Literatenmalerei,
die nichtakademische Richtung in der ostasiatischen Malerei. Als Kunstform der chinesischen klassisch gebildeten Elite verkörperte die Literatenmalerei (chinesisch Wen-renhua) seit dem 10. Jahrhundert das Amateurideal des konfuzianisch gebildeten Gelehrtenbeamten, des buddhistischen Mönches (v. a. der Chan-(Zen-)Schule) und des taoistisch geprägten, weltabgewandten Außenseiters. Sie erstrebten als Dilettanten die Beherrschung der vier großen Künste Poesie, Kalligraphie, Malerei (Tuschespiel) und Musik zur »Kultivierung ihrer Persönlichkeit«. Unter dem Einfluss neokonfuzianischen, buddhistischen und taoistischen Gedankenguts bildete sich in der Songperiode mit Mi Fu und Su Dongpo (* 1036, ✝ 1101) und im Anschluss daran in der Yuanzeit mit Wu Zhen und Ni Zan eine Ästhetik der Literatenmalerei heraus, die nicht die realistische Abbildung der Naturgegenstände, sondern die Umsetzung in eine persönliche, expressive Handschrift zum Ziel hatte. Wichtige Wertkategorien waren: Intuition, Spontaneität, Natürlichkeit, Studium alter Meister. Gegen Ende der Mingzeit wurde die Literatenmalerei maßgeblich durch Dong Qichang (* 1555, ✝ 1636) und seine Theorien beeinflusst. Er bezeichnete die Literatenmalerei analog zur chan-buddhistischen Südschule als »Südschule« und grenzte sie gegen die akademisch orientierte »Nordschule« ab.
Nach Japan gelangte die Literatenmalerei im 18. Jahrhundert (japanisch Bunjin-ga). Hauptvertreter waren Ike no Taiga, Yosa Buson, Urakami Gyokudō (* 1745, ✝ 1820), Aoki Mokubei (* 1767, ✝ 1833), Bunchō, und Tanomura Chikuden (* 1777, ✝ 1835). In Korea (koreanisch Muninhoa) hatte die Literatenmalerei eine ähnliche Tradition wie in China und wurde besonders seit dem 15. Jahrhundert gepflegt (u. a. Kang Hui'an, * 1419, ✝ 1465; Shin Saimdang, * 1512, ✝ 1559).
Chin. Malerei, eine Schule der Lebenskunst, hg. v. Lin Yu-t'ang (a. d. Engl., 1967);
N. Vandier-Nicolas: Chin. Malerei u. Tradition der Gelehrten (a. d. Frz., 1983).
Universal-Lexikon. 2012.