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Atlantikcharta
I
Atlạntikcharta,
 
englisch Atlantic Charter [ət'læntɪk 'tʃar-], acht Punkte umfassende, gemeinsame Erklärung des amerikanischen Präsidenten F. D. Roosevelt und des britischen Premierministers W. Churchill; nach vorangegangenen Beratungen der beiden Staatsmänner (9.-12. 8. 1941) veröffentlicht am 14. 8. 1941 an Bord des britischen Schlachtschiffs »Prince of Wales« in der Placentia Bay vor Argentia (Neufundland). Die Atlantikcharta forderte den Verzicht auf Annexionen, das Selbstbestimmungsrecht der Völker v. a. bei der Wahl ihrer Herrschaftsformen, freien und gleichberechtigten Zugang zu den Rohstoffen der Erde sowie den Aufbau eines kollektiven Sicherheitssystems unter vollständiger Entmilitarisierung von Staaten, die sich der Aggression schuldig gemacht haben.
 
Die Atlantikcharta richtete sich besonders gegen die Achsenmächte (Deutschland, Italien und Japan); sie war ein Programm, das in wesentlichen Aspekten von Vorstellungen der USA (insbesondere von den durch Roosevelt am 6. 1. 1941 verkündeten »Four Freedoms«, Vier Freiheiten) über eine zukünftige Friedensordnung in der Welt ausging.
 
Die Atlantikcharta wurde Grundlage der Erklärung über die Vereinten Nationen (1. 1. 1942; Verlautbarungen zufolge sollte sie Deutschland nicht zunutze kommen. Die von den »Großen Drei« (Roosevelt, Churchill, Stalin) auf der Jalta-Konferenz abgegebene »Erklärung über das befreite Europa« (11. 2. 1945) nahm direkt Bezug auf die Atlantikcharta; ihre Prinzipien gingen in den Katalog der Ziele und Grundsätze der »Charta der Vereinten Nationen« (26. 6. 1945 ein.
 
Angesichts starker ideologischer, machtpolitischer und ethnischer Konflikte blieb die Atlantikcharta meist nur Deklaration.
 
Literatur:
 
T. A. Wilson: The first summit: Roosevelt and Churchill at Placentia Bay (Boston, Mass., 1969).
II
Atlantikcharta
 
Nach der Kapitulation Frankreichs im Juni 1940 stand Großbritannien allein im Kampf gegen die Achsenmächte. Die Briten erhielten anfangs vom amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt nur moralische Unterstützung. Aufgrund der Erfolge seines »New Deal« sowie angesichts des Krieges in Europa zum dritten Mal gewählt, vermochte er sich gegenüber dem auf strikter Neutralität beharrenden Kongress durchzusetzen.
 
Mit der Verabschiedung des Leih- und Pachtgesetzes vom März 1941 erhielt der Präsident die Vollmacht, Waffen und Kriegsmaterial im Wert von (zunächst) 7 Milliarden Dollar Großbritannien zur Verfügung zu stellen. Roosevelt ging zu einer Politik des »unerklärten Krieges« gegen die Achsenmächte über, als er im September 1941, nachdem es bei der Sicherung der Hilfstransporte auf der Atlantikroute zu Zwischenfällen mit deutschen U-Booten gekommen war, amerikanischen Kriegsschiffen den Befehl erteilte, jedes in Sicht kommende Schiff der Achsenmächte unter Feuer zu nehmen.
 
Am Tag des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion erklärte der britische Pre mier Winston Churchill, er sei immer ein Gegner des Kommunismus gewesen, nun aber gebe es nur ein Ziel, nämlich »Hitler und jede Spur des Naziregimes« auszumerzen. Am 12. Juli 1941 verabredeten die Regierungen Großbritanniens und der Sowjetunion ein gemeinsames Vorgehen gegen Deutschland. Auch Roosevelt nahm jetzt Kontakt zu Stalin auf. Im Herbst 1941 wurde die Sowjetunion in die Hilfeleistungen der USA einbezogen.
 
Churchill und Roosevelt trafen sich im August auf einem Schlachtschiff im Atlantik. Am 12. August 1941 beschlossen sie ihr gemeinsames Kriegszielprogramm, die Atlantikcharta. Sie enthielt acht Prinzipien für die künftige Weltpolitik: 1. Verzicht auf Annexionen; 2. territoriale Veränderungen lediglich mit Zustimmung der betroffenen Völker; 3. Selbstbestimmungsrecht aller Völker und dessen Wiederherstellung im Nachkriegseuropa; 4. gleicher Zugang für alle Nationen zum Welthandel und zu den Rohstoffen der Welt; 5. internationale wirtschaftliche Zusammenarbeit; 6. Aufbau einer umfassenden Friedensordnung nach der »endgültigen Zerstörung der Nazityrannei«; 7. Freiheit der Meere; 8. allgemeine Verminderung der Rüstung und Entwaffnung der Aggressorstaaten, dann Errichtung eines »umfassenden und dauernden Systems der allgemeinen Sicherheit«.
 
Mit diesem Programm verpflichteten sich die USA zur Niederwerfung des Hitlerregimes in Deutschland. Im September 1941 stimmte auch die Sowjetunion zu. Die Atlantikcharta wurde später zu einem grundlegenden Dokument der Vereinten Nationen.

Universal-Lexikon. 2012.