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Suezkanal
Sueskanal

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Suezkanal,
 
Sueskanal, schleusenlose Großschifffahrtsstraße zwischen Mittelmeer und Rotem Meer (Golf von Suez), in Ägypten; verläuft von Port Said (am Mittelmeer) durch die Landenge von Suez - unter Ausnutzung des Timsahsees (5 km lang, 3 km breit), des Großen Bittersees (23 km lang, bis 13 km breit) und des südöstlich anschließenden Kleinen Bittersees (13 km lang, 3 km breit) - nach Suez. Der Suezkanal wurde mehrmals ausgebaut. Die Länge des Suezkanals - bei der Eröffnung (1869) 164 km, 1956 auf 173 km erweitert (v. a. durch Verlängerung der Molen an den Einfahrten) - beträgt seit Beendigung der Ausbaustufe (1980) 195 km (68 km für Gegenverkehr geeignet); die Kanalbreite, zunächst 52 m, beträgt heute 160-190 m, die Kanaltiefe 19,5-20 m; die Durchfahrt ist für Tanker bis 150 000 t Tragfähigkeit (leer bis 260 000 t) möglich. Die Durchfahrt dauert 15 Stunden und erfolgt im Konvoi von 20 und mehr Schiffen (mit Lotsen); täglich passieren drei Konvois den Suezkanal (zwei in südlicher, einer in nördlicher Richtung); es bestehen vier Ausweichstellen: bei Port Said (Umgehungskanal seit Dezember 1980), südlich von El-Kantara, im Bereich des Timsahsees und der Bitterseen. - 1995 passierten den Suezkanal 15 051 Schiffe mit 360,4 Mio. t Fracht (1994: 16 370 Schiffe mit 364 Mio. t Fracht). Die Durchfahrtsgebühren (1994: 1,9 Mrd. US-$) sind ein bedeutender Devisenbringer für Ägypten. Sitz der Suezkanalbehörde (Suez Canal Authority) ist Ismailia. Seit 1965 gibt es bei El-Kantara eine Drehbrücke (Spannweite 158 m). Ein Straßentunnel unter dem Suezkanal (17 km nördlich von Suez) stellt seit 1980 eine Verbindung zwischen Kairo und der Halbinsel Sinai her.
 
Geschichte
 
und Völkerrecht: Eine künstliche Verbindung zwischen Mittelmeer und Rotem Meer bestand schon im Altertum zeitweilig. Nachweisbar ist der Durchstich zwischen Nil und Rotem Meer, der von Necho II. (610-595 v. Chr.) begonnen und von dem Perserkönig Dareios I. um 490 v. Chr. vollendet wurde (Necho-Kanal). Nach mehreren Versandungen und Wiederherstellungen (u. a. unter Trajan) verfiel der Kanal im 8. Jahrhundert völlig.
 
Als der Seeweg nach Indien um das Kap der Guten Hoffnung entdeckt wurde (1498), verlor eine Verbindung der beiden Meere an Bedeutung. Spekulationen von G. W. Leibniz und Planungen unter Napoleon I. griffen den Gedanken eines Kanals wieder auf. Die von Napoleon 1799 beauftragte Kommission stellte jedoch den Bau aufgrund einer falschen Messung der Wasserstandsunterschiede zwischen Mittelmeer und Rotem Meer infrage. Eine 1846 ins Leben gerufene Studiengruppe von Franzosen, Briten und Österreichern stellte bei neuen Messungen eine nahezu gleiche Höhenlage der beiden Meere fest.
 
Zum Bau und zum Betrieb des Suezkanals erhielt der Franzose F. de Lesseps 1854 eine vorläufige, 1856 eine endgültige Konzession von ägyptischer Seite; den Entwurf für den Bau lieferte 1856 A. Negrelli. Trägerin der Konzession (auf 99 Jahre ab Eröffnung des Kanals begrenzt) war eine Gesellschaft ägyptischen Rechts, die »Compagnie Universelle du Canal Maritime de Suez«. Die Aktien dieser Gesellschaft gelangten größtenteils in französischem Besitz oder wurden von der ägyptischen Regierung übernommen; die erforderlichen Genehmigungen des Sultans des Osmanischen Reiches wurden gegen den Widerstand Großbritanniens, das seine Interessen im Nahen Osten durch Frankreich gefährdet sah, erst 1866 erteilt. Nach der Fertigstellung des Suezkanals 1869 (nach zehnjähriger Bauzeit) kaufte 1875 Großbritannien den ägyptischen Aktienanteil (44 %) und besetzte 1882 die Kanalzone militärisch. Der Suezkanal war von Anfang an für die internationale Schifffahrt bestimmt. Die am 29. 10. 1888 von neun Staaten (darunter alle damaligen Großmächte, später noch weitere sieben Staaten) unterzeichnete Konvention von Konstantinopel garantiert die freie Durchfahrt für Handels- und Kriegsschiffe aller Flaggen in Kriegs- und Friedenszeiten und verbietet jegliche Kriegshandlung gegen den Kanal und seine Nebenanlagen. Der Kanal ist neutralisiert. Kriegsrecht darf in seinem Bereich, seinen Häfen und in einer Dreimeilenzone vor den Ausfahrten nicht angewendet werden.
 
Britische Truppen blieben bis zum Sommer 1956 in der Kanalzone, seit 1936 auf der Grundlage eines britisch-ägyptischen Vertrages. Nachdem der Rückzug der Truppen in einem britisch-ägyptischen Vertrag vom 19. 10. 1954 vereinbart worden war, verstaatlichte der ägyptische Präs. G. Abd el-Nasser am 26. 7. 1956 die Suezkanalgesellschaft. Nachdem britische Versuche, die Rechtslage des Kanals durch eine internationale Konferenz im August 1956 zu klären, gescheitert waren, entschlossen sich Großbritannien und Frankreich zu einer gemeinsamen, von der UNO als völkerrechtswidrig verurteilten militär. Intervention (Suezkrieg Oktober-November 1956, Suezkrise). Am 24. 4. 1957 gab Ägypten eine völkerrechtlich bindende Erklärung ab, in der die Konvention von 1888 bekräftigt wurde, und eröffnete den Suezkanal wieder für die internationale Schifffahrt. Dieser völkerrechtliche Status besteht trotz erneuter Konventionsbrüche vonseiten Israels im Sechstagekrieg 1967, als dessen Folge der Suezkanal bis zum 4. 6. 1975 geschlossen blieb, noch heute. Die ehemaligen Aktionäre erhielten 1959-64 von der ägyptischen Regierung eine Entschädigung in Höhe von 23 Mio. ägyptischen Pfund.
 
Literatur:
 
D. A. Farnie: East and west of Suez. The Suez Canal in history, 1854-1956 (Oxford 1969);
 W. Köhler: Die Wiedereröffnung des Suez-Kanals (1975).

Universal-Lexikon. 2012.