Lefebvre
[lə'fɛːvr],
1) François Joseph, Herzog von Danzig (seit 1807), französischer Marschall (seit 1804), * Rufach (Elsass) 20. 10. 1755, ✝ Paris 14. 9. 1820; wurde in den Revolutionskriegen General und unterstützte als Gouverneur von Paris Napoléon Bonaparte beim Staatsstreich des 18. Brumaire (9. 11. 1799. 1807 zwang er Danzig zur Kapitulation; er führte 1808 ein Korps in Spanien, besetzte 1809 Innsbruck und befehligte 1812/13 die Garde. - Seine Frau Catherine, geborene Hübscher, eine ehemalige Wäscherin, wurde als »Madame Sans-Gêne« bekannt (gleichnamiges Bühnenstück von V. Sardou, 1893).
C. Piat: Thérèse Sans-Gêne (Paris 1986).
2) Georges, französischer Historiker, * Lille 6. 8. 1874, ✝ Boulogne-Billancourt 28. 8. 1959; seit 1935 Professor in Paris, Direktor der »Annales historiques de la Révolution française«; ging in seinen Forschungen, angeregt vom Marxismus, von wirtschafts- und sozialgeschichtliche Studien aus und vertrat das Konzept einer Geschichtsschreibung aus der Sicht »von unten«. Lefebvre wurde der bedeutendste Revolutionshistoriker seiner Generation.
Werke: Les paysans du Nord pendant la Révolution française (1924); La Révolution française (1930); La grande peur de 1789 (1932); Napoléon (1935; deutsch Napoleon und seine Zeit); Quatre-Vingt-Neuf (1939; deutsch 1789. Das Jahr der Revolution); Études sur la Révolution française (1954).
J. Friguglietti: Bibliogr. de G. L. (Paris 1972).
3) Marcel, französischer katholischer Erzbischof, * Tourcoing 29. 11. 1905, ✝ Martigny (Schweiz) 25. 3. 1991; studierte ab 1923 in Rom (Gregoriana), wurde 1929 zum Priester geweiht, trat dem Missionsorden »Kongregation vom Heiligen Geist« bei und war 1932-47 Missionar in Gabun. Politisch stand Lefebvre der Action française nahe. Nach seiner Bischofsweihe 1948 war Lefebvre Apostolischer Delegat für die französisch-sprachigen Gebiete Afrikas und wurde nach der Gründung des Erzbistums Dakar 1955 dessen erster Erzbischof. 1962 kehrte er nach Frankreich zurück und war für kurze Zeit Bischof von Tulle. Im selben Jahr zum Generaloberen der »Kongregation vom Heiligen Geist« gewählt, legte er dieses Amt 1968 nieder, weil der Orden im Gefolge des 2. Vatikanischen Konzils weit reichende Reformen beschloss. 1970 gründete Lefebvre die traditionalistische Internationale Priesterbruderschaft des Heiligen Pius X. mit dem Ziel, die Theologie und Liturgie des Konzils von Trient gegenüber den Neuerungen des 2. Vatikanischen Konzils zu bewahren und zu lehren. Lefebvre forderte die Beibehaltung des Latein als liturgische Sprache und der vorkonziliarischen Messordnung. Die Erklärung des 2. Vatikanischen Konzils über die Religionsfreiheit lehnte er ab und war Gegner jeglicher ökumenischer und pluralistischer Bestrebungen in der katholischen Kirche. 1976 wurde Lefebvre als Bischof suspendiert. Sein Dialog mit dem Vatikan (seit 1978) endete am 30. 6. 1988 mit einem Schisma, als Lefebvre vier Priester seiner Bruderschaft ohne päpstliche Zustimmung zu Bischöfen weihte. Nach katholischem Kirchenrecht waren damit Lefebvre und die Geweihten exkommuniziert.
Werke: Un évêque parle (1974); J'accuse le Concile! (1976); Lettre ouverte aux catholiques perplexes (1985).
Ausgabe: Ein Bischof spricht. Schriften und Ansprachen 1963-74 (1976).
R. Krämer-Badoni: Revolution in der Kirche. L. u. Rom (Neuausg. 1982);
Universal-Lexikon. 2012.