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Gleichgewichtssinn
Gleich|ge|wichts|sinn 〈m. 1; unz.〉 Fähigkeit von Menschen u. Tieren, aufgrund der Schwerkraft eine bestimmte Lage od. Haltung im Raum einzunehmen u. beizubehalten; Sy statischer Sinn, Schweresinn

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Gleich|ge|wichts|sinn, der:
Gleichgewichtsgefühl.

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I
Gleichgewichtssinn
 
(statischer Sinn, Lagesinn, Schweresinn): Der Gleichgewichtssinn dient der Wahrnehmung der Körperlage und einer Lageänderung im Raum aufgrund der Schwerkraftwirkung. Dafür sind die Gleichgewichtsorgane mit Statolithen (Schwerekörperchen) ausgestattet, die besondere Sinneszellen (in zwei bläschenartigen Erweiterungen des häutigen Labyrinths, Utriculus und Sacculus) im Innenohr reizen und damit dem Gehirn Auskunft über die Lage des Körpers erteilen. Bei Lageänderungen werden Korrekturbewegungen angeregt, damit die »Normallage« wieder hergestellt wird.
II
Gleichgewichtssinn,
 
statischer Sinn, Schweresinn, Schwerkraftsinn, mechanischer Sinn zur Wahrnehmung der Lage des Körpers (v. a. des Kopfes) oder einzelner Körperteile im Raum, wobei von der Schwerkraft ausgehende Reize auf spezifische Gleichgewichtsorgane wirken, dort in elektrische Signale umgewandelt und dann im Zentralnervensystem verarbeitet werden.
 
Bei den im Tierreich vorkommenden Gleichgewichtsorganen handelt es sich überwiegend um Statozystenorgane; diese bestehen im Allgemeinen aus einem einheitlichen größeren Körper (Statolith) oder mehreren bis zahlreichen kleinen Körnchen (Statoconien), die sich in einem offenen oder geschlossenen Bläschen (Statozyste) befinden. Wenn der Statolith frei beweglich ist (z. B. bei Muscheln, Schnecken) ist er immer bemüht, den tiefsten Punkt der Statozyste einzunehmen; dadurch drückt er, je nach Lage des Körpers, auf verschiedene Orte der Statozystenwand und reizt die dort befindlichen Sinneszellen (Schwererezeptoren, Gravirezeptoren). Bei Wirbeltieren jedoch sind die Statolithen mit den Härchen der Sinneszellen fest verbunden. Der adäquate Reiz ist in beiden Fällen nicht der senkrecht auf die Sinneszellen wirkende Druck oder Zug, sondern eine parallel zur Oberfläche des Sinneszellepithels wirkende Scherungskomponente, die durch das nacheinander erfolgende Umbiegen der auf den Sinneszellen befindlichen Härchen zustande kommt. Die bei Lageveränderung eintretende, einseitige Reizung des Sinnesepithels löst reflektorische Kompensationsbewegungen aus, die den Körper wieder in die normale Gleichgewichtslage zurückbringen.
 
Echte Gleichgewichtsorgane kommen bereits bei den Medusen der Hohltiere vor; sie befinden sich dort im Schirmrand der Medusen. Bei den bilateralen Tieren sind die Gleichgewichtsorgane in der Regel paarig angelegt. Als einzige Ausnahme unter den Metazoen besitzen die Insekten keine Statolithen oder den Statozysten ähnliche Organe; die Funktion des Gleichgewichtssinns wird hier von anderen Organen (z. B. Johnston-Organ, Gelenkrezeptoren) oder Körperanhängen wahrgenommen. Bei den Wirbeltieren befinden sich Statolithen (beim Menschen Statoconien) in Sacculus und Utriculus im Labyrinth des Gehörorgans; die Gleichgewichtssinne der Wirbeltiere liefern nicht nur Informationen über die Richtung der einwirkenden Schwerkraft, sondern reagieren auch auf Linear- und Winkelbeschleunigung des Kopfes. Hieran ist maßgeblich das Bogengangsystem beteiligt, für das die Winkelbeschleunigung bei Drehung des Kopfes den adäquaten Reiz darstellt. (Johnston-Organ, Ohr)
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
 
Gleichgewichtsorgane und Beeinträchtigungen des Gleichgewichtssinns
 
Regelkreise im menschlichen Körper
 
Gleichgewichtsorgane: Sinnesorgane ohne eigene Empfindung
 

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Gleich|ge|wichts|sinn, der: Gleichgewichtsgefühl.

Universal-Lexikon. 2012.