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Montessori
Montessori,
 
Maria, italienische Ärztin und Pädagogin, * Chiaravalle (bei Ancona) 31. 8. 1870, ✝ Noordwijk-aan-Zee (Niederlande) 6. 5. 1952; erwarb als erste Italienerin 1896 in Rom den medizinischen Doktorgrad, lehrte 1898-1901 an einer staatlichen Lehrerbildungsanstalt für geistig behinderte Kinder, seit 1900 auch an der Universität von Rom (1904-07 Lehrstuhl für Anthropologie). Sie trat früh für Frauenemanzipation und Abschaffung der Kinderarbeit ein. Sie beschäftigte sich zuerst v. a. mit der Erziehung geistig Behinderter, wobei sie von Édouard Séguin (* 1812, ✝ 1880) ausging. 1907 übernahm sie ein Kinderhaus (Casa dei bambini) für drei- bis sechsjährige Arbeiterkinder, das sie ab 1911 um eine Schule erweiterte. Ihr Anliegen war es, allen Kindern die ungehemmte Entwicklung von innen her zu sichern und die dafür notwendigen äußeren Hilfen bereitzustellen. Nach Montessoris (auch religiös fundierter) Auffassung entfaltet das Kind seine Kräfte nach einem verborgenen inneren »Bauplan«. Wichtigste pädagogische Aufgabe ist es deshalb, ihm die Entwicklung gemäß seinen ursprünglichen Antrieben zu ermöglichen, die kindlichen Entwicklungsschübe (sensitive Perioden) zu beachten und seinem Selbstbildungstrieb zu vertrauen. Seine individuelle Selbsttätigkeit führt es zu Selbstständigkeit, Selbstbelehrung, Selbstüberprüfung und Selbsterziehung. - In der Praxis der Kleinkindererziehung entdeckte Montessori die Konzentration von Kindern bei manuellen Aufgaben (»Montessori-Phänomen«), während derer das Kind die Dinge »be-greift«. Im Hinblick auf diese Fähigkeit zur Konzentration am Gegenstand entwickelte sie ihr didaktisches Entfaltungsmaterial (»Montessori-Material«), dessen Prinzip es ist, von scheinbar isolierter Sinnesschulung zu innerer Ordnung zu führen. Es gliedert sich in 1) Übungen des täglichen Lebens, 2) Sinnesmaterial, 3) Sprachmaterial, 4) Mathematikmaterial, 5) Material zur kosmischen Erziehung.
 
Montessoris Pädagogik hat sich schnell weltweit verbreitet, besonders bei der vorschulischen Erziehung (in Deutschland lange als Gegenmodell zu F. Fröbel), hat aber auch Anregungen für individualisierenden Schulunterricht gebracht.
 
Die Internationale Montessori-Gesellschaft (Association Montessori Internationale, AMI) hat ihren Sitz in Amsterdam, die deutsche Sektion (Deutsche Montessori-Gesellschaft) in Frankfurt am Main; sie betreut die Schulen und Kindergärten.
 
Werke: Il metodo della pedagogia scientifica applicata all'educazione infantile. .. (1909; deutsch Selbsttätige Erziehung im frühen Kindesalter; Neuausgabe unter dem Titel La scoperta del bambino, 1950; deutsch Die Entdeckung des Kindes); Antropologia pedagogica (1910); Dr. Montessoris own handbook (1914; deutsch Mein Handbuch); L'autoeducazione nelle scuole elementari (1916; deutsch Montessori-Erziehung für Schulkinder, Band 1, 1926); Das Kind in der Familie (1926); The child in the church (1929; deutsch Kinder, die in der Kirche leben); Il segreto dell'infanzia (1938; deutsch Kinder sind anders); The absorbent mind (1949; deutsch Das kreative Kind. Der absorbierende Geist).
 
Ausgabe: Kleine Schriften, herausgegeben von P. Oswald u. a., auf mehrere Bände berechnet (1988 folgende).
 
Literatur:
 
M. Günnigmann: M.-Pädagogik in Dtl. (1979);
 G. Schulz-Benesch: M. (1980);
 H. Helming: M.-Pädagogik (151994);
 M. M. Texte u. Gegenwartsdiskussion, hg. v. W. Böhm (51996).

Universal-Lexikon. 2012.