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Toynbee
Toynbee
 
['tɔɪnbɪ], Arnold Joseph, britischer Historiker, Kulturtheoretiker und Geschichtsphilosoph, * London 14. 4. 1889, ✝ York 22. 10. 1975, Neffe des britischen Sozialreformers Arnold Toynbee (* 1852, ✝ 1883); 1919-24 Professor für Byzantinistik und neugriechische Sprache, Literatur und Geschichte in London, 1925-56 für internationale Geschichte und gleichzeitig Direktor des Royal Institute of International Affairs in London; 1919 und 1946 Mitglied der britischen Delegation bei den Friedenskonferenzen in Paris. Sein Hauptwerk »A study of history« (12 Bände, 1934-61; deutsch »Der Gang der Weltgeschichte. Aufstieg und Verfall der Kulturen«) als Versuch einer Darstellung aller Kulturen steht unter dem Einfluss der Lebensphilosophie H. Bergsons und der vergleichenden Kulturmorphologie O. Spenglers. Während Spengler jedoch Kulturen nach dem organologischen Schema Blüte, Reife und Verfall deutete, erklärte Toynbee den Aufstieg und Untergang von Zivilisationen durch das Gesetz von situationsbedingten Herausforderungen und spezifischen Lagebeantwortungen (»challenge and response«). Die Art, in der die geschichtlichen Lagen beantwortet werden, ist verschieden; die Geschichte der Kulturen, von denen Toynbee zunächst 23, später nur noch 13 unterschied, verläuft unsystematisch, weist aber bei Entstehung, Entfaltung, Ablauf und Auflösung typisch wiederkehrende Formen auf. Toynbee hat seine universalhistorischen Kulturanalysen unter dem Einfluss der Kritik und neuer Forschungsergebnisse mehrfach modifiziert. In den ersten Bänden deutete er die Kulturentwicklung nach einem Interpretationsmuster, das sich an der mittelmeerisch-europäischen Geschichte orientierte; nach dem Zweiten Weltkrieg verlagerte sich sein Hauptinteresse von den Zivilisationen auf die Hochreligionen. Daneben beschäftigte sich Toynbee u. a. mit dem Einfluss des Christentums auf die Kulturgeschichte und aktuellen historischen Fragen (dem technologisch-industriellen Fortschritt und der Frage seiner angemessenen moralischen Bewältigung).
 
Weitere Werke: Greek civilization and character (1924); Christianity and civilization (1940); Civilization on trial (1948; deutsch Kultur am Scheidewege); The world and the West (1953; deutsch Die Welt und der Westen); Hellenism. The history of a civilization (1959); The present-day experiment in Western civilization (1962; deutsch Die Zukunft des Westens); Surviving the future (1971); Mankind and mother earth (herausgegeben 1976; deutsch Menschheit und Mutter Erde).
 
Literatur:
 
O. Anderle: Das universalhistor. System A. J. T.s (1955);
 J. Ortega y Gasset: Eine Interpretation der Weltgesch. Rund um T. (a. d. Span., 1964);
 M. Henningsen: Menschheit u. Gesch. Unters. zu A. J. T.s A study of history (1967);
 P. Hablützel: Bürgerl. Krisenbewußtsein u. histor. Perspektive. Zur Dialektik von Geschichtsbild u. polit. Erfahrung bei A. J. T. (Lyss 1980);
 W. H. McNeill: A. J. T. A life (New York 1989);
 M. Perry: A. T. and the western tradition (New York 1996).

Universal-Lexikon. 2012.