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Analysis
Ana|ly|sis 〈f.; -; unz.; Math.〉
1. Untersuchung der Lösung geometrischer Konstruktionsaufgaben
2. Gebiet, auf dem die Infinitesimalrechnung benutzt wird
[→ Analyse]

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Ana|ly|sis, die; - [mlat. analysis < griech. análysis, Analyse]:
1. (Math.) Teil der Mathematik, in dem mit Grenzwerten gearbeitet, die Infinitesimalrechnung angewendet wird.
2. (Geom.) Voruntersuchung beim Lösen geometrischer Aufgaben.

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Analysis
 
[griechisch] die, -, Teilgebiet der Mathematik, das auf den Grundbegriffen Zahl, Funktion und Grenzwert aufbaut und insbesondere Grenzwerte (v. a. Ableitungen und Integrale von Funktionen, Vektoren u. a.) der verschiedensten Art untersucht. Die klassische Analysis umfasst v. a. die aus Differenzialrechnung und Integralrechnung bestehende, im weiteren Sinn auch die Theorie der Differenzialgleichungen, der Differenzengleichungen und der Integralgleichungen einschließende Infinitesimalrechnung. Zu ihr gehören auch die Untersuchungen der allgemeinen Eigenschaften von Folgen und Reihen (v. a. deren Konvergenz) sowie von Funktionen (v. a. deren Differenzierbarkeit und Stetigkeit), wobei die Theorie der Funktionen reeller Variablen als reelle Analysis, die Theorie der Funktionen komplexer Variablen als komplexe Analysis oder Funktionentheorie bezeichnet wird. Weitere Bereiche der klassischen Analysis sind die Variationsrechnung und die Vektoranalysis. Moderne Bereiche der Analysis sind die Funktionalanalysis, die Maßtheorie, die Theorie der verallgemeinerten Funktionen oder Distributionen und die Nichtstandardanalysis. Rand- und Anwendungsgebiete der Analysis sind u. a. die Differenzialgeometrie, die Integralgeometrie, die analytische Topologie und die Differenzialtopologie sowie die analytische Zahlentheorie. Darüber hinaus findet die Analysis vielfältige Anwendung in vielen anderen Bereichen der Mathematik (z. B. in der Wahrscheinlichkeitsrechnung und bei Optimierungen) sowie besonders in den Naturwissenschaften und der Technik, da ein großer Teil der Naturgesetze durch Differenzial- oder auch Integralgleichungen beschrieben wird.
 
Geschichte:
 
Die Infinitesimalrechnung entwickelten unabhängig voneinander in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts J. Gregory, G. W. Leibniz und I. Newton, nachdem bereits in der Antike Archimedes und seit Anfang des 17. Jahrhunderts J. Kepler, B. Cavalieri, P. de Fermat und viele andere Mathematiker vor allem Integrations-, vereinzelt auch Differenziationsaufgaben mittels spezieller Verfahren zu lösen verstanden hatten (so sind z. B. die ersten algebraischen Rektifikationen 1657 W. Neil und H. van Heuraet gelungen). Während Newton bei der Entwicklung seiner Fluxionsrechnung besonders von physikalischen Fragestellungen ausging, stellte Leibniz v. a. das »Tangentenproblem« an den Anfang seiner Überlegungen; seine Bezeichnungen und Symbole für den Differenzialquotienten und das Integral sind heute noch üblich. Beide legten jedoch ihren Überlegungen die Existenz von »unendlich kleinen Größen« (englisch infinitesimals) zugrunde. Den inversen Charakter der Differenziation und Integration erkannten zuerst E. Torricelli, P. de Fermat, S. P. de Roberval und I. Barrow. Während bis dahin unter Analysis die Verwendung von Symbolen und Gleichungen aus Arithmetik und Algebra zur Lösung von Problemen in anderen Bereichen der Mathematik verstanden wurde, was sich im Begriff analytische Geometrie (R. Descartes) widerspiegelt, verbreitete sich jetzt rasch (v. a. durch G. Berkeley und L. Euler) die Bezeichnung Analysis für die Infinitesimalrechnung und alle mathematischen Untersuchungen, in denen die Begriffe des Grenzwerts, der Stetigkeit, der Differenzierbarkeit u. a. den Kern und den Ausgangspunkt der Überlegungen bilden. Mit der Aufstellung einer eigentlichen Theorie der Differenzialgleichungen konnte erst im 18. Jahrhundert begonnen werden (Jakob, Johann und Daniel Bernoulli, J. Riccati, Euler, J. L. R. d'Alembert, J. L. de Lagrange, P. S. de Laplace). Auch die Theorie der komplexen Funktionen reicht in ihren Anfängen ins 18. Jahrhundert zurück, doch wurde eine brauchbare Grundlage für einen systematischen Aufbau erst mit der Einführung der komplexen Zahlenebene durch C. F. Gauss zu Anfang des 19. Jahrhunderts gelegt. So ist die komplexe Funktionentheorie eine Schöpfung des 19. Jahrhunderts, an deren Entwicklung v. a. A.L. de Cauchy und K. Weierstrass, die gleichzeitig auch eine einwandfreie Behandlung der reellen Analysis und ihrer Grundlagen anbahnten, sowie B. Riemann beteiligt waren. Mit dem Studium geodätischer Linien auf konvexen Flächen durch Johann und Jakob Bernoulli (1697/98) nahm die Differenzialgeometrie ihren Anfang. Sie wurde im 18. Jahrhundert v. a. durch Euler, A.C. Clairaut und Lagrange gefördert, dann von G. Monge umgestaltet und von seinen Schülern weiter ausgebaut. Um 1825 gelang Gauss, Arbeiten von Euler und Lagrange fortsetzend, die grundlegende Kennzeichnung von gekrümmten Flächen allein durch ihre inneren Eigenschaften. Probleme der Variationsrechnung wurden, nach den Bernoullis und ihren Zeitgenossen, wiederum von Euler und v. a. von Lagrange um die Mitte des 18. Jahrhunderts näher untersucht; es folgten Beiträge von Monge, A.M. Legendre, Gauss, C. G. J. Jacobi, Weierstrass und vielen anderen.
 
Indem die klassische Analysis als Gegenstand der Untersuchung »beliebige« reelle Zahlen voraussetzt, unterliegt sie den Einwänden der modernen Grundlagenkritik. Den Ausweg einer (allzu restriktiven) Einschränkung auf rekursive Analysis, die statt »beliebiger« reeller Zahlen nur Grenzwerte von rekursiven Folgen rationaler Zahlen betrachtet, vermeidet die konstruktive Analysis durch den Begriff der Konstruktivität (Konstruktivismus). In der mit Mitteln der mathematischen Logik entwickelten Nichtstandardanalysis wird erstmals der Begriff der »unendlich kleinen Größe« exakt definiert.
 
Literatur:
 
J. A. Dieudonné: Grundzüge der modernen A., 9 Bde. (a. d. Engl. u. Frz., 1-31976-87);
 H. Triebel: Höhere A. (21980);
 C. Blatter: A., 3 Bde. (2-41981-92);
 H. Lüneburg: Vorlesungen über A. (1981);
 M. Barner u. F. Flohr: A., 2 Bde. (2-41989-91);
 K. Endl u. W. Luh: A., 3 Bde. (7-91989-94);
 H. Heuser: Lb. der A., 2 Bde. (8-111993/94).

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Ana|ly|sis, die; - [mlat. analysis < griech. análysis, ↑Analyse]: 1. (Math.) Teil der Mathematik, in dem mit Grenzwerten gearbeitet, die Infinitesimalrechnung angewendet wird. 2. (Geom.) Voruntersuchung beim Lösen geometrischer Aufgaben.

Universal-Lexikon. 2012.