Stạ̈n|de|ge|sell|schaft, die (Geschichte):
Gesellschaftsform (bes. im MA.), die durch die hierarchische Ordnung rechtlich, politisch u. religiös begründeter u. differenzierter ↑ Stände (5 c) gekennzeichnet ist.
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Ständegesellschaft,
ständische Gesellschaft, Sozialgeschichte: Form einer Gesellschaft, die durch die hierarch. Anordnung rechtlich, politisch und religiös begründeter und differenzierter Stände gekennzeichnet ist; als Bezeichnung besonders zur Kennzeichnung der mittelalterlichen Gesellschaft gebraucht. Zu den Merkmalen einer Ständegesellschaft gehören geringe soziale Durchlässigkeit, Aufstiegs- und Mobilitätschancen. Die Festlegung der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Stand erfolgt in der Regel durch die Geburt beziehungsweise Herkunft, Kooptation oder durch die Erhebung in den Adelsstand, während die Zuordnung nach Leistung oder individuellen Fähigkeiten eine geringe Rolle spielt. Dieser weitgehenden Festlegung der Stellung des Einzelnen in der Ständegesellschaft entspricht jedoch ein hohes Maß an Statussicherheit und sozialer »Geborgenheit«, d. h. die Erfahrung des verlässlichen Eingebundenseins in die Gesellschaft. Während die mittelalterliche Ständegesellschaft auf der Unterscheidung von häufig dreigliedrigen Ständemodellen beruhte (Klerus, Adel, Volk [dritter Stand]), berücksichtigt die im 19. Jahrhundert aufkommende Bezeichnung des Proletariats beziehungsweise der Industriearbeiter als vierter Stand zu wenig, dass mit der industriellen Revolution gesellschaftlicher Veränderungen in Gang gesetzt worden waren, die die Rahmenbedingungen der Ständegesellschaft gesprengt und ihr in der Folge zunehmend ihre Grundlagen entzogen haben.
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Universal-Lexikon. 2012.