Akademik

Sachsen
Sạch|sen; -s:
deutsches Bundesland.

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I
Sạchsen
 
[wohl Kurzform von Sahsnotas »Schwertleute«], Name von Volksstämmen:
 
 1) lateinisch Saxones, germanischer Stamm, Teil der Nordseegermanen (Germanen), später Stammesverband oder Großstamm. Die zuerst um 150 n. Chr. von Ptolemäus genannten Sachsen lebten zu dieser Zeit nördlich der Elbe im heutigen Holstein. Wohl durch Zusammenschluss mit verwandten Stämmen, u. a. den Angrivariern und den Chauken, bildete sich seit dem 3. Jahrhundert der Großstamm der Sachsen, dessen Gebiet nun nach Süden vorgeschoben war, wo spätestens im 4. Jahrhundert das Elbe-Weser-Dreieck zum sächsischen Kernland wurde. Bedeutende Teile der Sachsen wanderten seit Anfang des 5. Jahrhunderts nach England aus (Angelsachsen). Die festländischen Altsachsen kamen im 5./6. Jahrhundert wohl kurzfristig unter thüringische Oberhoheit, bevor sie nach deren Ende (531) ihre Unabhängigkeit wieder erlangten und nun weite Teile Nordwestdeutschlands beherrschten. Die kriegerischen Auseinandersetzungen im 6.-8. Jahrhundert mit dem entstehenden Großreich der Franken erreichten ihren Höhepunkt in den Sachsenkriegen Karls des Großen (772-804), die mit der Unterwerfung der heidnischen Sachsen unter fränkischer Herrschaft und ihrer Kolonisation endeten (u. a. Zerstörung der Eresburg 772, »Verdener Blutgericht« 782). Mit der schwierigen und zum Teil gewaltsamen Missionierung (Irminsul) sowie Frankisierung setzte eine neue ethnogenetische Entwicklung zum deutschen Stamm der Sachsen (später auch Niedersachsen genannt) ein.
 
Die Sachsen kannten keine Könige, sondern wählten vorübergehend für bestimmte Aufgaben Herzöge, wie etwa den Westfalen Widukind als Heerführer gegen Karl dem Großen (778-785). Bei den Sachsen gab es nebeneinander vier Stammesteile (»Heerschaften«): die Engern, Westfalen, Ostfalen und Nordleute (v. a. Nordalbingier). Sie besuchten als gemeinsamen Landtag das »Allthing« von Marklo. Die drei Stände der Edelinge, Freien und Liten (Minderfreie) waren deutlich unterschieden. Das sächsische Stammesrecht (Lex Saxonum) entstand um 802 unter fränkischer Herrschaft. Die Herkunftssage der Sachsen (»Origo gentis«, 9. Jahrhundert) erhielt durch Widukind von Corvey (um 960) deutlich antifränk. Züge. - In der Forschung diskutiert werden Stellung und Selbstverständnis der Sachsen im Frankenreich (»Regnum Francorum et Saxonum«) sowie die ethnogenetische Prozesse und politischen Strukturen im 9./10. Jahrhundert einschließlich der liudolfing. Königszeit (Sachsen, Geschichte).
 
 
Literatur:
 
Entstehung u. Verf. des S.-Stammes, hg. v. W. Lammers (1967);
 
Die Eingliederung der S. in das Frankenreich, hg. v. W. Lammers: (1970);
 M. Becher: Rex, Dux u. Gens. Unterss. zur Entstehung des sächs. Herzogtums im 9. u. 10. Jh. (1996).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
 
Kaisertum Karls des Großen: Symbol der Einheit
 
Britannien bis zur Eroberung Englands durch die Normannen 1066: Angeln, Sachsen, Jüten, Dänen
 
 
 2) deutscher Neustamm zwischen mittlerer Elbe, Erzgebirge und Saale, zur Unterscheidung von den Niedersachsen mitunter auch als Obersachsen bezeichnet; entstanden im Verlauf der deutschen Ostsiedlung seit etwa 1100 durch Vermischung von Niederdeutschen, Thüringern, Mainfranken, Oberpfälzern und Baiern sowie eingesessener slawischer Bevölkerung (Sorben) in der Mark Meißen, dem späteren Kurfürstentum Sachsen.
 
II
Sạchsen,
 
1) Johann Georg Ritter von, genannt Chevalier de Saxe [ʃəval'je də 'saks], sächsischer Feldmarschall, * Dresden 21. 8. 1704, ✝ ebenda 25. 2. 1774, Sohn König Augusts II., des Starken, von Polen-Sachsen, und der Ursula Katharina, Fürstin von Teschen, geschiedene Fürstin Lubomirska, geborene von Boccum (* 1680, ✝ 1743); tat sich 1763-70 als Reorganisator der sächsischen Armee hervor.
 
 2) Moritz Graf von, genannt Maréchal de Saxe [mare'ʃal də 'saks], Marschall von Frankreich (seit 1744), * Goslar 28. 10. 1696, ✝ Chambord 30. 11. 1750; natürlicher Sohn König Augusts II., des Starken, von Polen-Sachsen aus der Verbindung mit Aurora Gräfin von Königsmarck, 1711 legitimiert. Seit 1720 in französischen Diensten, stieg er im Österreichen Erbfolgekrieg (u. a. Sieg in Fontenoy) zum Generalfeldmarschall aller französischen Armeen auf. Seine kriegswissenschaftlichen Gedanken (»Les Rêveries, ou Mémoires sur l'art de la guerre«, entstanden 1732, veröffentlicht 1756; deutsch »Einfälle über die Kriegskunst«) beeinflussten die militärischen Ansichten König Friedrichs II., des Großen, von Preußen. - Grabmal von J. B. Pigalle in der Thomaskirche zu Straßburg.
 
III
Sạchsen,
 
Freistaat Sachsen, Land im Osten von Deutschland, 18 413 km2, (1999) 4,460 Mio. Einwohner; Hauptstadt ist Dresden. Sachsen grenzt im äußersten Südwesten an Bayern, im Westen an Thüringen, im Nordwesten und westlichen Norden an Sachsen-Anhalt, im östlichen Norden an Brandenburg, im Osten mit der Lausitzer Neiße an Polen und im Süden an die Tschechische Republik.
 
 Staat und Recht:
 
Verfassung:
 
Nach der Verfassung vom 27. 5. 1992 liegt die Gesetzgebung beim Landtag (120 Abgeordneter, auf fünf Jahre gewählt). Das Parlament besitzt ein Selbstauflösungsrecht. Gesetzesvorlagen werden von der Staatsregierung, aus der Mitte des Landtags oder durch Volksantrag eingebracht. Stimmt der Landtag dem Volksantrag (Quorum: 40 000 Unterschriften) binnen sechs Monaten nicht zu, können die Antragsteller ein Volksbegehren (Quorum: 450 000 Unterschriften, mindestens 15 % der Stimmberechtigten) mit dem Ziel eines Volksentscheids über den Antrag initiieren. Die vollziehende Gewalt liegt bei der Staatsregierung unter Vorsitz des vom Landtag gewählten Ministerpräsidenten. Dieser ernennt und entlässt die Mitglieder seines Kabinetts und besitzt Richtlinienkompetenz. Er kann vom Landtag durch konstruktives Misstrauensvotum gestürzt werden. In der Verfassung sind neben einem Grundrechtskatalog eine Reihe von Staatszielen fixiert: u. a. Umweltschutz, Gleichstellung der Geschlechter, Schutz von Kindern und Jugendlichen sowie Behinderten. Den Sorben werden besondere Minderheitenschutzrechte eingeräumt. - Der seit 1993 existierende Verfassungsgerichtshof besteht aus neun Richtern (vom Landtag für neun Jahre gewählt).
 
Wappen:
 
Es besteht aus einem neunmal schwarz-golden geteilten Schild der Markgrafen von Meißen, der heraldisch gesehen durch einen von rechts oben nach links unten verlaufenden grünen Rautenkranz überdeckt wird. Dieser besteht aus einem Balken, der am oberen Rand mit vier stilisierten Blättern verziert ist; er taucht erstmals 1262 in askanischen Wappen auf. Mit dem Herzogtum Sachsen-Wittenberg kam das Wappenbild 1423 an die Wettiner.
 
Verwaltung:
 
Sachsen gliedert sich in drei Regierungsbezirke mit sieben kreisfreien Städten und 22 Landkreisen.
 
Recht:
 
Der Gerichtsaufbau besteht aus einem OLG (Dresden), sechs Land- und 30 Amtsgerichten, einem Landesarbeitsgericht (Chemnitz) und fünf Arbeitsgerichten, einem Oberverwaltungsgericht (Bautzen) und drei Verwaltungsgerichten, einem Landessozialgericht (Chemnitz) und drei Sozialgerichten sowie aus einem Finanzgerichtshof und dem Verfassungsgericht (beide in Leipzig).
 
 Landesnatur und Bevölkerung:
 
Landschaft:
 
Sachsen liegt im Übergangsbereich von glazial geformtem Flachland im Norden zum Mittelgebirgsland im Süden und gehört (außer dem äußersten Osten) zum Einzugsbereich der Elbe, die Sachsen in Südost-Nordwestrichtung (unterhalb von Pirna mit breiter Niederung) durchquert. Westlich der Elbe greift im Nordwesten die Leipziger Tieflandsbucht weit nach Süden aus, zwischen Mulde und Elbe erstreckt sich der Südostteil der Dübener Heide und das Nordsächsische Platten- und Hügelland. Im Süden hat Sachsen Anteil an der Mittelgebirgsschwelle (über die die Grenze zur Tschechischen Republik verläuft), und zwar von Südwesten nach Nordosten am Elstergebirge (im äußersten Südwesten), Vogtland, Erzgebirge mit dem 1 214 m über dem Meeresspiegel hohen Fichtelberg, der höchsten Erhebung Sachsens, am Elbsandsteingebirge mit dem 93 km2 großen Nationalpark Sächsische Schweiz beiderseits der tief eingeschnittenen Elbe sowie im äußersten Osten am Lausitzer (Zittauer) Gebirge. Dem Mittelgebirgsland vorgelagert ist das Mittelsächsische Hügelland (durch Zwickauer Mulde, Zschopau und Freiberger Mulde mit zum Teil tiefen, vielfach von Burgen überragten Tälern gegliedert) mit der flachen Einsenkung des Erzgebirgsbeckens, in dessen Mittelpunkt Chemnitz liegt. Den östlichsten Teil Sachsens um die obere Spree bilden ein kleiner Teil der Niederlausitz und die Oberlausitz (Lausitz) mit dem 263,6 km2 großen Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft. Teile von Ostsachsen gehören zu Schlesien. Neben 188 Naturschutzgebieten (insgesamt 255 km2) gibt es 148 Landschaftschutzgebiete (4 801 km2).
 
Klima:
 
Das Klima ist im Osten kontinentaler ausgeprägt als im Westen und wird v. a. durch die unterschiedlichen Höhenlagen modifiziert. Raue Klimabedingungen herrschen im Erzgebirge und im Vogtland, dagegen sind der Dresdner Elbtalkessel und die Leipziger Tieflandsbucht klimabegünstigt. Die mittlere Januar-Temperatur liegt zwischen —0,5 ºC und —5,3 ºC, die mittlere Juli-Temperatur zwischen 17,8 ºC und 11,2 ºC. Die durchschnittliche Jahresniederschlagsmenge liegt zwischen 510 mm im Nordwesten und 1 130 mm in den Kammlagen des Erzgebirges.
 
Bevölkerung:
 
Sachsen gehört mit 242 Einwohnern/km2 zu den durchschnittlich stark besiedelten Bundesländern; höhere Bevölkerungsdichten haben der Raum Chemnitz-Zwickau, die Elbtalweitung und der zu Sachsen gehörende Teil des Ballungsgebiets Leipzig-Halle. Schwach bevölkert sind der Osten der Oberlausitz und der Raum Torgau-Oschatz. Die Bevölkerung verminderte sich von 1991 bis 1999 von 4,68 Mio. auf 4,46 Mio., bedingt durch anhaltende Abwanderungsüberschüsse, v. a. aber durch Überalterung und die daraus resultierende negative Bilanz der natürlichen Bevölkerungsentwicklung (Abnahme der Geburten 1990-94 von 49 700 auf 22 733, bis 1999 wieder Zunahme auf 31 400) und hohe Sterberaten (1999: 11,3 ‰). 1999 waren 13,5 % der Bevölkerung unter 15 Jahre alt, 69,0 % 15 bis unter 65 Jahre, 17,5 % 65 Jahre alt und älter. Ende 1999 waren 2,4 % der Landesbevölkerung Ausländer. Der weitaus größte Teil der sächsischen Bevölkerung wohnt in Städten und verstädterten Dörfern; in den Großstädten (Einwohnerzahl Ende 1999) Leipzig (493 900), Dresden (476 700), Chemnitz (263 200) und Zwickau (104 100) lebten 1999 29,9 % der Bevölkerung, in Gemeinden zwischen 50 000 und 100 000 Einwohner 4,2 %, zwischen 10 000 und 50 000 Einwohner 28,1 und unter 10 000 Einwohner 37,8 %. Die Städte (größte sind Dresden, Leipzig, Chemnitz und Zwickau) sind in der Mehrzahl Gründungen des hohen Mittelalters (12.-14. Jahrhundert), im Erzgebirge ließ der Reichtum an Silber u. a. Erzen zahlreiche Bergstädte, die in der Mehrzahl den typischen schachbrettartigen Grundriss von Gründungsstädten aufweisen (z. B. Freiberg, Annaberg, Schneeberg, Marienberg), entstehen. Der ländliche Raum wird im Tiefland und im lössbedeckten Vorland der Mittelgebirge von Straßen-, Runddörfern und Weilern (Letztere oft in den ehemals slawischen Siedlungsgebieten der so genannten »Pflegen« wie Lommatzscher und Bautzener Pflege) bestimmt. Im Mittelgebirge dominieren heute weitgehend urbanisierte Waldhufendörfer. In der Oberlausitz leben im Raum Bautzen-Hoyerswerda-Weißwasser etwa 40 000 Sorben.
 
Religion:
 
24,3 % der Bevölkerung gehören einer evangelischen Landeskirche an, 4,2 % der katholischen Kirche, etwa 0,5 % evangelischen Freikirchen. Das Land Sachsen umfasst das Kirchengebiet der »Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens«, im Nordosten einen Teil der »Evangelischen Kirche der schlesischen Oberlausitz« und im Nordwesten einen Teil der »Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen«. Seitens der katholischen Kirche umfasst es den größten Teil des Bistums Dresden-Meißen, im Nordosten einen Teil des Bistums Görlitz und im Nordwesten einen Teil des Bistums Magdeburg. Der »Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Sachsen« (Gemeinden in Dresden, Leipzig, Chemnitz) zählt rd. 1 000 Mitglieder.
 
Bildungswesen:
 
Auf die vierjährige Grundschule folgt ein zweigliedriges Schulsystem aus Mittelschule und Gymnasium. Für Letzteres ist eine Bildungsempfehlung erforderlich. In den Mittelschulen, die unterschiedliche Profile anbieten, können »unter einem Dach« der Hauptschulabschluss, der qualifizierende Hauptschulabschluss (jeweils Klasse 9) oder der Realschulabschluss (Klasse 10) erreicht werden. Mittelschule und Gymnasium ermöglichen in mehreren Klassenstufen einen Übergang zum jeweils anderen Schultyp. Die Gymnasien, die ebenfalls verschiedene Profile anbieten, führen mit der 12. Klasse zum Abitur. Mit dem Realschulabschluss in der Mittelschule können Schüler nach weiteren drei Schuljahren im beruflichen Gymnasium die allgemeine Hochschulreife erwerben. Schüler, die einer besonderen pädagogischen Förderung bedürfen, können entsprechende Förderschulen besuchen und den Haupt- oder Realschulabschluss erreichen. Absolventen der Mittelschule besuchen - in Abhängigkeit vom Schulabschluss - eine berufsbildende Schule. Dazu gehören Berufs(fach)schulen, Fachoberschulen, oder sie absolvieren ein Berufsvorbereitungsjahr beziehungsweise Berufsgrundbildungsjahr. Nach einer beruflichen Erstausbildung und mehrjähriger beruflicher Tätigkeit kann man sich über zweijährige (Vollzeitform) beziehungsweise vierjährige (Teilzeitform) Fachschulen weiterqualifizieren. - Sachsen besitzt u. a. Universität in Leipzig, Dresden (TU), Chemnitz (TU Chemnitz-Zwickau) und Freiberg (Bergakademie Freiberg), sechs Fachhochschulen (für Technik, Wirtschaft u. a.) in Dresden, Leipzig (zwei), Mittweida, Zittau (Fachhochschule Zittau/Görlitz), Zwickau, das Internationale Hochschul-Institut Zittau, eine (private) Handelshochschule in Leipzig sowie je zwei Kunsthochschulen in Dresden und Leipzig.
 
 Wirtschaft und Verkehr:
 
Wirtschaft:
 
Sachsen ist ein Bundesland mit bedeutender Industrietradition. Der bereits im Mittelalter entwickelte Bergbau im Erzgebirge, die Steinkohlenvorkommen im Erzgebirgsvorland und die Braunkohlenvorkommen in der Leipziger Tieflandsbucht und in der Oberlausitz gaben der Entstehung einer handwerklichen und späteren industriellen Produktion entscheidende Impulse. Fruchtbare Lössböden begünstigten die Entwicklung einer leistungsfähigen Landwirtschaft. Die von den Folgen des Zweiten Weltkrieges geprägte Nachkriegszeit und die sozialistische Planwirtschaft brachten den wirtschaftlichen Niedergang. Die Umstellung der Plan- auf die soziale Marktwirtschaft nach 1990 führte zur Existenzkrise nicht konkurrenzfähiger Betriebe, zum Teil ganzer Industriezweige (Textil-, chemische, Investitionsgüterindustrie, Bergbau) sowie zu einem Rückgang der landwirtschaftlichen Produktion, woraus eine hohe Arbeitslosigkeit resultiert. In Sachsen wurde 1998 mit 125,3 Mrd. DM (1991: 59,6 Mrd. DM) fast ein Drittel des Bruttoinlandsprodukts der neuen Bundesländer erwirtschaftet, die Pro-Kopf-Verschuldung (1998: 6 665 DM je Einwohner) ist am niedrigsten. Banken- und Handelszentrum ist Leipzig.
 
Landwirtschaft:
 
49,6 % der Landesfläche Sachsens wurden 1998 landwirtschaftlich genutzt, die Ackerfläche ist an der landwirtschaftlichen Nutzfläche mit 79,1 % beteiligt; 20,2 % sind Dauergrünland und 0,5 % Obstanlagen; die Weinbaufläche umfasst (1999) etwa 460 ha. Im Verlauf des Strukturwandels der Landwirtschaft, der mit einem Rückgang der Beschäftigten von etwa 180 000 auf 42 300 in den Jahren 1989-97 verbunden war, wurden die landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften und volkseigenen Güter aufgelöst. 1998 wurden 43,9 % der Fläche von 8 340 Betrieben (93,6 % aller landwirtschaftlichen Betriebe) bewirtschaftet, deren Inhaber natürlicher Personen sind (darunter 7 815 als Einzelunternehmen) und eine durchschnittliche Fläche von 47,7 ha haben, 56,1 % von 566 Betrieben (6,4 % des Gesamtbestands) sind im Besitz juristischer Personen mit einer durchschnittlichen Größe von 898 ha. Insgesamt hat sich die landwirtschaftliche Nutzfläche 1992-98 von 1 051 800 ha auf 913 200 ha vermindert. Die Anbaustruktur blieb im Wesentlichen unverändert: 55,4 % entfielen 1998 auf Getreide (besonders Weizen, Gerste, Roggen), 16,8 % auf Futterpflanzen und 11,7 % auf Raps. Lössablagerungen im Vorland der Mittelgebirge, so um Rochlitz und Hainichen, in der Lommatzscher Pflege, in der Leipziger Tieflandsbucht, im Elbtalkessel sowie in Teilen der Oberlausitz (Lausitzer Gefilde) ermöglichen ertragreichen Ackerbau (v. a. Anbau von Weizen, Ölfrüchten, Silomais, Zuckerrüben und Gemüse); Obstbau wird besonders um Leisnig, Weinbau zwischen Pillnitz und Diesbar-Seußlitz mit dem Zentrum Meißen (eines der nördlichsten geschlossenen Weinbaugebiete Europas), von der Sächsischen Weinstraße durchzogen, betrieben. Auf den sandigen Böden im Nordsächsischen Tiefland sowie in den höheren Lagen des Mittelgebirgsvorlands herrschen Roggen-, Kartoffel- und Futterpflanzenanbau vor, in den oberen Gebirgslagen Rinderzucht. 1990-99 ging der Viehbestand drastisch zurück, bei Rindern um 48 % auf 572 600 (Kühe um 44 % auf 225 700), bei Schweinen um 61 % auf 589 600 und bei Schafen um 56 % auf 121 900 Stück.
 
Forstwirtschaft:
 
Die Waldfläche, die 1999 27,8 % der Landesfläche umfasst, gehörte (1996) zu 37 % dem Land, 8 % dem Bund und 9 % den Kirchen und Gemeinden; 20 % sind in Privatbesitz und 26 % noch in der Verwaltung der Treuhandnachfolgegesellschaft und stehen zur Privatisierung an. 80 % der Gehölze sind Nadelbäume (im Erzgebirge überwiegen Fichten, in der Lausitz Kiefern). In der Elster-Luppe-Aue sowie in einzelnen Talabschnitten von Elbe, Mulde, Weißer Elster und Pleiße sind Auwälder mit wertvollen Laubholzarten bedeutsam. Der Braunkohlenbergbau und die damit verbundene Energieerzeugung verursachten große Umweltschäden. 22 % der Bäume waren 1999 stark, 36 % leicht geschädigt. Auch Rauchgase aus der Tschechischen Republik und aus Polen trugen im hohen Maße zu den Waldschäden (besonders im Osterzgebirge und im Lausitzer Gebirge) bei. Der jährliche Holzeinschlag betrug in Sachsen 1998 1,036 Mio. m3.
 
Bodenschätze:
 
Der Braunkohlenbergbau, der vor 1989/90 auf dem Gebiet Sachsens mit rd. 100 Mio. t pro Jahr zu etwa einem Drittel an der Gesamtförderung der DDR beteiligt war und zu einer ökologischen Schädigung der betreffenden Gebiete führte, ist extrem reduziert worden. Insgesamt förderten 1998 im Südraum Leipzig noch die drei Tagebaue Profen (zum Teil in Sachsen-Anhalt), Zwenkau (Abbau 1999 eingestellt) und Schleenheim (1998 noch in Reserve gehalten) zusammen rd. 13,9 Mio. t und im sächsischen Teil der Lausitz die zwei Tagebaue Nochten und Reichwalde (Berzdorf Ende 1997 stillgelegt) rd. 9,5 Mio. t. Die Braunkohle dient der Energiegewinnung in den Großkraftwerken Lippendorf und Boxberg. Stillgelegte Tagebaue um Leipzig und in der Lausitz werden saniert und in seenreiche Erholungslandschaften umgewandelt. Der Abbau von Uranerz (im nennenswerten Umfang seit 1945) um Aue wurde 1991, der von Zinnerz in Ehrenfriedersdorf und Altenberg 1990 beziehungsweise 1991 eingestellt. Die 1990 im großen Ausmaß begonnene Sanierung der Bergbauflächen des Uranbergbaus (Wismut AG) gehört zusammen mit der des Braunkohlenbergbaus zu den derzeit weltgrößten Umweltprojekten.
 
Energiewirtschaft:
 
93,8 % der Elektroenergie wurde 1998 in Wärmekraftwerken erzeugt. Grundlage sind die Braunkohlenvorkommen, auf deren Basis die Großkraftwerke Lippendorf südlich von Leipzig und Boxberg in der Lausitz Strom erzeugen. Das Kraftwerk Hagenwerder wurde Ende 1997 stillgelegt. Lediglich 1,1 % der Energieerzeugung erfolgte 1998 durch Windkraftanlagen, 1,3 % durch Wasserkraftwerke.
 
Industrie:
 
Sachsen war bis zum Zweiten Weltkrieg das am stärksten industrialisierte Land Deutschlands. Kriegsschäden, die deutsche Teilung und sozialistische Planwirtschaft haben der Industrie schwer geschadet. Der industrielle Sektor der sächsischen Wirtschaft hat seit 1990 im Zuge der Umstrukturierung einen drastischen Rückgang, verbunden mit einer starken Verminderung seiner Beschäftigtenzahlen (1989-96 um 75 %), erfahren, besonders in Gebieten mit industrieller Monokultur wie in der Lausitz (Textil-, Braunkohlenindustrie) und im Erzgebirge/Vogtland (Textilindustrie). Dagegen konnte der Dienstleistungssektor ein bedeutendes Wachstum verzeichnen, er nahm 1999 mit 1,22 Mio. Beschäftigten den ersten Platz ein. Im Bergbau und verarbeitenden Gewerbe waren 1998 211 200, im produzierenden Gewerbe 640 000 (1999: 627 000) Personen beschäftigt. Auch das Bauwesen erreichte mit (1998) 298 200 Arbeitskräften ein beachtliches Wachstum, ist aber seit 1996 stark rückläufig. Die anhaltend steigende Arbeitslosenquote erreichte 1998 18,8 %. Weit mehr als die Hälfte der sächsischen Industrieumsätze entfallen auf Lebensmittelindustrie, Maschinen-, Fahrzeugbau sowie auf die Metallerzeugung und -bearbeitung. Im Laufe der industriellen Entwicklung haben sich folgende Industriegebiete herausgebildet: 1) die Ballungszone Elbtal zwischen Pirna und Meißen mit dem Hauptstandort Dresden (Elektronikstandort) und weiter nordwestlich, ebenfalls an der Elbe, die Eisenhüttenindustrie im Raum Riesa mit Gröditz; 2) das Industriegebiet Leipzig mit dem Chemiestandort Böhlen und den Gewerbestandorten Wurzen, Grimma, Döbeln, Waldheim, Torgau und Oschatz in der weiteren Umgebung; 3) das Erzgebirgsvorland und Vogtland mit der Industriezone Freiberg/Chemnitz/Zwickau/Plauen sowie weiteren Gewerbestandorten mit bedeutendem Fahrzeugbau im Zwickauer Stadtteil Mosel; 4) Gewerbezone im Erzgebirge, wo u. a. Textilindustrie, Spielwarenherstellung und Schnitzereibetriebe zu nennen sind; 5) einige Gewerbestandorte in der Oberlausitz. Zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor entwickelte sich das Handwerk.
 
Tourismus:
 
Wichtigstes Erholungsgebiet ist das Elbsandsteingebirge, gefolgt vom Erzgebirge und Vogtland, beide auch mit umfangreichem Wintersport, sowie das burgenreiche Mittelsächsische Hügelland und das Nordsächsische Heideland. Im Vogtland sind Bad Elster und Bad Brambach wichtige Kurorte. 1998 waren in Sachsen 12,80 Mio. Übernachtungen zu verzeichnen, davon 7,32 Mio. aus dem Ausland.
 
Verkehr:
 
Sachsen ist ein wichtiges Transitland nach Polen und in die Tschechische Republik mit zahlreichen Grenzübergängen. Das Verkehrsnetz ist relativ dicht ausgebaut. Der Straßenverkehr war 1999 mit etwa 90 % am Personen- und 60 % am Gütertransport beteiligt. Seine Leistungsfähigkeit wurde nach 1990 durch den Aus- und Neubau von Autobahnen (Dresden-Görlitz fertiggestellt, in der ersten Bauphase Dresden-Prag, Südharz-Autobahn Kleinpösna-Göttingen mit der südlichen Umgehungsstrecke von Leipzig), Straßen und Eisenbahnstrecken (Ausbau der »Sachsenmagistrale« auf der Strecke Hof-Leipzig/Chemnitz-Dresden) im Rahmen der Verkehrsprojekte Deutsche Einheit deutlich verbessert. 1998 umfasste das Verkehrsnetz Sachsens 573 km Bundesautobahnen, 2 467 km Bundes-, 4 717 km Staats- und 5 956 km Kreisstraßen sowie 3 142 km Eisenbahnstrecken (davon 948 km elektrifiziert), wovon 95 km Schmalspurstrecken sind. Größte Eisenbahnknotenpunkte sind Leipzig, Chemnitz und Dresden. Aus Rentabilitätsgründen werden im steigenden Maße Nebenstrecken des Eisenbahnnetzes ausgegliedert. Der Binnenschifffahrt auf der Elbe dienen die Häfen von Torgau, Dresden und Riesa. Internationale Flughäfen sind Leipzig-Halle (1998: 2,10 Mio. Passagiere) und Dresden (1,69 Mio. Passagiere). Daneben gibt es in Sachsen 20 Verkehrs- und Sonderlandeplätze. Wichtigste Grenzübergänge nach Polen sind Görlitz, Bad Muskau und Zittau, in die Tschechische Republik Bad Schandau, Bad Brambach, Bahratal und Zittau.
 
 Geschichte:
 
Stammesherzogtum:
 
Die auf der Grundlage des Stammes der Sachsen 1) Ende des 9. Jahrhunderts erstarkenden Liudolfinger stellten 919-1024 die ersten Herrscher im »Reich der Deutschen«. Die Herzogsgewalt der Billunger (in der neueren Forschung wird das stark diskutierte »jüngere« Stammesherzogtum Sachsen erst mit Hermann Billung angesetzt) erstreckte sich nur auf die Grenzmark an der unteren Elbe. Von neuem wurde das Herzogtum Sachsen durch Lothar von Supplinburg, an den es nach dem Aussterben der männlichen Linie der Billunger (Magnus, ✝ 1106) gefallen war, und Heinrich den Löwen gestärkt, aber 1180 auf ein östliches, an der Elbe gelegenes Restherzogtum reduziert (das übrige Sachsen kam zum Teil an das Erzstift Köln, zum Teil bildete es später das Herzogtum Braunschweig-Lüneburg). Das Restherzogtum Sachsen ging über eine Tochter Magnus' auf eine Linie der Askanier über; 1260 wurde deren Gebiet in die Herzogtümer Sachsen-Lauenburg (bis 1689) und Sachsen-Wittenberg geteilt. Die Kurwürde bekam 1356 (Goldene Bulle) allein Sachsen-Wittenberg zugesprochen; es fiel 1423 an die Wettiner.
 
Pfalzgrafschaft:
 
Im südlichen Teil des Herzogtums Sachsen richtete König Otto I. die Pfalzgrafschaft Sachsen ein; als Reichsfürstentum mit geringen Besitzungen zwischen Allstedt und Freyburg/Unstrut stand sie zunächst (1088) den Grafen von Sommerschenburg zu und kam als Fahnlehen 1180 an die Landgrafen von Thüringen (Ludowinger), 1247 beziehungsweise 1249 an das Haus Wettin, 1291 an die Markgrafen von Brandenburg und 1347 endgültig an das Haus Wettin. Mit der Goldenen Bulle wurde die Pfalzgrafschaft 1356 mit dem Herzogtum Sachsen verbunden.
 
Markgrafschaft:
 
Das Gebiet zwischen Elbe und Saale, das Kernland des späteren Staates der Wettiner, die Sachsen bis 1918 regierten, war ursprünglich von germanischen Hermunduren besiedelt. Nach ihrem Abzug erfolgte ab um 600 die Landnahme von aus Böhmen in das Elbtal bei Dresden eingewanderten slawischen Kleinstämmen (Sorben), die sich von dort aus als Bauern in die Offenlandschaften östlich der Saale ausbreiteten. Nach der Unterwerfung der slawischen Daleminzen und der Errichtung der Burg Meißen 929 durch König Heinrich I. entstand die Mark Meißen, die 1089/1125 an das Haus Wettin gelangte. Ihre zunächst dünne deutsche adlige und geistliche Oberschicht wurde im Zuge der deutschen Ostsiedlung durch zuwandernde Bauern und Bürger verstärkt. Neben ihnen beteiligte sich auch die einheimische slawische Bevölkerung am Landesausbau (innere Kolonisation). Beide Bevölkerungsgruppen verschmolzen nach und nach zum obersächsischen Neustamm. Lediglich in der Ober- und Niederlausitz blieb das sorbische Element in Resten erhalten. Heinrich III., der Erlauchte, 1221-88 Markgraf von Meißen, erwarb zu den Marken Meißen und Ostmark (Lausitz) die Landgrafschaft Thüringen mit der Pfalzgrafschaft Sachsen (1247/64) und das Pleißenland mit den königlichen Städten Altenburg, Chemnitz und Zwickau (1243/55), doch blieben hier die Besitzer der großen Herrschaften zunächst selbstständig. Aus eigener Machtvollkommenheit bildete er während des Interregnums 1263 die Mark Landsberg als neues Fürstentum (1277 nachträglich bestätigt). Ein geschlossener Flächenstaat bestand allerdings noch nicht, trotz Einführung der Vogteiverfassung schon unter Markgraf Dietrich dem Bedrängten. Familien- und Erbstreitigkeiten minderten die Macht der Landesfürsten.
 
Markgraf Friedrich I., dem Freidigen, gelang es, die durch die Könige Adolf von Nassau und Albrecht I. eingezogene Mark Meißen sowie Thüringen 1307 in der Schlacht von Lucka zurückzugewinnen (endgültige Belehnung 1310). Seine Nachfolger machten wichtige Erwerbungen, u. a. im ehemaligen Pleißenland (1329), mussten sich mit der systematischen Erwerbspolitik Kaiser Karls IV. auseinander setzen und konnten nach dessen Tod gegen Böhmen vordringen (Dohna, Pirna). Nach wiederholten Teilungen wurde Sachsen 1440-45 und 1482 bis 1485 wieder vereinigt. Die Hussitenkriege brachten schwere Verwüstungen. Im Verlauf der Abwehrkämpfe wurde Friedrich (I.) der Streitbare 1423/25 mit dem Herzogtum Sachsen-Wittenberg belehnt und erlangte damit die Kurwürde.
 
Kurfürstentum:
 
Der Name Sachsen ging von dem neu erworbenen askanischen Gebiet nunmehr auch auf den meißnischen und thüringischen Besitz der Wettiner über (Kursachsen oder Obersachsen; im Unterschied zum ursprünglichen Siedlungsgebiet der Sachsen, jetzt Niedersachsen genannt). 1439 wurde die Burggrafschaft Meißen, 1466 von den Reußen der Kern des Vogtlands (Herrschaft Plauen) erworben. Die Leipziger Teilung von 1485 zwischen den Brüdern Ernst (Begründer der ernestinischen Linie) und Albrecht dem Beherzten (Begründer der albertinischen Linie) blieb endgültig. Neue Silberfunde im Erzgebirge ließen neue Bergbaustädte entstehen (das heutige Annaberg-Buchholz und Schneeberg). 1497 und 1507 erhielt Leipzig die ersten Messeprivilegien und errang eine zentrale Stellung in der Wirtschaft des deutschen Ostens. Durch die Reformation, die von der 1502 gegründeten Universität Wittenberg ihren Ausgang nahm, trat Sachsen in den Brennpunkt der europäischen und deutschen Geschichte. Der Ernestiner Friedrich III., der Weise, der 1519 die Kaiserkrone ablehnte, schützte M. Luther; der albertinische Herzog Georg der Bärtige stellte sich nach anfänglichen Sympathiebezeugungen gegen Luther und Friedrich den Weisen. Erst nach seinem Tod wurde die Reformation 1539 im albertinischen Landesteil eingeführt. Der ernestinische Kurfürst Johann Friedrich I., der Großmütige, war Führer des Schmalkaldischen Bundes.
 
Nach der Schlacht bei Mühlberg und der Wittenberger Kapitulation (1547) errang Moritz die Kurwürde für die Albertiner. Er leitete eine Verwaltungs-Reform in die Wege, die sein Bruder August fortsetzte. Dieser suchte auch das geltende Recht zu vereinheitlichen (»Konstitutionen« von 1572). Durch gezielte Maßnahmen nahm das Land großen wirtschaftlichen Aufschwung. So wurden die Gebiete der evangelisch gewordenen Bistümer Meißen (1559/69), Merseburg und Naumburg (1565) dem albertinischen Kurstaat einverleibt, 1569 der größte Teil des Vogtlands endgültig erworben. Die Konkordienformel von 1577 und das Konkordienbuch von 1580 suchten das Luthertum zu einigen, verschärften aber den Gegensatz zu den Reformierten. Ein versuchter politischer Anschluss an die gesamtprotische Bewegung scheiterte am Widerstand der Stände. Im 17. Jahrhundert hemmten lutherische Orthodoxie und politische Stagnation die Entwicklung. Wirtschaftliche Krisenerscheinungen (z. B. Konkurs des Leipziger Rates 1625) verschärften sich durch die Verwüstungen des Dreißigjährigen Krieges. Zwar wurden 1623/35 (Prager Frieden) die Ober- und Niederlausitz erworben, aber politisch verlor Sachsen die protestantische Führungsrolle an Brandenburg-Preußen. Die Möglichkeit eines den mitteldeutschen Raum ausfüllenden Großterritoriums blieb unverwirklicht, da das wichtige Magdeburg 1680 preußisch wurde. Die Macht der Stände nahm zu, blieb aber in Grenzen, wie in Sachsen der Absolutismus auch nie in verfassungsmäßigem Sinn ganz durchgeführt werden konnte. Dresden wurde als Landeshauptstadt ein Kulturzentrum. Ihren Höhepunkt erreichte diese Entwicklung unter Kurfürst Friedrich August I. (1694-1733), der die polnische Königskrone gewann (1697; als August II., der Starke) und deshalb katholisch wurde. Zum Vorteil gereichte die Verbindung beiden Ländern nicht (Nordische Kriege 3). Die Verbindung mit Polen wurde unter seinem Sohn Friedrich August II. (1733-63) aufrechterhalten, der unter dem Einfluss des Grafen H. von Brühl stand. Großen kulturellen Leistungen (Dresdner Barock, J. S. Bach, Meißner Porzellanmanufaktur) stand schwindender politischer Einfluss gegenüber, v. a. durch den Siebenjährigen Krieg 1756-63, der Sachsen zu einer Macht zweiten Ranges zwischen Preußen und Österreich machte, doch wurden im Innern die Kriegsfolgen rasch überwunden. Die Entwicklung von Textilmanufakturen ab Ende des 18. Jahrhunderts und die Politik eines gemäßigten Merkantilismus förderten den Wohlstand. Die Staatsverwaltung wurde durch Ressorttrennung rationalisiert.
 
Das Ende des Heiligen Römischen Reichs entzog der sächsischen Politik die bisherige Grundlage; sie kam in völlige Abhängigkeit von Frankreich: 1806 erst mit Preußen verbündet, schloss Sachsen nach dessen Niederlage mit Frankreich den Frieden von Posen (11. 12.), trat in den Rheinbund ein und wurde mit dem Königstitel für Friedrich August III. belohnt (20. 12.) als König Friedrich August I.). In der Völkerschlacht bei Leipzig auf der Seite Napoleons, geriet er in die Gefangenschaft der Verbündeten (19. 10. 1813.
 
Sachsen kam unter die Verwaltung eines russischen, später eines preußischen Gouverneurs (bis 6. 6. 1815). Auf dem Wiener Kongress wurde der sächsische König per Vertrag (10. 1./18. 5. 1815) zur Abtretung von mehr als der Hälfte Sachsens (rd. 20 000 km2, 864 000 Einwohner) an Preußen gezwungen: Die Ostoberlausitz (mit Görlitz und Lauban) wurde der Provinz Schlesien eingegliedert, die Niederlausitz und der erst 1807 übernommene Kreis Cottbus der Provinz Brandenburg, die übrigen Gebiete der Provinz Sachsen.
 
Preußische Provinz Sachsen:
 
Die am 1. 4. 1816 eingerichtete Provinz fasste preußischen, sächsischen und Mainzer Besitz zusammen. Sie bestand aus der Altmark, dem Erzstift Magdeburg, dem Hochstift Halberstadt, den Grafschaften Hohnstein, Wernigerode, Stolberg, Querfurt, Mansfeld, dem Stift Quedlinburg, den ehemaligen Reichsstädten Mühlhausen und Nordhausen, aus dem mainzeren Besitz Erfurt und dem Eichsfeld, aus dem ehemaligen sächsischen Herzogtum Sachsen-Wittenberg mit der Grafschaft Brehna, den Hochstiften Merseburg und Naumburg, der Grafschaft Barby und dem Thüringeren Kreis sowie (als Exklaven) aus Teilen der Grafschaft Henneberg und des Neustädter Kreises (Ziegenrück). Regierungsbezirke waren Magdeburg, Merseburg und Erfurt. 1944 kam Erfurt an Thüringen; Magdeburg und Halle-Merseburg bildeten selbstständige Provinz, die 1945 mit dem Land Anhalt vereint wurden (Sachsen-Anhalt).
 
Königreich:
 
Das Sachsen verbliebene Gebiet umfasste 15 000 km2 mit etwa 1 183 000 Einwohner. Am 4. 9. 1831 erhielt Sachsen eine Verfassung, die ein Zweikammersystem vorsah. Revolutionäre Unruhen im September 1830 (v. a. Leipzig, Dresden) führten u. a. zur Ernennung Bernhard August von Lindenaus (* 1779, ✝ 1854) zum leitenden Minister, der liberale Reformen durchführte: u. a. weitgehende Selbstverwaltung der Städte (1832) und Dörfer (Landgemeindeordnung 1838; in Kraft ab 1839), Bauernbefreiung (1832), Volksschulgesetz (1835; allgemeine Schulpflicht bereits seit 1805). In der Märzrevolution 1848 gab die Regierung den demokratischen Forderungen zunächst nach, schlug aber den Dresdner Maiaufstand mit preußischer Hilfe nieder und kehrte zur Verfassung des Vormärz zurück. Dieser Staatsstreich leitete eine Periode der Reaktion ein; Außenminister F. F. von Beust versuchte vergeblich, die deutschen Mittelstaaten im Sinne der Triasidee zwischen Preußen und Österreich zu stärken. Seine zunehmend antipreußische Haltung führte Sachsen an die Seite Österreich-Ungarns. Es musste nach dessen Niederlage im Deutschen Krieg 1866 dem Norddeutschen Bund beitreten, womit seine staatliche Souveränität eingeengt wurde. 1871 ging Sachsen in dem von Bismarck geschaffenen deutschen Kaiserreich auf, dessen föderale Verfassung eine gewisse Selbstständigkeit gewährleistete.
 
Groß war im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert die Leistung auf kulturellem Gebiet. Neben die Universität Leipzig, die Bergakademie Freiberg und die Forstakademie Tharandt traten 1890 die TH Dresden und 1898 die Handelshochschule in Leipzig. Thomaskirche und Gewandhaus waren bedeutende Stätten der Musikpflege. In Dresden erlebte die Oper eine Blütezeit, die Künstlervereinigung »Brücke« verhalf dem Expressionismus zum Durchbruch, von Hellerau kamen neue Impulse für Kunsthandwerk und Bauwesen. Weithin wirkte die seit dem 18. Jahrhundert von Herrnhut ausgehende religiöse Bewegung (Brüdergemeine).
 
Sachsen wurde im 19. Jahrhundert zum ausgeprägten Industriestaat. Am Ende des 19. Jahrhunderts war Sachsen das am dichtesten besiedelte Land Europas. Nur wenige Landesteile bewahrten bäuerlichen Struktur. Bezeichnend war in der Industrie das Vorherrschen kleinerer und mittlerer Betriebe, die sich auch in Dörfern ansiedelten. Selbst Hausindustrie blieb in gewissem Umfang erhalten. Das Verkehrswesen passte sich der industriellen Entwicklung an (Eröffnung der ersten deutschen Fern-Eisenbahn Leipzig-Dresden 1839, der Elbdampfschifffahrt 1837). Die wirtschaftliche und soziale Lage der Industriearbeiterschaft war sehr schlecht, besonders in der Textilindustrie, in der (1832) 30 % der Beschäftigten tätig waren. Sachsen wurde daher zum eigentlichen Heimatland der organisierten deutschen Arbeiterbewegung (1848 Centralcomité der deutschen Arbeiter und 1863 Allgemeiner Deutscher Arbeiterverein in Leipzig, 1867 Wahl A. Bebels in den Konstituierenden Norddeutschen Reichstag, 1871 erste sozialdemokratische deutsche Tageszeitung in Crimmitschau, 1876 Gründung des »Vorwärts« als Zentralorgan der SPD in Leipzig); es kam zum Aufstieg der Sozialdemokratie zur (ab 1903, Reichstagswahl: 60 % der Stimmen) stärksten Partei (»rotes Sachsen«).
 
Freistaat:
 
Im Zuge der Novemberrevolution 1918 bildeten sich am 8. 11. 1918 in Leipzig, Dresden und Chemnitz Arbeiter-und-Soldaten-Räte. Nach Ausrufung der Republik (Dresden, 10. 11.) dankte König Friedrich August III. ab (13. 11.). Unter dem Vorsitz von Richard Lipinski (* 1867, ✝ 1933; USPD) übernahmen sechs »Volksbeauftragte« - drei Mitglieder der USPD und drei Mitglieder der SPD - die Regierung (15. 11.). Während die USPD an der Idee der »proletarischen Revolution« festhielt, trat die SPD immer stärker für die Errichtung der parlamentarischen Demokratie ein. Im Zusammenhang mit diesem Konflikt kam es im Januar 1919 in Dresden zu schweren Unruhen. Nach dem Austritt der USPD-Mitglieder aus der Räteregierung (16. 1. 1919 trat Georg Gradnauer (* 1866, ✝ 1946) am 22. 1. an die Spitze einer nur aus SPD-Angehörigen bestehenden Räteregierung. Am 2. 2. fanden Wahlen zu einer Sächsischen Volkskammer statt (SPD 42, DDP 22, USPD 15, DNVP 13 und DVP 4 Sitze); sie beschloss die »Vorläufige Verfassung« (28. 2.). Erster sächsischer Ministerpräsident war Gradnauer (März 1919 bis Mai 1920). Unter dem Eindruck des von rechtsradikalen Kräften getragenen Kapp-Putsches (März 1920) kam es v. a. im Vogtland unter Führung von M. Hölz zu einem kommunistischen Aufstand, der von der Reichswehr niedergeschlagen wurde. Am 26. 10. 1920 nahm die Volkskammer die »Verfassung des Freistaates Sachsen« an (in Kraft ab 1. 11.); sie trat anschließend zugunsten eines neu gewählten Landtages zurück, in dem die SPD die führende Kraft blieb; sie stellte bis 1929 - allein oder an der Spitze unterschiedlich ausgerichteter Koalitionen - den Ministerpräsidenten. Die Aufnahme von zwei der KPD angehörenden Ministern (H. Brandler, Fritz Heckert, * 1884, ✝ 1936) am 10. 10. 1923 in die von E. Zeigner (SPD) seit März 1923 geführte Landesregierung löste einen Konflikt mit der Reichsregierung (unter G. Stresemann) aus. Nach der Absetzung der Regierung Zeigner durch den Reichspräsidenten (F. Ebert, Art. 48 Weimarer Reichsverfassung) setzte die Reichsregierung den Beschluss des Reichspräsidenten noch im selben Monat mithilfe der Reichswehr durch (Reichsexekution). Von Januar 1924 bis Juni 1929 führte Max Heldt (* 1872, ✝ 1932) die sächsische Landesregierung 1929-33 regierten Beamten-Kabinette, die sich v. a. aus Mitgliedern der DVP und der DNVP zusammensetzten. Nach dem Regierungsantritt Hitlers (30. 1. 1933 wurde Sachsen einem nationalsozialistischen Reichsstatthalter (Martin Mutschmann, * 1879, ✝ 1947) unterstellt (5. 5.). Im Zweiten Weltkrieg brachten Bombenangriffe schwere Verluste, v. a. in Leipzig (4. 12. 1943, Chemnitz (5. 3. 1945 und Dresden (13./14. 2. 1945).
 
Sachsen als Teil der SBZ und der DDR (1945-90):
 
Im April und Mai 1945 von amerikanischen (Westsachsen) und sowjetischen Truppen besetzt (außer dem damaligen Landkreis Schwarzenberg zwischen 8. 5. und 20. 6. 1945), kam ganz Sachsen nach dem Rückzug der amerikanischen Truppen (13. 6. bis 1. 7.) unter die Kontrolle der SMAD und mit den neu mit ihm verbundenen Gebieten (Nieder-)Schlesiens westlich der Lausitzer Neiße (um Görlitz und Hoyerswerda) zur SBZ (Bezeichnung 1945 zunächst »Bundesland Sachsen«); am 7. 10. 1949 wurde Sachsen Land der DDR. Der am 29. 6./18. 7. 1945 von der SMAD eingesetzte Präsident der Landesverwaltung, Rudolf Friedrich (* 1892, ✝ 1947; SPD, dann SED), wurde nach den Landtagswahlen vom 20. 10. 1946 Ministerpräsident (11. 12.); nach seinem (nicht restlos geklärten) Tod bildete Max Seydewitz (* 1892, ✝ 1987; ursprünglich SPD, 1945 KPD, dann SED) am 31. 7. 1947 eine Blockregierung Mit der Aufhebung der Verfassung vom 28. 2. 1947 beschloss der Landtag am 23. 7. 1952 seine Auflösung; das Land Sachsen wurde auf die DDR-Bezirke Chemnitz (1953-90 Karl-Marx-Stadt), Dresden und Leipzig aufgeteilt, kleinere Gebiete kamen an die Bezeichnung Cottbus und Gera.
 
Sachsen seit seiner Wiedergründung (1990):
 
Unter günstigen außen- und innenpolitischen Bedingungen konnte mit der gewaltfreien »Herbstrevolution« 1989 in der DDR die SED-Herrschaft gestürzt werden; ihre frühen Zentren lagen auch in Sachsen (Dresden, Leipzig). Am 3. 10. 1990 wurde - auf der Grundlage des Ländereinführungsgesetzes vom 22. 7. 1990 - aus den Bezirken Leipzig (ohne die Kreise Altenburg und Schmölln), Chemnitz und Dresden sowie aus den zuvor zum Bezirk Cottbus gehörenden Kreisen Hoyerswerda und Weißwasser Sachsen als Freistaat und Land der Bundesrepublik Deutschland wieder errichtet. Seit den Landtagswahlen vom 14. 10. 1990, bestätigt am 11. 9. 1994, regiert die CDU mit absoluter Mehrheit unter Ministerpräsident K. Biedenkopf (CDU); als erstes der neuen Bundesländer erhielt Sachsen eine neue Verfassung (26. 5. 1992 in Kraft seit seit 27. 5.). Nach Verlust des innenparteilichen Rückhalts trat Biedenkopf trotz hoher Verdienste bei der erfolgreichen Umstrukturierung des Landes und dem gezielten Aufbau moderner Wirtschaftsstandorte am 18. 4. 2002 vorzeitig zurück; G. Milbradt (CDU) wurde sein Nachfolger als Ministerpräsident.
 
Literatur:
 
Hb. der histor. Stätten Dtl.s, Bd. 8: S., hg. v. W. Schlesinger (1965, Nachdr. 1990);
 K. Blaschke: S. im Zeitalter der Reformation (1970);
 K. Blaschke: Gesch. S.s im MA. (21991);
 
Histor. Landeskunde Mittel-Dtl.s. S., hg. v. H. Heckmann (1985);
 
Die neuen Bundesländer. Produktionsstandort S., hg. vom Dt. Industrie- u. Handelstag (1990);
 
Phys. Geographie, Beitrr. v. H. Bramer u. a. (1991);
 G. Naumann: Sächs. Gesch. in Daten (21994);
 R. Kötzschke u. H. Kretzschmar: Sächs. Gesch. (Neuausg. 1995);
 
Naturräume in S., hg. v. K. Mannsfeld u. H. Richter (1995).
 

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Sạch|sen; -s: Bundesland der Bundesrepublik Deutschland.

Universal-Lexikon. 2012.