họlländische Sprache, westgermanische Sprache (germanische Sprachen), die in den Niederlanden und Nordbelgien (Flämisch) gesprochen wird. Die Reste germanischer Dialekte in Nordfrankreich (bei Dünkirchen) sind historisch ebenfalls als niederländisch zu betrachten; Tochtersprache ist das Afrikaans. Die niederländische Sprache ist außer in den Niederlanden und Belgien auch Amtssprache in Surinam und auf den Niederländischen Antillen. - Während nach der Völkerwanderungszeit die germanischen Dialekte des heutigen deutsch-niederländischen Sprachgebiets ein Kontinuum mit allmählichen Übergängen bildeten, verdrängten im 16. und 17. Jahrhundert die sich weiter vereinheitlichenden hochdeutschen und niederländischen Schreibsprachen das Niederdeutsche, sodass zwischen ihnen eine Scheide zustande kam, die heute mit der Grenze zwischen Deutschland und den Niederlanden zusammenfällt. In Wallonien (Belgien) und Nordfrankreich hatte bis ins 10. Jahrhundert eine germanische (»niederländische«) Oberschicht bestanden, die allmählich von der romanisierten Bevölkerung assimiliert wurde. Im 19. und 20. Jahrhundert entwickelte sich Brüssel zu einer mehrheitlich französisch-sprachigen Insel im niederländischen Sprachgebiet.
Altniederländisch (9.-12. Jahrhundert):
Aus dieser Zeit sind, von spärlichen literarischen Resten abgesehen, nur Namen und einige Glossen erhalten.
Mittelniederländisch (13.-16. Jahrhundert):
Die ältesten literarischen Handschriftenfragmente reichen bis Ende 12. Jahrhundert/Anfang 13. Jahrhundert zurück. Um 1240 entstanden die ersten volkssprachlichen amtlichen Dokumente in Gent und Umgebung; aus dem 13. Jahrhundert sind Urkunden erhalten aus den Grafschaften Flandern, Seeland und Holland, in geringerem Ausmaß aus Brabant und Utrecht; weiter nach Osten und Norden setzte die Verdrängung des Lateins erst im 14. Jahrhundert ein. Die mittelniederländische Schreibsprache war geographisch noch stark differenziert, doch sind deutliche Vereinheitlichungstendenzen erkennbar: Auflösung des Umlauts als Flexionsmittel, Kasusschwund, Vereinheitlichung der schwachen substantiv. Pluralbildung. Charakteristische Lautentwicklungen setzten sich durch, z. B. die Palatalisierung des alten û und die Diphthongierung der alten Kombinationen ald/t, old/t zu oud/t. Diese Tendenzen verstärkten sich seit der Verbreitung des Buchdrucks. Brabant schien sich nach 1500 als kultureller Schwerpunkt zum Kern der werdenden Hochsprache zu entwickeln, doch führte der Krieg gegen Spanien am Ende des 16. Jahrhunderts zur Teilung der Niederlande und zur Verlagerung des kulturellen Schwerpunkts nach Holland.
Neuniederländisch:
Die gesprochene Sprachform der Amsterdamer und Haager Oberschicht wurde im 17. Jahrhundert bald als vorbildlich angesehen. Nach dieser Norm richteten sich immer mehr Niederländer in formalen Sprechsituationen. Eine Verdrängung der Mundarten durch diese Vorstufe der gesprochenen Hochsprache fand jedoch zunächst nicht in größerem Umfang statt. Auf die geschriebene Sprache übte der Sprachgebrauch bedeutender Dichter wie P. C. Hooft und J. van den Vondel sowie der offiziellen Bibelübersetzung (»Statenbijbel«, 1637) einen großen Einfluss aus. Seit dem späten 16. Jahrhundert gibt es Wörterbücher und Grammatiken der niederländischen Sprache; die ersten sprachpflegerischen Arbeiten waren schon vor 1550 entstanden. Der Rationalismus des 18. Jahrhunderts führte zu einer engeren Eingrenzung der Norm. - Nach Trennung der nördlichen von den südlichen Niederlanden blieb der Süden kulturell zurück. Die fortschreitende Französierung der Oberschicht hatte zur Folge, dass gesprochene niederländische Sprache hier nur in Dialektform vorkam; die geschriebene niederländische Sprache differenzierte sich stärker und verlor den Anschluss an die Entwicklung im Norden. Die Wiedervereinigung 1815-31 führte zur Flämischen Bewegung. Diese erreichte über eine Reihe von belgischen Gesetzen, dass Flandern seit dem späten 19. und im 20. Jahrhundert allmählich wieder homogenes niederländisches Sprachgebiet wurde.
Das 19. und 20. Jahrhundert werden im Norden charakterisiert durch eine weitgehende Verdrängung der Mundarten durch umgangssprachliche Varianten der Hochsprache; im Süden hat diese Entwicklung erst in den letzten Jahrzehnten eingesetzt. Die im Süden als allgemein Niederländisch intendierten Sprachformen enthalten v. a. im mündlichen Gebrauch noch häufig Abweichungen von der nördlichen Norm, doch ist eine deutliche Entwicklung in Richtung auf diese Norm zu beobachten. - Durch einige Rechtschreibreformen seit dem Anfang des 19. Jahrhunderts verfügt die niederländische Sprache über eine verhältnismäßig adäquate Orthographie. Einige Charakteristika der neuniederländischen Hochsprache im Vergleich zum Mittelniederländischen sind die Diphthongierung der alten Längen î und ü̂ zu [ɛi̯] (geschrieben ij) und [œi̯] (geschrieben ui) und der Zusammenfall der monophthongierten Längen ê und ô (been »Bein«, hoop »Haufen«) mit tonlangen ē und ō (geven »geben«, boven »oben«).
Woordenboek der Nederlandsche taal, hg. v. M. de Vries u. a., auf zahlr. Bde. ber. (Den Haag 1882 ff.);
E. Kruisinga: Het Nederlands van nu (Amsterdam 21951);
J. Goossens: Histor. Phonologie des Niederländischen (1974);
J. Goossens: Was ist Deutsch - u. wie verhält es sich zum Niederländischen? (51982);
C. G. N. de Vooys: Geschiedenis van de Nederlandse taal (Groningen 61975);
A. van Loey: Middelnederlandse spraakkunst, 2 Bde. (ebd. 7-91976-80);
G. Geerts: Voorlopers en varianten van het Nederlands (Löwen 41979);
O. Vandeputte u. D. de Vin: Niederländisch. Die Sprache von zwanzig Mio. Niederländern u. Flamen (Rekkem 1981);
M. C. van den Toorn: Nederlandse grammatica (Groningen 91984);
M. C. van den Toorn: Nederlandse taalkunde (Utrecht 71987);
Algemene Nederlandse spraakkunst, hg. v. G. Geerts u. a. (Groningen 1985);
J. H. van Dale: Groot woordenboek der Nederlandse taal, 3 Bde. (Utrecht 31985);
P. Brachin: Die n. S. (a. d. Frz., 1987).
Universal-Lexikon. 2012.