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Kohl
Kohl [ko:l], der; -[e]s, -e:
1.
a) in vielen Arten vorkommende, meist große Köpfe ausbildende Pflanze, die als Gemüse gegessen wird:
Kohl anbauen, pflanzen.
Zus.: Blumenkohl, Rotkohl, Weißkohl, Winterkohl.
b) aus dem Kohl (1 a) gewonnenes Gemüse:
Kohl auf dem Markt kaufen; wir essen gerne Kohl.
Syn.: Kohlrabi, Kraut.
2. <ohne Plural> (ugs. abwertend) ungereimtes Zeug, Unsinn:
das ist doch alles Kohl!; Kohl reden, quatschen.
Syn.: Blech (ugs. abwertend), Blödsinn (ugs. abwertend), dummes Zeug, Dummheit, Firlefanz (ugs. abwertend), Flachs (ugs.), Idiotie (ugs. abwertend), Irrsinn (emotional), Krampf (ugs.), Mätzchen <Plural> (ugs.), Mist (ugs. abwertend), Quark (ugs.), Quatsch (ugs.), Scheiße (derb abwertend), Schnickschnack (ugs., meist abwertend), Schwachsinn (ugs. abwertend), Stuss (ugs. abwertend), Torheit (geh.).

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Kohl1 〈m. 1; Bot.〉
1. Angehöriger einer Gattung der Kreuzblütler mit wichtigen Kulturpflanzen: Brassica
2. 〈i. e. S.〉 Gemüsekohl: Brassica oleracea (Blatt\Kohl, Blumen\Kohl, Grün\Kohl, Kopf\Kohl, Rosen\Kohl, Sauer\Kohl, Weiß\Kohl, \Kohlrabi)
● seinen \Kohl pflanzen Landwirtschaft betreiben; 〈allg.〉 leben; aufgewärmter \Kohl 〈fig.〉 alte, schon halb vergessene, wieder hervorgebrachte Geschichten; das macht den \Kohl auch nicht fett 〈fig.〉 das nützt nun auch nichts (mehr) [<ahd. kol(i), cholo <lat. caulis „Kohl“, eigtl. „Strunk, Stängel“]
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Kohl2 〈m.; -s; unz.〉 Geschwätz, dummes Gerede, Unsinn ● so ein \Kohl!; red nicht solchen \Kohl; das ist doch \Kohl! [<jidd. kol „Stimme, Sprache, Rede“ <hebr. qol; hierzu kohlen „schwatzen, verkohlen“; vermischt mit Kohl „Gemüse“; z. B. aufgewärmter Kohl: noch einmal vorgebrachter Unsinn]

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Kohl, der; -[e]s, -e:
1. [mhd. kōl, koel(e), ahd. kōl(i) < lat. caulis = Kohl, eigtl. = Strunk]
a) in vielen Arten vorkommende, zu den Kreuzblütlern gehörende Gemüsepflanze:
ein Kopf K.;
K. pflanzen, anbauen;
R das macht den K. [auch] nicht fett (ugs.; das nützt auch nichts, macht etwas nicht besser);
b) Gericht aus Kohl (1 a):
K. und Pinkel.
2. <o. Pl.> [aus der Studentenspr., zu hebr. qôl = Gerücht, eigtl. = Rede; schon früh an Kohl (1 a) angelehnt] (ugs. abwertend) ungereimtes Zeug, Unsinn:
das ist doch alles K.!;
K. reden, quatschen.

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I
Kohl
 
[althochdeutsch kol(i), von lateinisch caulis »Kohl«, eigentlich »Strunk«, »Stiel«], Brạssica, Gattung der Kreuzblütler mit etwa 30 meist ein- oder zweijährigen Arten (v. a. im Mittelmeergebiet). Der Kohl im engeren Sinn ist der Gemüsekohl (Gartenkohl, Brassica oleracea), eine zwei- oder mehrjährige (als Kulturform auch einjährige) Pflanze mit kräftigem Stiel, dicken Blättern und schwefelgelben (seltener weißen) Blüten in locker verzweigtem, traubigem Blütenstand. Der Gemüsekohl ist eine alte Kulturpflanze mit zahlreichen Zuchtformen, die sich morphologisch in Blätterkohl (Grünkohl), Stammkohl (z. B. Kohlrabi), Kopfkohl (z. B. Weißkohl) und Infloreszenzkohl (z. B. Blumenkohl) unterscheiden lassen. Weitere Kohlarten und -Sorten in Kultur sind Pekingkohl, Raps, Rübsen.
 
Krankheiten
 
und Schädlinge: Pilzbefall im Saatbeet und an Setzlingen führt zu Wurzelbrand (v. a. durch Pythium), schwärzliche Verfärbung des Stängelgrunds (Schwarzbeinigkeit, z. B. durch Phoma lingam) oder zum Umfallen der Pflanze (Umfallkrankheit, z. B. durch Olpidium brassicae). Verhütung ist durch Saatgutbeizung möglich. Durch Plasmodiophora brassicae wird die durch kropfartige Wurzelverdickungen gekennzeichnete Kohlhernie verursacht. Falscher Mehltau kann die Blätter befallen. Eine bakterielle Erkrankung ist die durch Xanthomonas campestris hervorgerufene Schwarzadrigkeit der Blattadern. Tier. Schädlinge sind die weißlichen Maden der Kohlfliegen, die die Wurzeln zerfressen (Eiablage kann durch rechtzeitige Bedeckung der Bestände mit Schutznetzen verhindert werden), sowie verschiedene Schmetterlingsraupen (Kohlweißling, Kohlmotte, Kohleule), die von Mai bis September an den Blättern fressen (»Fensterfraß«); Insektizidbehandlung ist erforderlich, bevor die Raupen in die Köpfe eindringen. Weitere tierische Schädlinge sind u. a. Mehlige Blattlaus, Drehherzmücke, Kohlwanze, Kohlgallenrüssler, Kohlschotenrüssler. Wachstumsstörungen und verkrümmte Herzblätter (Klemmherzigkeit) werden durch Molybdän- oder Bormangel verursacht. An eingelagertem Winterkohl treten Grauschimmel- und bakterielle Strunkfäule auf.
 
Geschichtliches:
 
In Mitteleuropa war Kohl schon zur Jungsteinzeit ein verbreitetes Nahrungsmittel. Nach Ägypten gelangte er erst im 6. Jahrhundert durch die Griechen. Theophrast und Plinius der Ältere kannten verschiedene Sorten; Dioskurides empfahl Kohl als gesunde Speise und Arznei. Griechen und Römer aßen ihn gerne roh. Cato der Ältere hielt Kohl für das beste Gemüse und ein Allheilmittel. Columella gab Anweisungen für Zucht und Verwendung des Kohls. Germanen und Kelten war er schon in vorrömischer Zeit bekannt. Das »Capitulare de villis« Karls des Großen (um 794) unterscheidet Kohl (Caulos) von Kohlrabi (Ravacaulos).
 
II
Kohl,
 
Helmut, Politiker, * Ludwigshafen am Rhein 3. 4. 1930; studierte 1950-58 Geschichte, Rechts- und Staatswissenschaften, war 1959-69 Referent des Industrieverbandes Chemie. Seit 1947 Mitglied der CDU, erwarb er erste politische Erfahrungen als Abgeordneter und Fraktionsvorsitzender im Stadtrat von Ludwigshafen am Rhein (1960-66) sowie als Mitglied des Landtags von Rheinland-Pfalz (1959-76; seit 1963 als Vorsitzender der Landtagsfraktion) und Landesvorsitzender seiner Partei (1966-74). 1969 zum Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz gewählt, regierte ab 1971 mit absoluter Mehrheit bis 1976. Ab 1964 Mitglied des Bundesvorstandes der CDU, ab 1969 stellvertretender Bundesvorsitzender seiner Partei, leitete er 1969-70 ihre Programmkommission. Nachdem er noch im Oktober 1971 R. Barzel bei der Bewerbung um den Bundesvorsitz der CDU unterlegen war, wählte ihn die Partei am 12. 6. 1973 zu ihrem Bundesvorsitzenden; seit Dezember 1976 war er auch Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag (Mitglied des Bundestages 1976-2002). Bei den Bundestagswahlen 1976 konnte er als Kandidat für das Amt des Bundeskanzlers trotz des bis dahin zweitbesten Ergebnisses für die CDU/CSU den Regierungswechsel nicht erreichen. Er sah sich häufig der Kritik des CSU-Vorsitzenden F. J. Strauss ausgesetzt. Bei den Bundestagswahlen von 1980 musste er diesem die Kanzlerkandidatur für die Union überlassen.
 
Am 1. 10. 1982 wählte der Bundestag Kohl im Zuge eines von der CDU/CSU-Fraktion und der Mehrheit der FDP-Fraktion getragenen konstruktiven Misstrauensvotums gegen Bundeskanzler H. Schmidt (SPD) zu dessen Nachfolger. Kohl trat an die Spitze einer Regierungskoalition aus CDU, CSU und FDP, die bei den Bundestagswahlen von 1983 und 1987 bestätigt wurde. Programmatisch stellte Kohl Selbstverantwortung und Stärkung des individuellen Leistungswillens in den Vordergrund seiner Regierungspolitik. Mit starkem persönlichem Engagement setzte er sich trotz aller außerparlamentarischen Kritik für die Durchführung des NATO-Doppelbeschlusses von 1979 ein (Dezember 1983) und stimmte der »doppelten Nulllösung« beim Abbau der Mittelstreckenraketen zu (1987). Die Deutschland- und Ostpolitik der sozialliberalen Koalition führte er zusammen mit Außenminister H.-D. Genscher im Grundsatz fort. Im Frühjahr 1989 sah er sich auch mit starker innerparteilicher Kritik an seinem Führungsstil konfrontiert. Vor dem Hintergrund der politischen Krise (Sommer 1989) und der nationaldemokratischen Revolution in der DDR (Herbst 1989) sowie der in diesem Zusammenhang geführten Diskussion um die Gestaltung der zukünftigen innerdeutschen Beziehungen legte Kohl am 28. 11. 1989 einen (zeitlich nicht befristeten) Zehn-Punkte-Stufenplan (mit konföderativen Zwischenzielen) zu einer bundesstaatlichen Vereinigung beider Staaten vor. Bereits Ende 1989 (Besuch in Dresden; 19.-20. 12.) erkannte er die auch aufgrund der rasanten politischen Entwicklung in der DDR günstigen Chancen für die sofortige Herstellung der deutschen Einheit und setzte sich seitdem, v. a. 1990, behutsam, aber mit immer größerem Nachdruck für deren zügige Verwirklichung sowie außenpolitische Absicherung (v. a. in den »Zwei-plus-Vier-Gesprächen«, Mai bis September 1990) ein; besonders mit seinen Initiativen zur Wirtschafts-, Sozial- und Währungsunion (1. 7. 1990 sowie dem Einigungsvertrag zwischen beiden Staaten (31. 8. 1990 trieb Kohl diesen Prozess maßgeblich voran. Im Zuge der Eingliederung der ostdeutschen CDU-Verbände in die Gesamtorganisation der Partei (1.-2. 10. 1990) wurde er gesamtdeutscher Parteivorsitzender. Ab 3. 10. 1990 erster Kanzler des geeinten Deutschland (am 17. 1. 1991 vom Deutschen Bundestag gewählt, erneut am 15. 11. 1994), suchte er das wieder vereinigte Deutschland trotz großer wirtschaftlicher und sozialer Herausforderungen infolge des Vereinigungsprozesses und der weltwirtschaftlichen Veränderungen zu konsolidieren sowie als demokratisches und stabiles wirtschaftliches Element im Prozess der europäischen Integration zu verankern. Die von seiner Regierung - schon 1986/87 - eingeleiteten und von ihm selbst mit Nachdruck vertretenen Steuer- und Gesundheitsreformen sowie die weitgehend erfolglosen Bemühungen um Reduzierung der wachsenden Arbeitslosigkeit stießen immer wieder auf vehemente Kritik. Schon vor 1989/90 in der Europapolitik um neue Impulse für den europäischen Einigungsprozess bemüht (u. a. Internationaler Karlspreis 1988, zusammen mit F. Mitterrand), setzte er sich seitdem im gleichen Maße für die Erweiterung der Europäischen Union und die Unterstützung der Reformprozesse in Osteuropa ein. - Mit der Niederlage seiner Regierungskoalition bei den Bundestagswahlen am 27. 9. 1998 wurde Kohl als erster deutscher Bundeskanzler im Amt abgewählt. In Konsequenz der Abwahl trat er als Parteivorsitzender zurück, wurde aber gleichzeitig zum Ehrenvorsitzenden seiner Partei gewählt (7. 11. 1998; Niederlegung des Ehrenamtes im Januar 2000 im Gefolge einer von ihm mitzuverantwortenden CDU-Finanz- und Parteispendenaffäre). - Kohl schrieb: »Ich wollte Deutschlands Einheit« (1996).
 
Literatur:
 
Die dt. Kanzler. Von Bismarck bis K., hg. v. W. von Sternburg (Neuausg. 1994);
 W. Bickerich: H. K. Kanzler der Einheit (1996);
 K. Dreher: H. K. Leben mit Macht (1998).

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Kohl, der; -[e]s, (Arten:) -e [1: mhd. kōl, koel(e), ahd. kōl(i) < lat. caulis = Kohl, eigtl. = Strunk; 2: aus der Studentenspr., zu hebr. qôl = Gerücht, eigtl. = Rede; schon früh an ↑Kohl (1) angelehnt]: 1. a) in vielen Arten vorkommende, zu den Kreuzblütlern gehörende Gemüsepflanze: K. pflanzen, anbauen; *[seinen] K. anbauen/bauen (ugs.; zurückgezogen leben); b) (regional) kurz für ↑Weißkohl: Ich ging in den Hausflur hinein, in dem es nach K. und schlechtem Fett roch (Simmel, Affäre 194); R das macht den K. [auch] nicht fett (ugs.; das nützt auch nichts, macht etwas nicht besser); *[das ist doch] aufgewärmter K. (ugs.; eine alte, längst abgetane Sache); den [alten] K. wieder aufwärmen (ugs.; etw., was erledigt, abgetan ist, noch einmal zur Sprache bringen). 2. <o. Pl.> (ugs. abwertend) ungereimtes Zeug, Unsinn: das ist doch alles K.!; dieser ganze grenzenlose K. von Gesetzemacherei (A. Zweig, Grischa 118); K. reden, quatschen; Nun, schön, habe ich den K. umsonst gekliert (Fallada, Jeder 151).

Universal-Lexikon. 2012.