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Insektenstaaten
Insẹktenstaaten,
 
Nestgemeinschaften der sozialen Insekten, die aus den Nachkommen eines Elternpaares beziehungsweise eines oder mehrerer befruchteten Weibchen (Königin) entstehen und deren Individuen zum Zweck des Nestbaus, der Aufzucht der Larven, der Nahrungsbeschaffung, der Verteidigung des Nestes u. a. für längere Zeit zusammenbleiben. Voraussetzung für das Bestehen eines Insektenstaates sind v. a. die instinktgebundene, durch Hormone und Pheromone gesteuerte Arbeitsteilung, geeignete Wohnbauten, besondere Taktiken bei der Nahrungsbeschaffung und gute Verständigungssysteme.
 
Um Brutpflege und Nahrungsspeicherung sicherzustellen und zum Schutz des Volkes werden verschiedenartige ober- und unterirdische Wohnbauten angelegt unter Benutzung von körpereigenen (Speichel, Kot, Wachs) und fremden Stoffen (Erde, Holz, Pflanzenteile) als Baumaterial.
 
Die Arbeitsteilung innerhalb eines Insektenstaates ist in der Regel verbunden mit Unterschieden im Körperbau der Einzeltiere; die verschieden gestalteten Gruppen werden als Kasten bezeichnet. So ist z. B. die Fortpflanzungsfähigkeit auf wenige Weibchen beschränkt, die Geschlechtsorgane der restlichen Weibchen sind daher verkümmert; sie fungieren als Arbeiterinnen und Soldaten (bei Termiten werden diese Aufgaben von Männchen und Weibchen ausgeführt, bei Honigbienen dienen die Männchen nur der Befruchtung der Königin). Die Arbeiterinnen sind oft auf bestimmte Aufgaben spezialisiert, die im Laufe des Lebens wechseln können (bei den Honigbienen z. B. Putzen der Zellen, Füttern der Larven, Bauen von Zellen, Bewachen des Baues, Sammeln von Honig).
 
V. a. bei großen Insektenstaaten (Bienen: 35 000-50 000 Individuen, Wanderameisen: bis 20 Mio. Individuen) stellt die ausreichende Nahrungsbeschaffung besondere Anforderungen. Bienen z. B. können durch einen relativ großen Aktionsradius und ein ausgezeichnetes Verständigungssystem ausreichend Nahrung verhältnismäßig leicht beschaffen. Viele Ameisenstaaten verlassen ihr Nest, wenn die Nahrung knapp wird. Weit verbreitet bei Ameisen und Termiten ist auch die Nutzung anderer Organismen zur Nahrungsbereitstellung (z. B. »Melken« der Blattläuse, Anlage von Pilzkulturen). Verbreitet ist auch das Anlegen von Nahrungsvorräten, v. a. bei den Bienen, aber auch z. B. bei Honigameisen. Außerdem gibt es parasitisch oder räuberisch lebende sowie »Sklaven haltende« Arten unter den Staaten bildenden Insekten.
 
Zur Aufrechterhaltung eines so komplexen Systems, wie es ein Insektenstaat darstellt, ist ein gutes Verständigungssystem unerlässlich. Dementsprechend sind Sinnesorgane und die Assoziationszentren im Gehirn der Staaten bildenden Insekten hoch entwickelt. Der Kommunikation dienen z. B. optische und chemische Wegmarkierung und Kennzeichnung von Futterstellen, Klopfsignale bei den Termiten, Tastberührungen (»Betrillern«) bei Ameisen sowie bei den Bienen der Schwänzeltanz (Bienensprache).

Universal-Lexikon. 2012.