Di|oxine
[griechisch], Sammelbezeichnung für chemische Verbindungen, die sich vom Dioxin, einer sechsgliedrigen heterozyklischen Verbindung mit zwei Sauerstoffatomen in 1,4-Stellung, ableiten. Diese Verbindung ist als solche nicht bekannt, tritt aber in Form kondensierter Ringsysteme, z. B. im Dibenzodioxin, auf. - Als Dioxine werden heute (vereinfachend) v. a. die mehrfach chlorierten Derivate des Dibenzodioxins, die Polychlordibenzodioxine (PCDD), und auch die Polychlordibenzofurane (PCDF) bezeichnet. Diese Verbindungen entstehen in geringen Mengen als Nebenprodukte bei der Herstellung der als Herbizide verwendeten Chlorphenoxyessigsäuren und der v. a. als Holzschutzmittel verwendeten Polychlorphenole; sie können auch in Altölen vorkommen. Alle diese Polychlor-dibenzodioxine sind sehr giftig, haben aber eine unterschiedliche Toxizität. Am gefährlichsten ist das als Sevesogift bekannt gewordene 2,3,7,8-Tetrachlordibenzodioxin (2,3,7,8-TCDD, kurz TCDD), das bei der Herstellung von 2,4,5-Trichlorphenoxyessigsäure (aus dem Zwischenprodukt Trichlorphenol) als Nebenprodukt entsteht. Die LD50 (Dosis) beträgt beim Meerschweinchen nur zwischen 0,6 und 2 μg/kg Körpergewicht. TCDD bewirkt 1) den Massenzerfall von Leberzellen (Leberdystrophie), 2) das Auftreten von Chlorakne (die gegebenenfalls lebenslang bestehen bleibt) und ist 3) im Tierversuch hochgradig teratogen (Missbildungen erzeugend); darüber hinaus ist es im Tierversuch die stärkste bekannte Krebs erzeugende Substanz. - TCDD kann sich bei Verbrennungsprozessen bilden, an denen organische und chlorhaltige Verbindungen beteiligt sind, und kann deshalb in Spuren in der Flugasche von Müllverbrennungsanlagen enthalten sein. TCDD ist wie viele Chlorkohlenwasserstoffe chemisch und thermisch äußerst beständig, in lichtundurchlässigen Böden beträgt die Persistenz mehrere Jahre. Die Entsorgung ist durch Verbrennung in Spezialanlagen bei über 1 200 ºC und ausreichender Brenndauer möglich. Auf dem Erdboden und in der Atmosphäre wird TCDD durch UV-Strahlung (Sonnenlicht) abgebaut. In Deutschland ist seit 1990 (17. Bundesimmissionsschutz-VO) für die Dioxinemission aus Müllverbrennungsneuanlagen ein Grenzwert von 0,1 ng/m3 festgelegt, Altanlagen sind nachzurüsten. Als ADI-Wert wurde vom Bundesgesundheitsamt 1 pg je kg Körpergewicht und Tag festgelegt.
Erarbeitung von Anforderungen zur Emissionsbegrenzung von D. u. Furanen, hg. vom Länderausschuß für Immissionsschutz (1995).
Universal-Lexikon. 2012.