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Kriminalsoziologie
Kriminalsoziologie,
 
Teilbereich der Soziologie und der Kriminologie, der sich mit der Definition, Beschreibung und Analyse gesellschaftlich abweichenden Verhaltens, insbesondere der Straftat als Massenerscheinung (Kriminalität) beschäftigt und sich dabei u. a. der statistischen Massenbeobachtung (Kriminalstatistik) bedient. Im Bemühen, im sozialen Umfeld des Rechtsbrechers liegende Ursachen der Straffälligkeit zu erforschen, entwickelte die Kriminalsoziologie verschiedene Erklärungsansätze (Kriminalitätstheorien). Nach der Anomietheorie (von griechisch Normlosigkeit) führen z. B. Orientierungslosigkeit und Bedürfnisfrustration insbesondere der Unterschichtsangehörigen nach sozialen Umbrüchen zu gesteigerter (v. a. Eigentums-)Kriminalität. Die sozialen Lerntheorien beruhen auf der Annahme, dass kriminelles ebenso wie rechtskonformes Verhalten erlernt werde. Kontrolltheorien erklären kriminelles Verhalten mit dem Versagen von kriminalitätsvorbeugenden Elementen. Von dem Grad der Einbindung einer Person in die Gesellschaft (Familie, Schule, Beruf, Freizeitbereich) macht die soziale Bindungstheorie die Fähigkeit zu rechtstreuem Verhalten abhängig. Der in den USA begründete Etikettierungsansatz (englisch labeling approach) lenkt den Blick der Kriminalsoziologie vom Täter auf die strafende Gesellschaft, v. a. die Instanzen sozialer Kontrolle. Kriminalität entstehe zunächst durch Kriminalisierung, d. h. die Festlegung von Verhalten als strafbar, und werde zudem durch die von Polizei, Justiz u. a. Kontrollorganen vorgenommene Etikettierung (englisch labeling) von Personen als Täter selektiv beeinflusst. Mit dem Ansatz, die Wurzel kriminellen Verhaltens im gesellschaftlichen Umfeld zu ergründen, grenzt sich die Kriminalsoziologie von den anthropologischen Theorien ab, die kriminogene Faktoren in der Veranlagung des Menschen suchen.
 
Literatur:
 
H. Haage: Theorien der sozialen Kontrolle u. des sozialen Lernens in der Kriminologie (1995);
 G. Kaiser: Kriminologie. Ein Lb. (31996).
 

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Kri|mi|nal|so|zi|o|lo|gie, die: Teilgebiet der Soziologie, das die Kriminalität als Ergebnis gesellschaftlicher Verhältnisse untersucht.

Universal-Lexikon. 2012.