Akademik

Mussorgskij
Mụssorgskij,
 
Modest Petrowitsch, russischer Komponist, * Gut Karewo (Gebiet Twer) 21. 3. 1839, ✝ Sankt Petersburg 28. 3. 1881; 1856-58 Gardeoffizier, widmete sich dann, gefördert von M. A. Balakirew, in Sankt Petersburg weitgehend autodidaktisch der Musik. Nach dem Verlust seines Vermögens nahm er 1863 eine untergeordnete Beamtenstellung an und trat auch als Konzertpianist auf. An Alkoholismus leidend, starb Mussorgskij arm und vereinsamt.
 
Ungleich seinen sehr akademisch eingestellten Zeitgenossen A. G. Rubinstein und P. I. Tschaikowsky durchbrach Mussorgskij die scheinbar fest gefügten Konventionen, um auf dem Weg über die Musik reale humane und soziale Zusammenhänge der Wirklichkeit zu deuten. Nach dem Manifest des Mächtigen Häufleins suchte er die russische Musik aus dem Volkslied zu erneuern, griff dabei aber weit über die folkloristischen Tendenzen der nationalrussischen Schule hinaus. So verbinden sich in seinem Hauptwerk »Boris Godunow« Elementar-Rituelles (etwa im Bittchor des Volkes) und schonungsloser Realismus mit einer zuweilen an Shakespeare erinnernden Hintergründigkeit (Schlusslied des Irrsinnigen), die aus einer konsequenten musikalisch-realistischen Umsetzung und Ausdeutung der Sprache und der dramatisch-psychologischen Situation heraus erwächst. Seine Werke sind vielfach Fragment geblieben und wurden von seinen Freunden, besonders von N. A. Rimskij-Korsakow, ergänzt.
 
Werke: Opern: Die Heirat (Fragment 1868, nach N. Gogol); Boris Godunow (nach A. Puschkin, 1. Fassung in 7 Bildern 1868/69, 2. Fassung in 4 Aufzügen mit 9 Bildern 1871/72 [Uraufführung 1874]); bearbeitet von N. Rimskij-Korsakow 1896, von D. Schostakowitsch 1940); Chowanschtschina (1873-80; beendet und instrumentiert von Rimskij-Korsakow 1883, bearbeitet von M. Ravel und I. Strawinsky 1913); Der Jahrmarkt von Sorotschinzy (1876-81, nach N. Gogol; bearbeitet von Z. Kjui 1917, von N. N. Tscherepnin 1923, von W. J. Schebalin 1931).
 
Sinfonische Dichtung: Eine Nacht auf dem Kahlen Berge (1867; bearbeitet von Rimskij-Korsakow 1886).
 
Klavierstücke: Bilder einer Ausstellung (1874, nach Bildern des Architekten und Malers Viktor Hartmann [* 1834, ✝ 1873]; orchestriert von Ravel 1922).
 
Klavierlieder (Zyklen): Kinderstube (1868-72, nach eigenen Texten); Ohne Sonne (1874); Lieder und Tänze des Todes (1874-77); Lied des Mephisto, genannt »Flohlied« (1879, nach Goethe; instrumentiert von Rimskij-Korsakow 1883).
 
Ausgabe: Complete works, herausgegeben von P. Lamm, 20 Bände (1923-1939); Briefe, übersetzt und herausgegeben von D. Lehmann (1984).
 
Literatur:
 
G. Fulle: M. M.s »Boris Godunow«, Gesch. u. Werk, Fassungen u.Theaterpraxis (1974);
 L. Hübsch: M. M. Bilder einer Ausstellung (1978);
 
M. M. Aspekte des Opernwerks, hg. v. H.-K. Metzger u. a. (1981);
 P. Weber-Bockholdt: Die Lieder M.s (1982);
 H. C. Worbs: M. P. Mussorgsky. Mit Selbstzeugnissen u. Bilddokumenten (20.-23. Tsd. 1989);
 
Modest Mussorgsky. Zugänge zu Leben u. Werk; Würdigungen - Kritiken - Selbstdarstellungen - Erinnerungen - Polemiken, hg. v. E. Kuhn (a. d. Russ., 1995).

Universal-Lexikon. 2012.