1. sportliche Betätigung, bei der bestimmte Übungen ausgeführt werden:
morgendliche, rhythmische Gymnastik; Gymnastik treiben.
Syn.: gymnastische Übungen, ↑ Sport.
Zus.: Frühgymnastik, Heilgymnastik, Krankengymnastik, Morgengymnastik, Schwangerschaftsgymnastik.
2. Gymnastikstunde:
in die Gymnastik gehen.
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Gym|nạs|tik 〈f. 20; unz.〉
1. Körperübung, Körperschulungsübungen durch Bewegung
2. Heilung bestimmter Körperschäden durch Bewegung (Heil\Gymnastik, Kranken\Gymnastik)
● morgendliche \Gymnastik treiben [<lat. gymnastica ars <grch. gymnastike techne „Kunst der Leibesübungen“; zu grch. gymnos „nackt“, da die Leibesübungen nackt durchgeführt wurden]
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Gym|nạs|tik , die; -, -en <Pl. selten> [griech. gymnastike̅̓ (téchnē), zu: gymnázesthai, ↑ Gymnasium]:
[rhythmische] Bewegungsübungen zu sportlichen Zwecken od. zur Heilung bestimmter Körperschäden:
morgendliche, rhythmische, künstlerische G.;
G. treiben, machen.
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Gymnạstik
[zu griechisch gymnázesthai »mit nacktem Körper Leibesübungen machen«] die, -, Form der Leibeserziehung, welche die Schulung der Bewegung durch Entwicklung, Steigerung und Erhaltung der Körperkräfte zur Aufgabe hat. In der Gymnastik werden grundlegende körperliche Eigenschaften (z. B. Muskelkraft, Beweglichkeit, Lockerheit) und allgemeine koordinierte Bewegungsformen durch Gehen, Laufen, Hüpfen, Federn, Springen und Schwingen in harmonisch gestalteten Bewegungsabläufen einzeln und in Gruppen entwickelt. Vielfältige und angepasste Haltungs- und Bewegungsübungen, auch Dehnlagen sollen die Atmung fördern und die Organe kräftigen. Bodengymnastische Übungen sind z. B. »Radfahren« in der Kerze, Beugestellungen, Spagat, geschmeidiges Hinlegen und Aufrichten, Übungen mit Handgeräten, Schwingen mit Reifen und Keulen, Springen mit dem Sprungseil. Die einzelnen Übungen können durch Stampfen, Klatschen, Tamburinschlagen oder Musik rhythmisch unterstützt werden.
Aus der Vielfalt möglicher Zielsetzungen der Gymnastik haben sich drei herausgebildet, in die man heute die Gymnastik grob gliedern kann. 1) Als funktionelle Gymnastik dient die Gymnastik vorwiegend der Erhaltung, Stärkung oder Erneuerung körperlichen Funktionen (z. B. Säuglings-, Schwangerschafts-, Kranken-, orthopädische Gymnastik). In diesen Bereich gehört auch die fitnessbetonte Ausgleichsgymnastik, da sie ebenfalls auf funktionellen Gesichtspunkten aufbaut, besonders im Hinblick auf Haltungsfehler, einen labilen Kreislauf, muskuläre Verspannung und Bandscheibenbeschwerden, auch unter Berücksichtigung spezieller Funktionen (Fuß-, Rumpf-, Arm-, Atemgymnastik u. a.). Ein wesentliches Element solcher Gymnastik ist immer auch die Freude an der Bewegung als physisch und psychisch wirksamem Faktor. 2) Als Zweckgymnastik bezeichnet man Gymnastik dann, wenn gymnastische Bewegungsabläufe und Übungen als Trainingsgrundlage für andere Sportarten zur allgemeinen Schulung von Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit, aber auch für bestimmte sportartspezifische Fertigkeiten dienen (z. B. Skigymnastik). 3) Die rhythmische Gymnastik ist die Gymnastik i. e. S. Sie ist Erziehung zur fließenden, durch den Rhythmus geformten Bewegung. Ihre Grundbewegungen (Gehen, Laufen, Drehen, Hüpfen, Springen, Schwingen u. a.) werden sowohl durch die Bewegung mit Handgeräten (Ball, Keule, Kugel, Reifen, Seil, Stab) als auch durch Musik und Takt unterstützt. Am Ende dieser Bewegungsschulung stehen einerseits die Gestaltung (Körperbewegung als Ausdruck, »Ausdrucksgymnastik«), andererseits der Tanz in seinen unterschiedlichen Konzeptionen (Ausdruckstanz, Jazztanz, Modern Dance). Aus der rhythmischen Gymnastik hat sich die rhythmische Sportgymnastik entwickelt, die seit 1958 wettkampfmäßig betrieben wird.
In der Antike war die Gymnastik nach griechischem Verständnis die »Wissenschaft von den Leibesübungen« (Galen). Betrieben wurde die Gymnastik vom frühen Knabenalter an v. a. in Form der Leichtathletik. Die Humanisten führten das Wort im antiken Sinn in den Sprachgebrauch des Abendlandes ein (ars gymnastica). Das erste grundlegende System für die moderne Gymnastik schuf J. C. F. GutsMuths mit seinem Werk »Gymnastik für die Jugend« (1793). Auf ihm bauten u. a. skandinavische Turn- und Gymnastikpädagogen auf, die v. a. die Haltungsformung und Körperbildung betonten. Das von dem Schweizer Phokion Heinrich Clias (* 1782, ✝ 1854) geschriebene Buch »Calisthénie, oder Übungen zur Schönheit und Kraft der Mädchen« (1829) beflügelte die Bestrebungen, besondere Leibesübungen für die weibliche Eigenart zu schaffen. Johann Adolf Ludwig Werner (* 1794, ✝ 1866) trennte funktionelle und emotionelle Gymnastik. Seit etwa 1900 entstand in Deutschland unter dem Einfluss der Reformpädagogik die eigentliche Gymnastikbewegung, die sich gegen das inzwischen erstarrte und formalisierte Turnen richtete. Begründer der nun aufkommenden, musisch verstandenen rhythmischen Gymnastik waren u. a. B. Mensendieck und R. Bode, der Schöpfer der Ausdrucksgymnastik. Unter Hinzunahme von Handgeräten schuf Hinrich Medau (* 1890, ✝ 1974) eine Vorform der rhythmischen Sportgymnastik mit künstlerischen Elementen. Die tänzerische Gymnastik (Ausdruckstanz) geht v. a. auf Isadora Duncan und deren Schwester Elizabeth zurück, in Deutschland wurde sie besonders von R. von Laban und Mary Wigman vertreten. Die moderne sportliche Trainingsgymnastik entwickelte Hans Forstreuter (* 1890, ✝ 1978).
C. Diem: Weltgesch. des Sports u. der Leibeserziehung (1960);
Grundl. u. Methoden rhythm. Erziehung, hg. v. G. Bünner (u. a. 41983);
H. Forstreuter: G. Körperschule ohne Gerät (321986);
T. Held: Fit durch G. (31991);
W. Kuhn: Büro-G. (1992);
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Universal-Lexikon. 2012.