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Wol|le ['vɔlə], die; -, -n:1. Haar von bestimmten Säugetieren, besonders vom Schaf, das durch Scheren der Tiere gewonnen und zu Garn versponnen wird:
Wolle waschen, verarbeiten, spinnen.
2. aus Wolle (1) gesponnenes Garn:
ein Knäuel Wolle zum Stricken.
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Wọl|le 〈f. 19〉
1. Tierhaare, die zum Spinnen geeignet sind (Schaf\Wolle, Ziegen\Wolle)
2. 〈Jägerspr.〉
2.1 Haar (vom Hasen u. Kaninchen)
2.2 das zwischen den Borsten direkt auf der Schwarte sitzende Haar (vom Schwarz- u. Haarraubwild), Unterwolle
● gebleichte, ungebleichte, gefärbte, ungefärbte \Wolle; raue, weiche \Wolle; eine Jacke aus reiner \Wolle ● ein Kleid aus \Wolle; jmdn. in die \Wolle bringen 〈fig.; umg.〉 zornig machen, in Wut versetzen; in der \Wolle färben unversponnen färben; in der \Wolle gefärbt 〈fig.; umg.〉 ganz echt, durch und durch (eigtl. nicht erst als fertiges Produkt, sondern schon im Rohstoff gefärbt, also nachhaltiger); er ist ein in der \Wolle gefärbter Schwabe; in die \Wolle geraten 〈fig.; umg.〉 zornig werden; wir sind uns in die \Wolle geraten 〈fig.; umg.〉 wir haben uns gestritten; →a. Geschrei [<mhd. wolle <ahd. wolla <got. wulla <germ. *wullo <idg. *ulna „Wolle“]
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Wọl|le; DIN-Kurzzeichen: WO; Syn.: Schafwolle: eine im Wesentlichen aus Keratinen bestehende natürliche Proteinfaser. Auch die Unterhaare von Lamas, Kamelen, Kaninchen u. Ziegen werden als W. angesprochen, nicht aber deren Oberhaare (Haar). Im übertragenen Sinn zu verstehen sind Bez. wie Zellwolle, Stahl-, Glas- oder Schlackenwolle.
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Wọl|le , die; -, (Fachspr.:) -n [mhd. wolle, ahd. wolla, viell. eigtl. = die (Aus)gerupfte od. die Gedrehte, Gekräuselte]:
1.
a) (bes. von Schafen) durch Scheren o. Ä. des ↑ Haars (1) gewonnenes natürliches Produkt, das zu Garn versponnen wird:
W. waschen, spinnen;
Ü du musst dir mal deine W. scheren (ugs. scherzh.; dein dichtes, langes, zottiges o. Ä. Haar schneiden) lassen;
☆ in der W. gefärbt [sein] (ugs.; etw. Bestimmtes in besonders ausgeprägter Form [sein]; ein überzeugter Vertreter von etw. [sein]; eigtl. von einem farbigen Stoff, der nicht erst als Tuch, sondern schon als unverarbeitete Wolle gefärbt worden ist);
[warm] in der W. sitzen (ugs. veraltend; in gesicherten Verhältnissen leben; früher stellte Schafwolle einen großen wirtschaftlichen Wert dar);
sich in die W. kriegen (ugs.; Streit miteinander bekommen, anfangen);
sich in der W. haben/liegen (ugs.; sich heftig streiten, zanken);
in die W. kommen/geraten (ugs.; wütend werden);
b) aus Wolle (1 a) gesponnenes Garn:
feine, dicke, rote, melierte, reine W.;
ein Knäuel W.;
die W. kratzt;
die W. läuft weit, ist ergiebig;
ein Pullover, Strümpfe aus W.;
c) <o. Pl.> aus Wolle (1 b) hergestelltes Gewebe o. Ä.:
ein Mantel, Anzug aus W. (Wollstoff);
der Stoff besteht aus reiner, ist reine W.
2. (Jägerspr.)
a) Haarkleid von Hasen, Kaninchen, Schwarz- u. Haarraubwild;
b) Flaum junger Wasservögel.
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Wolle,
nach dem Textilkennzeichnungsgesetz Bezeichnung für Fasern vom Fell des Schafes; im weiteren Sinn auch Bezeichnung für die von anderen Säugetieren, v. a. Angora- und Kaschmirziegen, Kamelartigen (Kamel, Lama, Alpaka, Vikunja) und Angorakaninchen, gewonnenen spinnfähigen Haare, im Gegensatz zu der Schafwolle mit einem ihre Herkunft kennzeichnenden Vorsatz versehen, häufig auch als »Haar« bezeichnet (z. B. Angorawolle, Kamelhaar).
Die Haare der Schafwolle werden v. a. nach den wichtigsten Qualitätsmerkmalen Feinheit, Kräuselung und Stapellänge unterschieden. I. Allgemein sind feine Wollen stärker gekräuselt und haben eine geringere Faserlänge. Die feinste Wolle ist die kurze (70-120 mm), sehr feine (17-28 μm Faserdurchmesser), stark gekräuselte Merinowolle des Merinoschafs. Mittelwolle (Crossbredwolle) stammt vom Crossbredschaf, einer Kreuzung zwischen dem feinwolligen Merinoschaf und dem grobhaarigen Lincolnschaf. Sie hat eine mittlere Feinheit von 24-30 μm, eine Länge von 120-150 mm und ist normal gekräuselt (normalbogig). Die Grobwolle (Cheviotwolle) des Cheviotschafs ist grob (über 30 μm), über 150 mm lang und wenig gekräuselt (feinbogig bis schlicht).
Daneben wird Wolle nach der Art der Gewinnung unterteilt. Schurwolle ist die vom lebenden Tier durch Schur gewonnene Wolle. Hautwolle (Schlachtwolle) stammt von Fellen geschlachteter, gesunder Tiere. Die Haare werden durch Schwitzen oder Schwöden von der Haut gelöst. Die Schwitzwolle steht in der Güte der Schurwolle nicht nach, was bei ordnungsgemäßem Gewinnungsverfahren auch für Schwödewolle gilt. Als Gerberwolle bezeichnet man die in den Gerbereien von den gekalkten Schaffellen abgeschabte Wolle; sie gilt als minderwertig, ebenso die Sterblingswolle von verendeten oder wegen Krankheit notgeschlachteten Tieren. - Bei Schurwolle gibt es Unterschiede je nach Art der Schur. Lammwolle von erstmals geschorenen jungen Tieren ist fein und weich, aber von geringer Festigkeit. Einjährige Schafe liefern die Jährlingswolle, ausgewachsene Tiere Einschur- oder Zweischurwolle (Sommerwolle im Herbst, Winterwolle im Frühjahr). Meist kommt die Wolle mit dem anhaftenden Fett und den Verunreinigungen in den Handel (Schweißwolle).
Nach Art der Verspinnung unterscheidet man Kammwolle und Streichwolle (Kammgarn, Streichgarn) sowie Teppichwolle, eine lange, grobe Wolle für Teppichgarne.
und Eigenschaften: Im Mikroskop wird von der vielzelligen Faser die äußere Zellschicht als Schuppendecke sichtbar; unter ihr liegt der aus spindelförmigen, verhornten Zellen (Spindelzellen) bestehende Faserstamm, der meist das gesamte Haarinnere einnimmt. Im Inneren der Spindelzellen befinden sich Fibrillenbündel, die aus einzelnen, durch Eiweißmolekülketten (α-Keratin) gebildeten Mikrofibrillen aufgebaut sind. Der Faserstamm setzt sich aus zwei verschiedenen Hälften (Ortho- und Paracortex) zusammen, die sich bei Merinowolle spiralförmig umeinander winden. Die verschiedenartige chemische Zusammensetzung (bilaterale Struktur) bewirkt bei der Einwirkung von Feuchtigkeit und Wärme eine unterschiedliche Quellung der Faserhälften und führt zu einer Veränderung der Form beziehungsweise der Kräuselung. Aufgrund der zahlreichen im Keratin enthaltenen hydrophilen Säureamidgruppen (—CO—NH—) ist die Wolle eine hygroskopische Faser; sie nimmt aus der Luft Feuchtigkeit auf und gibt sie in trockener Umgebung wieder ab; durch Wasser wird Wolle allerdings zunächst nur schwer benetzt, da die Faseroberfläche hydrophob ist; sie kann jedoch bis zu 30 % ihres Eigengewichts an Wasser aufnehmen, ohne sich feucht anzufühlen (daher gutes physiologisches Trageverhalten). Eine weitere wichtige Eigenschaft der Wolle ist ihre Elastizität. Wolle kann ohne bleibende Formänderung in Wasser bis zu 30 % gedehnt werden. Unterschiedlich reagiert Wolle auf die Einwirkung von heißem Wasser beziehungsweise Wasserdampf. Während sie bei kurzzeitiger Einwirkung von heißem Wasser stark (bis über 30 %) schrumpft, kann sie bei längerer Einwirkung von Wasserdampf unter Dehnung bleibend (formbeständig) gestreckt werden. Diese Reaktion wird zur Verhinderung des Einlaufens ausgenutzt, wobei gleichzeitig Glanz und Griff der Wollstoffe verbessert werden (Dekatieren, Einbrennen). Große Bedeutung besitzt das durch die schuppige Oberflächenstruktur der Haare bedingte Filzvermögen als Voraussetzung für die Herstellung von Filz und Tuch durch Druck und Bewegung (Walken), ist jedoch auch die Ursache für das v. a. bei unsachgemäßem Waschen auftretende Verfilzen und Schrumpfen von Wolltextilien. Ein Wollhaar kann eine Belastung von 13-21 daN/mm2 aushalten (Reißlänge 10-16 km). Bei Flammeneinwirkung entwickelt sich ein Geruch nach verbranntem Horn, die Faser zerbröckelt. Bei 130 ºC vergilbt Wolle; bei 140-150 ºC zersetzt sie sich unter Entwicklung schwefelhaltiger Gase. Verdünnte Säuren greifen Wolle nicht an; dagegen ist sie gegen Alkalien sehr empfindlich.
und Verarbeitung: Die Wolle wird durch Scheren (mit mechanischen Schermaschinen) vom Körper des Tieres gelöst, wobei sie als zusammenhängendes Wollkleid (Vlies) erhalten bleibt. Anschließend werden die Wollevliese klassiert, d. h., in der Qualität und Farbe abweichende Teile (z. B. Bauch-, Bein- oder Nackenwolle) werden gesondert gesammelt. Ein Vlies wiegt ungewaschen 2-6 kg, wovon z. B. bei Merinowolle etwa 50 % Verunreinigungen sind. Mineralische Verunreinigungen, Schweißsalze und Wollwachs werden durch die Wollwäsche entfernt. Die Wollwaschanlagen bestehen aus mehreren Wasch- und Spülbottichen, die die Wolle in ruhigem Strom durchfließt; vom Trockner gelangt die Wolle zur Krempel. Als Waschmittel dienen synthetische Waschmittel (nichtionische Tenside) mit Sodazusatz; die Waschtemperatur beträgt 40-55 ºC. Vegetabilien (z. B. Gräser, Kletten, Dornen, Holzstücke) werden später mechanisch auf der Krempelmaschine oder durch Karbonisieren beseitigt.
Aus den Waschflotten der Wollwäsche wird das Wollwachs gewonnen. Wolle kann mit zahlreichen Farbstoffen (z. B. saure, Metall-, Komplex-, Reaktivfarbstoffe) gefärbt werden. Große Bedeutung haben verschiedene Ausrüstungsverfahren zur Verringerung des Filzens sowie zur Erzeugung waschmaschinenfester Strickware. Da Wolle von zahlreichen tierischen Schädlingen befallen und zerstört wird, spielt der Schutz der Wolle eine wichtige Rolle (Mottenschutz).
Wirtschaftliches:
Bei Zahlenangaben für Wolle ist zu beachten, ob sie sich auf das Schweißgewicht der ungewaschenen (greasy) Wolle oder auf gewaschene (clean, scoured) Wolle beziehen. Weltweit sank die Produktion der gewaschenen Wolle von (1991) 1,98 Mio. t auf (1996) 1,62 Mio. t; Haupterzeugerländer waren 1996 (Angabe für 1994 in Klammern) Ozeanien mit 736 000 (784 000) t, Australien mit 540 000 (570 000) t, Neuseeland mit 196 000 (214 000) t, China mit 141 000 (130 000) t, Russland mit 56 000 (73 000) t, Kasachstan mit 54 000 (55 000) t, Großbritannien mit 47 000 (47 000) t und Südafrika mit 35 000 (40 000) t.
Neben den EU-Staaten sind die Länder der GUS und China wesentliche Wolleimporteure; Hauptexporteure sind Australien, Neuseeland, die Republik Südafrika, Argentinien und Uruguay. Die Preise im internationalen Wollehandel werden auf Auktionen in Australien, Neuseeland und der Republik Südafrika ermittelt. Ein drastischer Preisverfall nach einem Höchststand 1988 hat dazu geführt, dass die Schafherden in den klassischen Wollerzeugerländern Australien und Neuseeland stark verkleinert wurden. Schließlich fiel auch die Unterstützung der Preise durch die Australische »Wool Corporation« Anfang 1991 weg. Damit sanken die Preise nochmals deutlich. Der seit Mitte der 1990er-Jahre ansteigende Verbrauch in China, Russland und in den westlichen Industrieländern hat jedoch wieder zu einer Erholung der Preise geführt.
Geschichtliches:
Die Verwendung von Schafwolle ist mit der Züchtung des Wollschafs verbunden, die in Iran spätestens für das 6. Jahrtausend v. Chr., in Mesopotamien im großen Maßstab für das 3. Jahrtausend bezeugt ist, in Ägypten aber noch bis ins 2. Jahrtausend unbekannt war. Schließlich war die Verarbeitung von Wolle - erst nur zu Filz, später auch zu Webstoffen - im gesamten antiken Raum üblich. Wegen ihrer guten Färbefähigkeit wurde Wolle allein oder in Kombination mit anderen Materialien für buntfarbig dekorierte Arbeiten verwendet, v. a. für Wirkerei (Gewandeinsätze und Bildwirkerei) und als Flor der Teppiche. - In Altamerika wurde Wolle im zentralen Andengebiet und in den angrenzenden Räumen ab etwa 5000 v. Chr. verwendet; sie stammte von domestizierten und wilden Kamelartigen und konnte ab etwa 800 v. Chr. (an der südperuanischen Küste) gefärbt werden. (Textilkunst)
In der Religionsgeschichte hatte Wolle oft wegen ihrer Saugfähigkeit als reinigender Stoff große Bedeutung für Opfer und Kult. Entsprechend wurde ihr auch die Kraft, Unheil abzuwenden, zugesprochen. Andererseits wurde sie etwa in Ägypten, bei den Orphikern oder den Pythagoreern als unrein angesehen und v. a. bei Priestern für Gewänder nicht verwendet (im Alten Testament z. B. Hesekiel 44, 17 f.). In späterer Zeit war Wolle in Mönchsgemeinschaften oft der bevorzugte Stoff ihrer einfachen Kleidung (Kutten); so heißen z. B. die Sufis nach dem arabischen Wort für Wollstoff.
H. E. Schiecke: W. als textiler Rohstoff (21987);
F.-J. Wortmann: Thermo- u. hydroplast. Eigenschaften von Wollfasern (1992).
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Textiltechnik: Natur- und Kunstfasern
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Wọl|le, die; -, (Fachspr.:) -n [mhd. wolle, ahd. wolla, viell. eigtl. = die (Aus)gerupfte od. die Gedrehte, Gekräuselte]: 1. a) (bes. von Schafen) durch Scheren o. Ä. des Haars (1) gewonnenes natürliches Produkt, das zu Garn versponnen wird: W. waschen, spinnen; -n (Wollsorten) von verschiedener Qualität; Ü du musst dir mal deine W. scheren (ugs. scherzh.; dein dichtes, langes, zottiges o. ä. Haar schneiden) lassen; bevor du zur Oma fährst, kommt die W. runter (Loest, Pistole 170); *in der W. gefärbt [sein] (ugs.; etw. Bestimmtes in besonders ausgeprägter Form [sein]; ein überzeugter Vertreter von etw. [sein]; eigtl. von einem farbigen Stoff, der nicht erst als Tuch, sondern schon als unverarbeitete Wolle gefärbt worden ist): In der W. gefärbte Nazis waren der Sportlehrer und der Chemielehrer (Loest, Pistole 53); Ein Theaterkind, in der W. gefärbt (Hörzu 44, 1990, 10); Dialekt, mit dem Kroetzens Sprache in der W. gefärbt ist, ... war nicht zugelassen (MM 27. 9. 78, 36); [warm] in der W. sitzen (ugs. veraltend; in gesicherten Verhältnissen leben; früher stellte Schafwolle einen großen wirtschaftlichen Wert dar); [in den beiden folgenden Wendungen steht »Wolle« für das Kopfhaar des Menschen:] sich in die W. kriegen (ugs.; Streit miteinander bekommen, anfangen): Ich hatte im Stillen befürchtet, wir beide würden uns in die W. kriegen (Borell, Lockruf 82); sich in der W. haben/liegen (ugs.; sich heftig streiten, zanken); [die beiden folgenden Wendungen knüpfen wohl an die heute nicht mehr gebräuchliche Bed. »Pflanzenhaar, flaumiger Blütenstand« von »Wolle« an; vgl. die veraltete Wendung »in der W. sein« = zornig sein, eigtl. = ausschlagen, treiben (von Pflanzen):] in die W. kommen/geraten (ugs.; wütend werden): als er von dem heimlichen Plan hörte, geriet er heftig in die W.; jmdn. in die W. bringen (ugs.; jmdn. ärgern, reizen, wütend machen): Bei ausgesprochener Gutherzigkeit ... konnte ihn ein Wort oder eine taktlose Wendung derart in die W. bringen, dass er seine Seelenruhe nicht wiedergefunden hätte (Zuckmayer, Herr 19); b) aus ↑Wolle (1a) gesponnenes Garn: feine, dicke, rote, melierte, reine W.; ein Knäuel W.; die W. kratzt; die W. läuft weit, ist ergiebig; ein Pullover, Strümpfe aus W.; c) <o. Pl.> aus ↑Wolle (1b) hergestelltes Gewebe o. Ä.: ein Mantel, Anzug aus W. (Wollstoff); der Stoff besteht aus reiner, ist reine W. 2. (Jägerspr.) a) Haarkleid von Hasen, Kaninchen, Schwarz- u. Haarraubwild; b) Flaum junger Wasservögel.
Universal-Lexikon. 2012.