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Tagelied
Ta|ge|lied 〈n. 12mittelalterl. Liebeslied, in dem das Scheiden der Liebenden bei anbrechendem Tag besungen wird; Sy Wächterlied

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Tagelied,
 
Liedgattung, in der der Abschied der Liebenden am Morgen nach gemeinsam verbrachter Nacht gestaltet wird; besonders in der mittelalterlichen, am weitaus zahlreichsten in der mittelhochdeutschen Lyrik (jedoch nicht in der mittellateinischen Dichtung). Aufgrund der unverhohlenen Darstellung der erfüllten Liebe nimmt das Tagelied wie auch die Pastorelle eine Sonderstellung im klassischen »hohen« Minnesang ein. Das Tagelied kann volkstümliche Vorstufen haben, doch empfingen die deutschen Tagelieddichter wesentliche Anregungen von der Alba (eigentlich »das Helle«, »die Morgenröte«) der provenzalischen Troubadours und der Aube/Aubade der altfranzösischen Trouvères. Der Typus des Tagelieds entfaltet sich in vielen Variationen, unter denen im Mittelalter das Wächterlied die größte Bedeutung erlangt hat: Der Wächter wacht über die Liebenden, verkündet den Anbruch des Tages und drängt die Liebenden zur Trennung; so in der Alba »Reis glorios« (»ruhmreicher König«) von Giraut de Bornelh (* um 1138, ✝ um 1215), im Deutschen eingeführt durch Wolfram von Eschenbach. Tagelieder ohne die Figur des Wächters stammen u. a. von Dietmar von Aist und Heinrich von Morungen. Nach Wolfram von Eschenbach ist Oswald von Wolkenstein der bedeutendste deutsche Tagelieddichter. Parodien, mit Übertragung ins bäuerliche Milieu, sind seit Steinmar bekannt. Im Spätmittelalter treten auch geistliche Tagelieder hervor (Peter von Arberg, Hugo von Montfort, Oswald von Wolkenstein; oft als Kontrafaktur). Das ritterlich-höfische Tagelied, in dem die Liebenden Ritter und »vrouwe« (Dame) sind, geht dann ins bürgerliche Gesellschaftslied und ins Volkslied über. Berührungen mit dem Tagelied zeigt das im Brauchtum wurzelnde Kiltlied (Kiltgang).
 
Literatur:
 
Eos. An enquiry into the theme of lovers' meetings and partings at dawn in poetry, hg. v. A. T. Hatto (Den Haag 1965);
 J. Saville: The medieval erotic alba (New York 1972);
 U. Knoop: Das mhd. T. (1976);
 A. Wolf: Variation u. Integration. Beobachtungen zu hochmittelalterl. T. (1979);
 G. Rohrbach: Studien zur Erforschung des mhd. T. (1986).
 

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Ta|ge|lied, das [eigtl. = Lied, das der Wächter bei Tagesanbruch singt] (Literaturw.): Lied der mittelhochdeutschen Lyrik, das den morgendlichen Abschied zweier Liebenden zum Gegenstand hat.

Universal-Lexikon. 2012.