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absolute Dichtung
absolute Dichtung,
 
Literatur, die Sprache absolut setzt, losgelöst von außersprachlichen Ebenen. Wesentlich ist das Experimentieren mit sprachlichen Elementen und Strukturen, das Bewirken bildhafter Formen und Assoziationen. Die Geschichte der absoluten Prosa geht auf K. W. F. Schlegels theoretische Forderung eines »absoluten Romans«, der alle Romane in sich einschließt, zurück. Im 19. Jahrhundert erreichte sie (T. Gautiers Formel des L'art pour l'art folgend) im französischen Symbolismus einen ersten Höhepunkt (J.-K. Huysmans, »Gegen den Strich«, 1884; P. Valéry, »Herr Teste«, 1896).
 
Die absolute Poesie hat, nach den aphoristisch-fragmentarischen Ansätzen in der deutschen Romantik, ihre Wurzeln ebenfalls im französischen L'art pour l'art und im Symbolismus. Besonders S. Mallarmé repräsentiert in seiner Lyrik ein Dichtungskonzept, das von der Autonomie der poetischen Sprache ausgeht. Diese Sprache hat die Aufgabe, die willkürliche (arbiträre) Konvention des Sprachgebrauchs aufzuheben und beim Leser völlig subjektive Wirkungen hervorzurufen. Die Dichtung selbst soll losgelöst von zweckgebundenen und didaktischen Intentionen sein (Poésie pure).
 
Die Ästhetik der absoluten Dichtung spielte auch im deutschen Expressionismus eine bedeutende Rolle (H. Walden, A. Stamm) und dominierte die Bewegung des Dadaismus. Im 20. Jahrhundert verbindet sich der Begriff mit dem der experimentellen Dichtung. V. a. die konkrete Poesie sieht wieder die Sprache als Arbeitsmaterial, das dem Dichter ohne Rücksicht auf tradierte Normen zur Verfügung steht.
 
Literatur:
 
M. Landmann: Die a. D. Essais zur philolog. Poetik (1963);
 
Theoret. Positionen zur Konkreten Poesie. Texte u. Bibliogr., hg. v. T. Kopfermann (1974);
 H. Hartung: Experimentelle Lit. u. konkrete Poesie (1975);
 T. Kopfermann: Konkrete Poesie - Fundamentalpoetik u. Textpraxis einer Neo-Avantgarde (1981).

Universal-Lexikon. 2012.