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Lymphgefäßsystem
Lỵmphgefäßsystem,
 
bei Amphibien und Reptilien aus netzartig verbundenen Lymphsäcken bestehendes, bei einem Teil der Vögel und bei Säugetieren ausdifferenziertes System von Kanälen, das einen Teil der aus den Blutkapillaren in das lockere Bindegewebe austretenden Gewebeflüssigkeit sammelt und als Lymphe dem Blutkreislauf wieder zuführt. Es nimmt seinen Anfang in der »Körperperipherie« mit einem dichten Netzwerk von fingerförmigen Lymphkapillaren (mit einer sehr dünnen Wand aus Endothelzellen). Diese gehen über Sammelgefäße, die zur Festlegung der Strömungsrichtung mit Klappen ausgestattet sind, in größere Transportgefäße mit venenähnlichem Wandaufbau über. Diese peripheren Lymphgefäße führen die Lymphe schließlich über die zentralen Lymphstämme in das Venensystem des Blutkreislaufs zurück. Beim Menschen nimmt der Brustlymphgang (Ductus thoracicus) den Chylus (Milchsaft) der Lymphgefäße des Darmes sowie die Lymphe der unteren Körperhälfte auf und leitet sie in den linken Venenwinkel (Zusammenfluss der großen Kopf- und Armvene in der Schlüsselbeingrube), in den auch die Lymphgefäße des linken oberen Körperquadranten geleitet werden. Die Lymphe des rechten oberen Körperquadranten wird in den rechten Venenwinkel geleitet. Der Lymphfluss wird besonders durch rhythmisch autonome Kontraktionen (3-6/min in Ruhe) der glatten Lymphgefäßmuskulatur und auch durch wechselnde Kompression durch die Umgebung (z. B. Kontraktionen der Skelettmuskulatur, Pulsationen der Arterien) bewirkt. Beim Menschen werden in Ruhe täglich 2-3 Liter Lymphflüssigkeit in den Blutkreislauf zurückgeführt, etwa 1/3 000 der Zirkulationsleistung des Blutgefäßsystems (täglich etwa 7 000 Liter). In die Bahnen des Lymphsystems sind bei einem Teil der Vögel und bei Säugetieren Lymphknoten eingeschaltet, die eine Filter- und Abwehrfunktion besitzen.
 
Zu den Fehlbildungen und Erkrankungen des Lymphgefäßsystems gehören die Lymphgefäßkrankheiten (Lymphangiopathien), die in Form von Verschlüssen (Atresie), Erweiterungen (Ektasie), Zystenbildungen oder gutartigen Tumoren (Lymphangiom) auftreten (teils angeboren). Durch Eindringen von Krankheitserregern (z. B. Staphylokokken, Streptokokken), die meist durch infizierte Wunden in den Körper gelangen, kann es zu einer Lymphgefäßentzündung (Lymphangitis) kommen; sie tritt als ein von der Verletzung ausgehender roter Streifen mit schmerzhafter Schwellung des betroffenen Gliedes in Erscheinung. Sie kann sich zu einer regionären Lymphknotenentzündung (Lymphadenitis) ausweiten und bedarf aufgrund der Gefahr einer allgemeinen Sepsis dringend der Behandlung (Ruhigstellung, feuchte Umschläge, Antibiotika, gegebenenfalls chirurgische Herdsanierung).
 
Durch Lymphstau bei entzündlichen oder anderen Erkrankungen ist die Ausbildung eines Lymphödems möglich. Weitere Erkrankungen (Lymphadenopathien) der Lymphknoten sind Geschwülste oder geschwulstähnliche Vergrößerungen unterschiedlicher Ursache (Lymphom).

Universal-Lexikon. 2012.