Akademik

Moskau
Hauptstadt von Russland; Drittes Rom (umgangssprachlich); Moskwa; Moskau-Fluss (veraltet)

* * *

Mọs|kau:
Hauptstadt von Russland.

* * *

Mọskau,
 
russisch Moskwạ, Moskvạ,  
 1) russ.russisch Mọskwa, Mọskva, Hauptstadt von Russland (Russische Föderation) und des Gebiets Moskau, verwaltungsmäßig in 10 Stadtbezirke (okruga) untergliedert. Moskau ist mit (2000) 1 100 km2 (davon 162 km2 Grünfläche) flächenmäßig die größte und mit (2000) 8,63 Mio. Einwohnern (einschließlich der Vororte) die bevölkerungsreichste russische Stadt, im Mittel 120 m über dem Meeresspiegel, auf drei Terrassen zu beiden Seiten der in Mäandern durch Moskau fließenden Moskwa gelegen. Die heutige Stadtgrenze wird im Wesentlichen von dem 1962 fertig gestellten Autobahnring gebildet, an einigen Stellen greift das Stadtgebiet auch darüber hinaus.
 
Moskau ist Sitz des russisch-orthodoxen Patriarchen sowie Mittelpunkt der russischen Wissenschaft, Bildung und Kultur. In der Stadt sind etwa 70 große wissenschaftliche Einrichtungen, darunter Russische Akademie der Wissenschaften, Staatliche Jüdische Akademie u. a. Akademien, mehrere Universitäten (darunter die 1755 gegründete Lomonossow-Universität) und viele Hochschulen konzentriert. Daneben sind zahlreiche Forschungsinstitute, über 3 000 Bibliotheken (größte ist die Russische Staatsbibliothek), 70 große Museen und große Kunstgalerien (u. a. Staatliches Historisches, Puschkin-Museum, Tretjakow-Galerie), Goethe-Institut (seit 1990), 31 Theater (u. a. Bolschoi-, Moskauer Künstlertheater), zwei Zirkusse, Philharmonie, Planetarium, zwei zoologische und vier botanische Gärten in Moskau ansässig, außerdem Rundfunk- und Fernsehzentrum Moskau-Ostankino (mit 541 m hohem Fernsehturm; im August 2000 teilweise durch Brand zerstört), Leninmausoleum sowie viele andere Gedenkstätten und zahlreiche Denkmäler (darunter das 107 m hohe Kosmonautendenkmal), Handelszentrum, Olympiastadion (1980 Austragungsort der von den meisten westlichen Staaten wegen der sowjetischen Afghanistanintervention boykottierten Olympischen Sommerspiele), Luschniki-Sportpark und vier Filmstudios (besonders »Mosfilm«; internationale Filmfestspiele) sowie auf über 200 ha das Allrussische Ausstellungszentrum. Im Stadtgebiet breiten sich ausgedehnte Parkanlagen aus (Gorkij-, Sokolnikipark), um Moskau als Naherholungsgebiet ein von Datschasiedlungen durchsetzter Wald- und Parkgürtel mit mehreren Seen. Im Nordosten von Moskau liegt das »Sternenstädtchen« (»Swjosdnyj«) genannte Trainingszentrum »Jurij Gagarin« für Astronauten.
 
Moskau ist das größte russische Industriezentrum, die Industriegebiete liegen v. a. im Osten, Südosten und Westen der Stadt. Die führenden Industriezweige sind Maschinenbau, Automobilherstellung, Metall verarbeitende, Leicht- (besonders Textil-), Nahrungsmittel-, elektrotechnisch-elektronische, feinwerktechnische Industrie sowie das Verlagswesen und Druckereigewerbe. Außerdem hat Moskau Nichteisenmetallurgie, Erdölverarbeitung, Baustoff- und chemische Industrie. Moskau ist auch das Finanzzentrum Russlands (mit etwa 80 % aller russischen Finanzgeschäfte), Messestandort und wichtigster Verkehrsknotenpunkt im europäischen Teil Russlands. Elf Eisenbahnlinien aus allen Richtungen, die durch einen 550 km langen Eisenbahnring verbunden sind, enden in neun Kopfbahnhöfen. 13 Fernstraßen aus allen Landesteilen münden in den 109 km langen Autobahnring. Drei Flusshäfen sind durch den Moskaukanal mit der Wolga und dadurch mit fünf Meeren (Weißes, Schwarzes, Kaspisches, Asowsches Meer und Ostsee) verbunden. Dem Flugverkehr dienen die Flughäfen Scheremetjewo I und II und Domodedowo für den internationalen und Wnukowo (ältester Moskauer Flughafen) und Bykowo für den nationalen Flugverkehr, dem innerstädtischen Verkehr seit 1935 die Untergrundbahn (Metro) mit einem Streckennetz von 256 km und etwa 115 Stationen.
 
Stadtbild:
 
Mittelpunkt von Moskau ist der Kreml (UNESCO-Weltkulturerbe), die alte Residenz der Großfürsten, Zaren und Metropoliten. Um ihn wuchsen in konzentrischen Kreisen die Vorstädte, die jeweils mit Mauern, deren Verlauf die jetzigen Ringstraßen und Boulevards zeigen, umgeben wurden: Kitajgorod (16. Jahrhundert), Belyjgorod (16. Jahrhundert), Semljanojgorod (16./17. Jahrhundert). Profanbauten des alten Moskau waren v. a. Holzhäuser, sodass die Stadt nach dem großen Brand von 1812 mit breiten Radial- und Ringstraßen völlig neu aufgebaut werden musste.
 
Der Kreml wurde 1485-95 durch die noch heute erhaltene 2,24 km lange Mauer aus rotem Backstein mit zahlreichen Türmen ummauert. Im Zentrum auf dem Kathedralenplatz, als Teil des weitgehend verschwundenen Komplexes des alten Zarenpalastes errichtet, der Glockenturm »Iwan Welikij« (1505 ff., oberstes Geschoss und Kuppel 1600, 81 m hoch), daneben der Turm des Marco Bono (Glockenstuhl) von 1532-42, davor die 210 t schwere Glocke »Zar Kolokol« (1733-35). Die größte Kremlkirche ist die 1475-79 von A. Fieravanti errichtete Uspenskijkathedrale. In der Blagoweschtschenskijkathedrale (Verkündigungskathedrale, 1484-89) bedeutende Fresken; Erzengel-Michael-Kathedrale (1333 erstmals errichtet, heutiger Bau 1505-08 von A. Nowyj; Ikonostase mit der Ikone des Erzengels, Gräber der Moskauer Großfürsten und Zaren) mit Fassaden im Stil der oberitalienischen Renaissance. Von den Palastbauten der Zeit um 1500 sind nur der Facettenpalast (Granowitaja Palata, 1487-91, von M. Ruffo und P. A. Solari, ursprüngliche Krönungs- und Audienzhalle, heute in den Großen Kremlpalast, 1838-49 von K. Thon, einbezogen) und der Terempalast (ursprünglich 1508 von A. Nowyj begonnen, heutiger Bau v. a. 1635-36) erhalten. Weitere Paläste und öffentliche Gebäude kamen im 18. und 19. Jahrhundert hinzu: Arsenal (1702-36) und das klassizistische Senatsgebäude (1776-87, von M. F. Kasakow); Rüstkammer (Oruschejnaja Palata, 1844-51).
 
An der Ostseite des Kreml erstreckt sich der Rote Platz (UNESCO-Weltkulturerbe) mit der neunkuppeligen Basiliuskathedrale (1555-61), die Iwan IV. zur Erinnerung an die Eroberung von Kasan errichten ließ (Bemalung 17. Jahrhundert), und dem direkt an der Kremlmauer gelegenen Leninmausoleum (1924-30, von A. W. Schtschussew). An der gegenüberliegenden Seite das Kaufhaus »GUM« (1889-93), an der Nordseite das Historische Museum (1878-83, von O. Sherwood) und unweit davon das Leninmuseum (die ehemalige Duma, 1890-92). Weitere wichtige Bauten sind das ehemalige Paschkowhaus (1784-86, von W. I. Baschenow; heute Russische Staatsbibliothek), das Bolschoi-Theater (1821-24, 1856 umgebaut) und das Puschkinmuseum für Bildende Künste (1898-1912). Die alte Universität (1786-93, von M. F. Kasakow) wurde 1817-19 von D. Gilardi umgebaut. Im alten Stadtteil Kitajgorod liegen die Kirche der Georgischen Jungfrau (1634-54), die Kirche der Jungfrau von Wladimir (1691-94) und die Erzengel-Gabriel-Kirche (1701-07), bekannt als »Menschikowturm«. Nach der Oktoberrevolution (1917) begann eine grundlegende Umgestaltung der Stadt (Generalbebauungsplan 1918-23, u. a. von Schtschussew). Neben der Rekonstruktion der bestehenden Straßen und Plätze wurde besonders der Bau von Wohngebieten in den Außenbezirken wichig. Moskau entwickelte sich zum Zentrum konstruktivistischer Architektur. Zu den neuen Bauaufgaben gehörten z. B. die »Arbeiterklubs« (Kautschukklub, 1927; Frunseklub, 1928; Russakowklub, 1927-28; Swobodaklub, 1928; Klub der Schuhfabrik »Sturmvögel«, 1929). Architekten waren u. a. K. S. Melnikow und Im Allgemeinen Golossow, der auch das Prawdagebäude (1929-35) errichtete. W. G. Suchow schuf mit dem 150 m hohen Sabolowkasendeturm (1919-22) ein Ingenieurbauwerk von hohem ästhetischen Anspruch. 1929 (Richtlinien des ersten Fünfjahrplanes) kam es zu einer neuen städtebaulichen Entwicklung. Nach den Plänen von Le Corbusier entstand das Gebäude des Staatlichen Komitees der Russischen Föderation für Statistik (1929-36). Der Generalbebauungsplan von 1935 sollte die Verkehrs- und Wohnungsprobleme der Stadt lösen und Moskau in den Rang einer modernen Metropole erheben. Die historisch bedingte ringförmige Struktur der Stadtanlage mit den radialen Ausfallstraßen wurde beibehalten. Populärstes Projekt dieser Zeit waren die ersten Metrostationen (1935-39; Krasnyje-Worota-Station, Majakowskaja- und Kropotkinskajastation). Um die Mitte der 1930er-Jahre erfolgte eine Hinwendung zum Neoklassizismus; u. a. entstanden das Zentrale Akademische Theater der Sowjetarmee (1934-40) und die Frunsemilitärakademie (1932-37, von L. W. Rudnew). Eine Reihe von Straßen wurde zu Prachtanlagen (Twerskaja Uliza) ausgebaut, entlang der Ringstraße entstand ein Verbund von sieben Hochhäusern (acht geplant), u. a. die Lomonossow-Universität (1948-52). Seit der 2. Hälfte der 50er-Jahre wurde der Wohnungsbau auf industrieller Basis intensiviert. Es entstanden so genannte Mikrorayons, v. a. im Südwesten der Stadt. Der weiteren Ausdehnung Moskaus wurde mit der Anlage einer neuen radialen Magistrale entsprochen (Komsomolskij Prospekt, 1958-65), die die Verbindung zumLuschniki-Sportpark und dem Universitätsgelände herstellte. 1964-69 folgte der Kalininprospekt (heute Neuer Arbat [Nowyj Arbat], von M. W. Possochin) mit dem ehemaligen RGW-Hochhaus (1969), der im sachlich nüchternen Stil ausgebaut wurde (ihm fiel jedoch ein Teil des alten Arbats zum Opfer). Die betont sachliche Gestaltung Moskauer Architektur der 60er-Jahre zeigen u. a. der Kongresspalast im Kreml (1961) sowie der ehemalige Pionierpalast der Architektengemeinschaft Moskau Sieben (1960-62). Die großen in den 1970/80er-Jahren angelegten Neubaugebiete in den Außenbezirken haben hinsichtlich ihrer Infrastruktur und verkehrsmäßigen Erschließung bis heute ihre Schattenseiten. Mit zahlreichen Gesellschaftsbauten, v. a. administrative Gebäude, kommerzielle Komplexe (Internationales Handelszentrum, 1977-81) und kulturelle Großbauten (Neuer Zirkus, 1971), versuchte man den Bedürfnissen der ständig wachsenden Metropole Rechnung zu tragen. Einige Bauten zeigen interessante, unkonventionelle Lösungen (Kinder-Musiktheater, 1980; Dramen- und Komödientheater an der Taganka, 1983; Bauten für die Olympischen Spiele 1980, u. a. Hotel Kosmos, Flughafen Scheremetjewo II und Hotel Rossija, sind von internationaler Architektur geprägt). In den 90er-Jahren setzte ein Bauboom ein. Hinter entkernten Altbaufassaden entstehen luxuriöse Appartementwohnungen und Büros, Banken und Hotels errichten sich Prestigearchitektur. Historische Bauwerke entstehen neu. So wurden 1993-95 das Moskauer Auferstehungstor (erbaut im 16. Jahrhundert; 1929-31 abgebrochen), das vom Manegeplatz den Zugang zum Roten Platz bildet und 1990-93 die Kathedrale der Muttergottes von Kasan (ursprünglich 1625 30; unter Stalin zerstört) wieder errichtet. Zur 850-Jahr-Feier Moskaus 1997 wurde u. a. die Kopie der 1931 gesprengten Christus-Erlöser-Kathedrale (ursprünglich 1839-83) im Rohbau errichtet und 2000 völlig fertig gestellt. Außerdem entstand ein unterirdisches Einkaufszentrum unter dem Manegeplatz und der historische Komplex »Gostinyj dwor« wurde restauriert.
 
An den alten Einfallstraßen nach Moskau (heute Stadtgebiet) legte man im 14.-16. Jahrhundert einen Ring von befestigten Klöstern an, v. a. Andronikowkloster (1360) mit Erlöserkathedrale (1420-27), Simonowkloster (1379), Nowospasskijkloster (1462), Nowodewitschijkloster (1524) mit Smolenskkathedrale (1550) und Donskojkloster (1591) mit Kleiner Kathedrale (1591-93) und der fünfkuppeligen Großen Kathedrale (1684-93) sowie das Danilowkloster (1272 gegründet; Väterkathedrale von 1560, Torkirche des 17. Jahrhunderts, Dreifaltigkeitskathedrale des 18. Jahrhunderts; Konventsgebäude u. a. wurden 1983-88 als Sitz des Patriarchen von Moskau restauriert).
 
In der Umgebung von Moskau (heute meist eingemeindet) befinden sich zahlreiche Landsitze (Usadba) des späten 18. Jahrhunderts. Weitere bedeutende Bauten in Moskauer Vororten, so die Pokrowkirche in Fili (1690-93) und die Himmelfahrtskathedrale in Kolomenskoje.
 
Geschichte:
 
Moskau fand 1147 erstmals schriftliche Erwähnung. 1156 wurde es von Jurij Wladimirowitsch Dolgorukij als Grenzfestung des Fürstentums Wladimir-Susdal ausgebaut. 1237/38 von den Tataren zerstört, wurde es im letzten Viertel des 13. Jahrhunderts Sitz der Danilowitschi, eines Zweiges der Fürstenfamilie von Wladimir-Susdal. Mit der Verlegung des Metropolitensitzes von Wladimir nach Moskau (1317 oder 1325) wurde die aufstrebende Stadt auch kulturelles Zentrum. Unter Iwan I. Danilowitsch vergrößerte sich die Stadt schnell und wurde zum Ausgangspunkt für die Einigungsbewegung Russlands (das »Sammeln der russischen Erde«): Nach der Unterwerfung Nowgorods (1478) und der endgültigen Befreiung von der Tatarenherrschaft (1480) war Moskau Hauptstadt und politisches Zentrum des mächtigen Moskauer Staates. Im 16. und 17. Jahrhundert nahm die Stadt auch einen starken wirtschaftlichen Aufschwung; in der »Deutschen Vorstadt« ließen sich ausländische Spezialisten nieder. 1605-06 und 1610-12 war Moskau von Polen besetzt. Peter I., der Große, verlegte 1712 die Hauptstadt nach Sankt Petersburg, jedoch blieb Moskau weiterhin Krönungsstadt und Sitz bestimmter Zentralbehörden sowie geistliches und wirtschaftliches Zentrum Russlands. 1755 wurde in Moskau die erste russische Universität gegründet. Im Vergleich zum europäisch aufgeschlossenen Sankt Petersburg herrschte in Moskau eine mehr nationale Atmosphäre. Im 18. und 19. Jahrhundert galt es als zweite Hauptstadt Russlands, was Napoleon I. 1812 zum Angriff auf Moskau veranlasste. Der Brand von Moskau, der am 14. 9. 1812, dem Tag des Einmarsches der napoleonischen Truppen, ausbrach und die Stadt zerstörte, bedeutete die Wende im Russischen Feldzug von 1812.
 
Mit der Industrialisierung wuchs die wirtschaftliche Bedeutung der Stadt: Im 19. Jahrhundert war die Moskauer Leichtindustrie führend; außerdem wurde die Stadt 1851 (Bau der Nikolajbahn nach Sankt Petersburg) zum verkehrstechnischen Mittelpunkt des Reiches. Die Einwohnerzahl überschritt 1902 die Millionengrenze (1914: 1,7 Mio., 1917: 2 Mio.). 1917 war Moskau eines der Zentren der Oktoberrevolution. Mit der Übersiedlung der Sowjetregierung von Petrograd hierher (11. 3. 1918 wurde Moskau wieder Hauptstadt (zunächst der RSFSR, 1922-91 der Sowjetunion und seitdem Russlands).
 
Während des russischen Bürgerkriegs, in dem die Stadt nie ernsthaft von weißgardistischen Truppen bedroht war, aber von wichtigen Versorgungssträngen abgeschnitten wurde, sank die Einwohnerzahl vorübergehend erheblich (bei Kriegsende rd. 800 000 Einwohner); sie nahm bald darauf wieder stark zu (1923: 1,5 Mio., 1929: 2,3 Mio., 1932: 3,6 Mio., 1939: 4,1 Mio.). In den 20er- und 30er-Jahren lebten in Moskau, das Sitz der Komintern war, viele Vertreter der internationalen kommunistischen Bewegung. Mit den drei Moskauer Schauprozessen (1936-38), in denen zahlreiche sowjetische Spitzenfunktionäre verurteilt wurden, erreichten die stalinschen Säuberungen einen Höhepunkt. Im Zweiten Weltkrieg war die Stadt eines der Hauptangriffsziele der Wehrmacht während ihres Russlandfeldzuges; mit der »Schlacht um Moskau«, die durch eine am 30. 9./2. 10. 1941 von den deutschen Truppen begonnene Offensive eingeleitet wurde und in der die Front bis auf etwa 25-30 km an die Stadt herankam (Evakuierung von rd. 2 Mio. Menschen und Auslagerung zahlreicher Produktionsanlagen aus Moskau), die aber mit der erfolgreichen sowjetischen Gegenoffensive (seit 5./6. 12. 1941) ihre entscheidende Wende erfuhr, scheiterte die deutsche Blitzkriegskonzeption endgültig. Die während des Krieges nur teilweise zerstörte Stadt wurde nach ihrem raschen Wiederaufbau politisches Zentrum der sozialistischen Staatenwelt (u. a. Sitz des RGW und des Warschauer Pakts). Die Einwohnerzahl stieg von 5 Mio. (1959) auf mehr als 8 Mio. (1985). 1980 fanden in Moskau die Olympischen Sommerspiele statt. Bereits im August 1991 Zentrum eines gescheiterten Putschversuchs gegen den sowjetischen Staatspräsident M. S. Gorbatschow, war Moskau am 3. /4. 10. 1993 Schauplatz eines bewaffneten Aufstands nationalistischer und kommunistischer Kräfte, der durch die russische Armee niedergeschlagen wurde (Erstürmung des »Weißen Hauses«, des Parlamtsgebäudes). Als Hauptstadt der Russischen Föderation erlebte Moskau in den 90er-Jahren einen (allerdings auch von wachsenden sozialen Gegensätzen geprägten) wirtschaftlichen und städtebaulichen Aufschwung.
 
Literatur:
 
Moskva. Ėnciklopedija, hg. v. P. A. Voronina u. a. (Moskau 1980);
 
History of Moscow. An outline, hg. v. S. S. Khromov (a. d. Russ., Moskau 1981);
 A. Luppi u. E. Biagi: M. (Zürich 1981);
 S. O. Chan-Magomedow: Pioniere der sowjet. Architektur (a. d. Russ., Dresden 1983);
 B. Kreis: M. 1917-35. Vom Wohnungsbau zum Städtebau (1985);
 A. V. Ikonnikov: Russian architecture of the Soviet period (a. d. Russ., Moskau 1988);
 B. Leupolt: Entwicklung u. Struktur von M., Hauptstadt der UdSSR, in: Geograph. Berichte, Jg. 33, H. 4 (Gotha 1988);
 H. Pross-Weert: M. (21989);
 J. Stadelbauer: Die Entwicklung von M. zur Weltmetropole, in: Mitt. der Österr. Geograph. Gesellschaft, Jg. 131 (Wien 1989); S. Topf: M. Mit Zagorsk (1989);
 H.-P. Riese u. D. Knötzsch: M. (1990);
 E. Gorys: M. u. St. Petersburg (Neuausg. (1994);
 
Baustelle: M. Aktuelle Tendenzen Moskauer Architektur, bearb. v. H.-W. Hämer u. a., Ausst.-Kat. Dt. Architektur-Zentrum, Berlin (1995);
 C. Marx u. A. Karger: M. - Rußlands Haupt u. Mitte (1997).
 
 2) Patriarchat der russisch-orthodoxen Kirche. Nach der Erhebung des Christentums zur Staatsreligion des Kiewer Reiches 988 wurde die orthodoxe Kirche als Metropolie des Patriarchats von Konstantinopel von oströmischen Exarchen verwaltet. Der Zerfall des Kiewer Reiches und die Zerstörung Kiews durch die Mongolen bewirkten eine Verlegung des Metropolitensitzes zuerst nach Wladimir (um 1300) und dann nach Moskau (1317 oder 1325). Als mit der Unionsvereinbarung des Konzils von Florenz 1439 und der Einnahme Konstantinopels durch die Türken 1453 der Patriarch von Konstantinopel seine panorthodoxe Bedeutung zeitweilig verlor, nahm man in Russland 1448 eine selbstständige Wahl des Metropoliten vor und erklärte sich 1459 für autokephal mit dem Metropolitentitel »von Moskau und ganz Russland«. Eine endgültige jurisdiktionelle Loslösung von Konstantinopel kam jedoch erst mit der Gründung des Patriarchates auf den Synoden von Moskau (1589) und Konstantinopel (1590 und 1593) zustande. Kaiser Peter I. hob 1721 das seit 1700 verwaiste Patriarchenamt offiziell auf und ersetzte es durch eine am mitteleuropäischen protestantischen Konsistorialsystem orientierte Synodalverfassung, in der ein kaiserlicher Beamter, der Oberprokurator, den Einfluss des Monarchen garantierte. Nach dem Sturz der Monarchie wurde das Patriarchat 1917 wieder errichtet. Die Moskauer Patriarchen des 20. Jahrhunderts sind: Tichon (1917-25), Sergij (1943-44), Aleksij (1945-70), Pimen (1971-90), Aleksij II. (seit 1990).
 
Anfang 2001 umfasste die Jurisdiktion des Moskauer Patriarchats 130 Eparchien (Bistümer) in Russland, der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten, Mittel- und Osteuropa, Belgien, Frankreich, Großbritannien, Nord- und Südamerika (Kanada, USA, Argentinien) und Japan mit insgesamt rd. 19 400 Gemeinden sowie 545 Klöster. Die Autonomie in Fragen ihrer inneren Verwaltung unter Beibehaltung der kanonischen Gemeinschaft mit Moskau besitzen die »Japanische Orthodoxe Kirche« (seit 1970), die »Ukrainische Orthodoxe Kirche« (1990), die »Weißrussische Orthodoxe Kirche« (1991) und die »Orthodoxe Kirche in Moldawien« (1992).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Russland (bis 1667): Vom Großfürstentum Moskau zum Russischen Reich
 

* * *

Mọs|kau: Hauptstadt von Russland.

Universal-Lexikon. 2012.