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Ori|ent ['o:ri̯ɛnt], der; -s:vorderer und mittlerer Teil Asiens:
er kennt den Orient gut.
Syn.: ↑ Morgenland.
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Ori|ent 〈m.; -s; unz.〉 die Länder des Nahen, Mittleren u. Fernen Ostens; Sy Morgenland; Ggs Okzident ● der Vordere \Orient Vorderasien [<mhd. orient „Osten; Land im Osten“ <lat. oriens (sol) „aufgehende (Sonne); Orient“ (als der Teil der bewohnten Erde, der in der Richtung der aufgehenden Sonne liegt); zu oriri „sich erheben, aufsteigen“]
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Ori|ent [auch: o'ri̯ɛnt], der; -s [mhd. ōrīent < lat. (sol) oriens (Gen.: orientis), eigtl. = aufgehend(e Sonne), 1. Part. von: oriri = aufstehen, sich erheben; entstehen]:
1. vorder- u. mittelasiatische Länder:
den O. bereisen;
☆ der Vordere O. (der Nahe Osten).
2. (veraltet) Osten.
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Ori|ent
[aus lateinisch (sol) oriens »aufgehend(e Sonne)«, »Morgengegend«, »Osten«] der, -s, eurozentrische Bezeichnung eines räumlich nicht genau abgegrenzten Kulturraumes, der im Einzelnen die Länder gegen Sonnenaufgang (griechisch Anatole, italienisch Levạnte, arabisch Mạschrek [Mạschrik]) umfasst; synonymer Begriff für das »Morgenland« im Unterschied zum Okzident (Abendland), von Europa aus gesehen.
Seit Diokletian verstand man unter Orient die Diözese Oriens (Vorderasien, Ägypten), seit dem Mittelalter das Herrschaftsgebiet des Islam (orientalischer Kulturkreis). Die hellenistisch-römische Epoche des östlichen Mittelmeerraums wird heute der Antike zugeordnet (hellenistische Staatenwelt, Hellenismus, römische Geschichte), die vorangehende Zeit als Alter Orient (auch: Alter Orient und Ägypten) abgegrenzt. In neuerer Zeit haben sich für den islamischen Orient die angelsächsische Einteilung in Naher Osten, Mittlerer Osten sowie der zusammenfassende Begriff Near and Middle East im deutschen Sprachraum auch Vorderer Orient eingebürgert. Im englischen Sprachgebrauch schließt Orient auch den Fernen Osten ein.
In moderner kulturgeographischer Betrachtung umfasst der Orient außer im Bereich des Alten Orients diejenigen Teile der hellenistisch und römisch geprägten Mittelmeerwelt, die im 7. Jahrhundert n. Chr. von den Arabern erobert wurden und heute überwiegend dem Islam zugehören. Damit werden dem Orient der westliche und mittlere Teil des großen altweltlichen Trockengürtels zugerechnet. Dieser »Kulturerdteil« Orient mit seinen traditionellen Lebensformen des Hirtennomaden, des Fellachen und des Städters und mit dem charakteristischen Wirtschaftssystem des Rentenkapitalismus umfasst ganz Nordafrika und Vorderasien mit knapp 13,5 Mio. km2 (etwas mehr als Europa) und etwa 300 Mio. Einwohnern.
Mit der Blütezeit der arabischen Wissenschaften und Künste gelangten im Mittelalter materielle und geistige Güter aus dem Orient nach Europa, das sich besonders seit der Zeit der Kreuzzüge ein vielfach emotional geprägtes Orientbild schuf. Die Expansion des Osmanischen Reiches seit dem 17. Jahrhundert führte zu einer teilweisen Orientalisierung Südosteuropas. Seit Ende des 18. Jahrhunderts erschien der Orient in der europäischen Literatur und Musik als eine geistige Idylle. Ausgehend von Frankreich entstand im 19. Jahrhundert ein kultureller Orientalismus, der sich in den Künsten in der Ägyptenmode und Arabienmotivik äußerte. Die Orientkultur im weiteren Sinn schlug sich im Japonismus und der Indienmotivik nieder. Gleichzeitig vollzog die Orientalistik eine sprunghafte Entwicklung. Die intellektuell-romantische Beschäftigung mit dem Orient wurde von einer machtpolit.-imperialistischen Durchdringung der Region begleitet, die durch die darauf folgende Kolonialisierung ihrerseits in starkem Maße von der westlichen Kultur beeinflusst wurde.
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Universal-Lexikon. 2012.