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Marburg
Mar|burg:
hessische Universitätsstadt an der Lahn.

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Marburg,
 
1) Universitätsstadt in Hessen, Kreisstadt des Landkreises Marburg-Biedenkopf, auf beiden Seiten der Lahn, am Fuß und an den Hängen der Lahnberge (im Osten) und des Marburger Rückens (im Westen), 176 m über dem Meeresspiegel, 76 800 Einwohner. Marburg ist zentraler Ort für das nordwestliche Hessen. Deutsche Blindenstudienanstalt (mit Fachschulen und Blindenhörbücherei), Fachhochschule für Archivwesen; Johann-Gottfried-Herder-Institut, Institut für mitteleuropäische Volksforschung, Forschungsinstitut für deutsche Sprache - Deutscher Sprachatlas, Landesamt für geschichtliche Landeskunde; Deutsches Adelsarchiv, Staatsarchiv, Museen; botanischer Garten. Die wirtschaftliche Struktur wird von der Universität bestimmt; ferner chemisch-pharmazeutische Industrie, Herstellung von Blech- und Metallwaren sowie Fernsprechgeräten.
 
Stadtbild:
 
Die Elisabethkirche (1235-83) ist einer der ersten hochgotischen Sakralbauten in Deutschland; in der Doppelturmfassade das Westportal (um 1270) mit Rosen- und Weinlaubfüllung des Tympanons; die gotischen Glasmalereien im Dreikonchenchor und der goldene Elisabethschrein (beides Mitte 13. Jahrhundert) zählen zu den besten Leistungen der Zeit; Hochaltar 1290 geweiht; in der Mitte des Lettners (vor 1343 vollendet) Bronzekruzifix von E. Barlach (1931). Westlich der Elisabethkirche die gotische Michaelskapelle (1270 geweiht), südlich die Ruine der Elisabeth-Hospital-Kapelle (Mitte 13. Jahrhundert). Ebenfalls gotisch sind Marienkirche (13.-15. Jahrhundert), Klosterkirche der Kugelherren (1485 vollendet) und Universitäts- (ehemalige Dominikaner-)Kirche (1300/20, asymmetrische zweischiffige Halle mit steilem Polygonalchor, das Innere 1927 expressionistisch neu gestaltet). Die Alte Universität wurde 1872-91 im neugotischen Stil an der Stelle des Dominikanerklosters erbaut. In der 1971-91 sanierten Altstadt das der Spätgotik zugehörige Rathaus (1512-16), dessen Treppenturm mit einer Kunstuhr (Gockel) im Giebelaufsatz (1581/82) geschmückt ist. In erhöhter Lage das Landgrafenschloss (Museum), seit 1260 ausgebaut; zu den ältesten Teilen gehören die doppelgeschossige Kapelle (1288 geweiht) und der zweischiffige Rittersaal mit Renaissanceportalen; weitere Trakte entstammen dem 15./16. Jahrhundert. Die Erweiterung des Universitäts-Betriebes seit dem späten 19. Jahrhundert führte zu zahlreichen Neubauten, architektonisch bedeutend sind v. a. die in historisierender Formensprache errichtete Universitätsbibliothek (1897-1900) und das Physikalische Institut (1917); der »Jubiläumsbau« (1927) ist ein Werk des Spätexpressionismus. Seit Mitte der 1960er-Jahre entstanden östlich der Stadt auf den Lahnbergen ein neuer Universitäts-Campus und ein neues Klinikum.
 
Geschichte:
 
Im Schutz der an einem Lahnübergang angelegten Burg (nach 1122, das spätere Schloss; Reste eines Vorgängerbaus aus dem 9./10. Jahrhundert) der Ludowinger Landgrafen von Thüringen, seit 1122 Herren von Hessen, entstand vor 1150 die Siedlung Marburg (Stadtrecht 1311/57 bezeugt). Seit dem 13. Jahrhundert war die Stadt Verwaltungs- und Gerichtsmittelpunkt des »Oberfürstentums Hessen«, als dessen Residenz die Burg ausgebaut wurde; 1228-31 waren Burg und Stadt die Wirkungsstätte der vertriebenen thüringischen Landgräfin Elisabeth von Ungarn, beraten von ihrem Beichtvater Konrad von Marburg, der ihre Heiligsprechung betrieb. Mit der Reformation stieg die Bedeutung von Marburg: 1529 wurde das Marburger Religionsgespräch mit den Marburger Artikeln beendet. 1458-1500 sowie 1567-1604 (unter Landgraf Ludwig IV., * 1537, ✝ 1604) war Marburg Sitz der Linie Hessen-Marburg (Hessen, Geschichte), deren Güter 1605 beziehungsweise 1650 zwischen Hessen-Darmstadt (der Süden) und Hessen-Kassel (der Norden mit Marburg) aufgeteilt wurden. Mit Letzterem fiel Marburg 1866 an Preußen, 1945 wurde es dem Land (Groß-)Hessen eingegliedert.
 
Die Philipps-Universität wurde 1527 von Landgraf Philipp I., dem Grossmütigen, als erste protestantische Universität gegründet. In Marburg lehrten u. a. D. Papin, C. Wolff, J. H. Jung-Stilling, F. C. von Savigny, H. von Sybel, A. F. C. Vilmar, R. Bunsen, W. Herrmann, E. Schröder, H. Cohen, P. Natorp und R. K. Bultmann.
 
Literatur:
 
Die Philipps-Univ. zu M. 1527-1927 (1927, Nachdr. 1977);
 
M. u. Umgebung, hg. v. W. Lauer (21967);
 E. Leppin: Die Elisabethkirche in M. (21980);
 
St. Elisabeth. Fürstin, Dienerin, Heilige, Ausst.-Kat. Landgrafenschloss u. Elisabethkirche, Marburg (1981);
 
Marburger Gesch., hg. v. E. Dettmering u. a. (21982);
 
Elisabeth, der Dt. Orden u. ihre Kirche, hg. v. U. Arnold u. a. (1983);
 
M. Entwicklungen, Strukturen, Funktionen, Vergleiche, hg. v. A. Pletsch (1990);
 
Marburg-Bilder. Eine Ansichtssache. Zeugnisse aus fünf Jahrhunderten, hg. v. J. J. Berns, 2 Bde. (1995-96).
 
 2) Stadt in Slowenien, Maribor.
 

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Mar|burg: hessische Universitätsstadt an der Lahn.

Universal-Lexikon. 2012.