Bakteriophagen,
Singular Bakteriophage der, -n, Phagen, Bakteri|enfresser, Viren, die Bakterien infizieren und sich in diesen vermehren. Bakteriophagen besitzen keinen eigenen Stoffwechsel, sondern steuern den ihrer Wirte um und bilden so die zu ihrer Vermehrung notwendigen Enzyme.
Die nur im Elektronenmikroskop sichtbaren Bakteriophagen variieren stark in ihrer Form; sie können kubisch, fadenförmig oder unregelmäßig gestaltet (pleomorph) sein. Die T-Phagen des Bakteriums Escherischia coli z. B. besitzen einen Kopf mit einem Durchmesser von etwa 70 nm und einen Schwanz von etwa 100 nm Länge, mit dem sie sich an das Bakterium anheften. Das Genom der Phagen besteht entweder aus Desoxyribonukleinsäure (DNA-Phagen) oder Ribonukleinsäure (RNA-Phagen). Die Nukleinsäure kann als Einzel- oder Doppelstrang, in linearer oder zirkulärer Form vorliegen. Die Nukleotidsequenz konnte bei kleinen DNA- und RNA-Phagen aufgeklärt werden; bei einigen Phagen wurden Genkarten erstellt. Die Molekülmasse der Phagen schwankt in weiten Grenzen, etwa zwischen 5 · 10-18 und 5 · 10-16 g.
Infektionszyklus:
Nach Anheftung an ein Bakterium wird das Bakteriophagengenom in die Wirtszelle injiziert, wobei Proteinhülle und Schwanz außen am Bakterium haften bleiben. Beim lytischen Zyklus, der den Tod des Bakteriums verursacht, kommt es zu einer Umstellung der Syntheseprozesse des Bakteriums dahingehend, dass sie in den Dienst der Bakteriophagensynthese gestellt werden. Je nach Stamm werden 20 bis mehrere 100 Bakteriophagen synthetisiert. Die Bakterienwand wird schließlich durch Lysozym aufgelöst (»Lyse«) und entlässt die gebildeten Bakteriophagen. Der Zyklus dauert etwa 20 Minuten. Im Gegensatz zu diesen virulenten Bakteriophagen führen die temperenten (gemäßigten) Bakteriophagen nicht zu einer Lyse des Bakteriums, sondern das Phagengenom, der Prophage, wird in das Wirtsgenom eingebaut und als ein Teil davon vererbt (Lysogenisierung). Durch Aktivierung des Prophagen kann dieser lysogene Zyklus in einen lytischen umschlagen.
Bakteriophagen sind für bestimmte Bakterien spezifisch; sie rufen auf dem Bakterienrasen Löcher, »Plaques«, hervor und können auf diese Weise bestimmt werden. Auf der Plaquebildung (Twort-d'Hérelle-Phänomen) beruhte die Entdeckung der Bakteriophagen durch F. Twort (1915) und F. d'Hérelle (1917). Zur Behandlung bakterieller Infektionen sind Bakteriophagen nicht geeignet, jedoch werden sie in Bakteriologie, Epidemiologie, Botanik und Veterinärmedizin zur Bestimmung v. a. pathogener Bakterien genutzt (Phagentypisierung). Als leicht zugängliches Virusmodell sind sie von großer Bedeutung für Molekularbiologie und Genetik.
Universal-Lexikon. 2012.