt. Der Dom, um 1100 erstmals erwähnt, wurde im 15. Jahrhundert erweitert und 1639-45 umgebaut; Hochaltarbild und Fresken von F. A. Maulbertsch; klassizistische Fassade (1823); in der angebauten Sankt-Ladislaus-Kapelle (15. Jahrhundert) Kopfreliquiar des Heiligen (Anfang 15. Jahrhundert). Die Ignatiuskirche (1635-41) wurde 1726-38 barock umgestaltet; Deckengemälde von P. Troger (1744). In der Karmeliterkirche (1721-25) Altarbilder von M. Altomonte; Bürgerhäuser des 17. und 18. Jahrhunderts.
 
Geschichte:
 
Das auf eine neolithische Siedlung und einen keltischen Handelsplatz zurückgehende Raab wurde im 1.-4. Jahrhundert als Arrabona von den Römern bewohnt und anschließend von den Awaren zur Festung (Győr »Ringwall«) ausgebaut. 896 von den Magyaren eingenommen, wurde es 1001 unter Stephan I. Bischofssitz, 1271 königliche Freistadt mit Stapelrecht.
 
 
 2) die, ungarisch Rába ['raːbɔ], rechter Nebenfluss der Donau, Hauptfluss des Kleinen Ungarischen Tieflands, 283 km lang (davon 84 km in Österreich), entspringt am Osser im Grazer Bergland, Österreich, mündet bei 1) in die Kleine Donau; sehr mäanderreicher Lauf.
 
II
Raab,
 
Julius, österreichischer Politiker, * Sankt Pölten 29. 11. 1891, ✝ Wien 8. 1. 1964; Bauingenieur; war 1927-34 als Mitglied der Christlichsozialen Partei Abgeordneter im Nationalrat, außerdem Landesführer der Heimwehr in Niederösterreich. Mit der Gründung des Gewerbebundes (1934) schuf er die erste einheitliche Organisation des österreichischen Gewerbes. Unter K. Schuschnigg (16. 2.-11. 3. 1938) war er Minister für Handel und Verkehr. 1945 wurde er zum Mitbegründer der ÖVP und des Österreichen Wirtschaftsbundes, einer ständischen Gliederung der ÖVP, die er bis 1963 führte; 1952-60 war Raab Bundesobmann der ÖVP, 1945-64 Abgeordneter im Nationalrat. In der provisorischen Regierung unter K. Renner (27. 4.-20. 12. 1945) leitete er als Staatssekretär das Ministerium für Bauten und Wiederaufbau. Ab 1. 4. 1953 Bundeskanzler, konnte er in einer engen Zusammenarbeit von ÖVP und SPÖ den wirtschaftlichen und sozialen Wiederaufbau Österreichs wesentlich befördern (u. a. Stabilisierung der Währung, Begründung der Sozialpartnerschaft, EFTA-Beitritt). In langwierigen Verhandlungen mit den Siegermächten des Zweiten Weltkrieges erreichte Raab v. a. mit Außenminister L. Figl den Abschluss des Österreichischen Staatsvertrages (1955). Am 11. 4. 1961 trat Raab vom Amt des Bundeskanzlers zurück.
 
Werke: Verantwortung für Österreich (1961); Selbstporträt eines Politikers (1964).
 
Literatur:
 
J. R., hg. v. A. Brusatti u. G. Heindl (1984);
 M. Rauchensteiner: Die Zwei. Die Große Koalition in Österreich 1945-1966 (Wien 1987).

Universal-Lexikon. 2012.