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Ziegen
Ziegen,
 
Cạpra, den Böcken zugeordnete, mit den Schafen eng verwandte Gattung wiederkäuender Paarhufer, die in den Gebirgen Eurasiens und Nordafrikas verbreitet sind; mittelgroße, geschickt kletternde Tiere von kräftigem, eher gedrungenem Körperbau; die Männchen (Böcke) sind größer und schwerer als die Weibchen (Geißen); außerdem tragen sie einen Kinnbart und zum Teil eine Halsmähne und große, meist in weitem Bogen geschwungene oder spiralig gewundene Hörner (die Hörner der Weibchen sind klein und wenig gekrümmt); die Gehörne haben deutlich erkennbare Jahreszuwachsfurchen. Ziegen ernähren sich von Gräsern, Kräutern sowie Laub und Trieben von Sträuchern und Bäumen; außerhalb der Brunstzeit leben sie in getrennten Bock- und Geißen-Jungtier-Verbänden, während der Brunst in gemischten Verbänden.
 
Wild lebende Ziegen (Wildziegen) sind die Arten Spanischer Steinbock, Steinbock (mit sechs Unterarten, u. a. dem Alpensteinbock), Bezoarziege (Stammform der Hausziege) mit zwei Unterarten sowie Markhor oder Schraubenziege (Capra falconeri) mit sieben, in Ostasien in Höhen von 600 m bis etwa 4 000 m verbreiteten Unterarten; namengebend ist das spiralig gewundene Gehörn der Schraubenziege.
 
Alle Vertreter der Gattung Capra können sich untereinander und mit den Hausziegen fortpflanzen und zeugen fruchtbare Nachkommen; bei den wild lebenden Formen ist eine Vermischung durch die fast vollständige geographische Trennung jedoch so gut wie ausgeschlossen.
 
Ziegenrassen:
 
Die auf die Bezoarziege zurückgehenden Hausziegen (Capra hircus) werden weltweit zur Milch-, Fleisch-, Woll- und Ledergewinnung (Chevreau, Glacéleder, Nappa, Saffian, Velours) gehalten. Die Brunst (Bocken) tritt alle 14-21 Tage für 1-3 Tage auf. Nach rd. 150 Tagen Tragezeit werden 1-3 Junge (Zickel) geworfen. Die trotz ihres etwas gedrungenen Körperbaus geschickt kletternden Tiere bevorzugen Weiden an Steilhängen, wo sie v. a. an Bäumen und Sträuchern fressen und dadurch (im Gegensatz zu den Schafen) bei Überbesatz die Vegetation stark schädigen können (u. a. im Mittelmeergebiet).
 
Es gibt weltweit rd. 200 Ziegenrassen, davon sind besonders zwei (Bunte Deutsche Edelziege, Weiße Deutsche Edelziege) in Deutschland überwiegend verbreitet, daneben kommen u. a. die Thüringerwaldziegen vor, v. a. in Thüringen; mittelgroß und kräftig, mit schokoladenbraunem Fell ohne Aalstrich und mit ausgeprägter Gesichtsmaske; die Jahresmilchleistung liegt bei 1 000 kg, sowie die Erzgebirgsziegen, besonders in Sachsen verbreitet; mittelgroß, rotbraun mit schwarzem Aalstrich und schwarzen Unterbeinen; die durchschnittliche Jahresmilchleistung liegt bei 700 kg. Weitere bekannte Ziegenrassen sind z. B. Sattelziegen (Walliser Schwarzhalsziegen), v. a. im schweizerischen Kanton Wallis gezüchtet; robuste Tiere mit dichthaarigem, am Vorderkörper schwarzem, am Hinterteil weißem Fell; mit langen, leicht nach außen geschwungenen Hörnern; geringe Milchleistung. - Saanenziegen, in der Schweiz beheimatet; wegen der Milchleistung, durchschnittlich 750 kg pro Jahr (Spitzenleistungszuchten bei 3 500 kg), seit Ende des 19. Jahrhunderts weltweit verbreitet; meist hornlos, kurzhaarig, weiß. - Hauptsächlich in Westafrika und in einigen asiatischen Ländern werden bis etwa 40 cm schulterhohe Zwergziegen gehalten; Gestalt gedrungen, dickbäuchig, kurzbeinig, gehörnt; einfarbig in vielen Farben, häufiger jedoch gescheckt; werden nicht gemolken; in Europa auch zur Hobbytierhaltung eingeführt. - Angoraziegen, in Vorderasien gezüchtet; bis 65 cm Schulterhöhe; gehörnt; Fell lang- und feinhaarig, weiß, schwarz, gelb oder grau; liefert im Jahr bis 6 kg Angorahaare, die zu Mohär verarbeitet werden. - Als Fleischziege wird seit einigen Jahren in Deutschland auch die Burenziege gehalten. (Kaschmirziege)
 
Kulturgeschichte:
 
Abbildungen wild lebender Bezoarziegen finden sich auf Siegeln und Gefäßen aus Mesopotamien, Westpersien, Anatolien, Syrien und Kreta. Im 8. Jahrtausend v. Chr. wurden Ziegen in Vorderasien und 1 000 Jahre später im südöstlichen Europa domestiziert. Abbildungen des 3.-1. Jahrtausends v. Chr. aus Mesopotamien und Ägypten zeigen Melkszenen. In der Bibel werden Ziegen entsprechend ihrer damaligen Bedeutung als Fell-, Fleisch- und v. a. Milchlieferanten sowie als Opfertiere (z. B. als Sündenbock) erwähnt. Im klassischen Griechenland, in Italien und anderen Mittelmeerländern waren Ziegen über lange Zeit die wichtigsten Nutztiere.
 
Literatur:
 
K. Löhle u. W. Leucht: Z. u. Schafe (1997);
 H. Späth u. O. Thume: Z. halten (41997).

Universal-Lexikon. 2012.