Ho|möo|pa|thie 〈f. 19; unz.〉 Heilverfahren, bei dem der Kranke mit kleinsten Dosen von Mitteln behandelt wird, die beim Gesunden die gleichen Krankheitserscheinungen hervorrufen würden, nach dem Grundsatz: Ähnliches durch Ähnliches heilen; Ggs Allopathie
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Ho|möo|pa|thie, die; - [zu griech. homoiopathe̅̓s = in ähnlichem Zustand, ähnlich empfindend, zu: páthos, ↑ Pathos]:
Heilverfahren, bei dem die Kranken mit solchen Mitteln in hoher Verdünnung behandelt werden, die in größerer Menge bei Gesunden ähnliche Krankheitserscheinungen hervorrufen.
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I Homöopathie
Die Homöopathie ist eine medizinische Heilmethode, die um 1800 von dem deutschen Arzt und Chemiker Samuel Hahnemann entwickelt wurde. Nach einer Blütezeit Ende des 19. Jahrhunderts (vor allem in den USA) geriet sie im 20. Jahrhundert weitgehend in Vergessenheit, seit den 1970er-Jahren ist sie jedoch wieder zunehmend populär geworden. Vorläufiger Höhepunkt dieser Entwicklung war die Verleihung des Right Livelihood Award (»alternativer Nobelpreis«) an den griechischen Homöopathen Georgos Vithoulkas im Dezember 1996 »für seine Verdienste um die Wiederbelebung der klassischen Homöopathie«. Weltweit die größte Verbreitung hat die homöopathische Medizin in Indien, außerhalb Europas wird sie außerdem auch in den USA und Südamerika betrieben. In Europa ist Deutschland eines der wichtigsten Zentren der Homöopathie.
Die Homöopathie beruht auf der Überzeugung, dass zur Behandlung einer Krankheit dasjenige Mittel am besten geeignet ist, das an gesunden Personen ähnliche Symptome auslöst wie die durch die Krankheit hervorgerufenen. Dadurch sollen die Lebenskraft des Menschen gestärkt und die Selbstregulation unterstützt werden. Zur Herstellung homöopathischer Arzneimittel werden Stoffe aus der Natur verwendet, die nach bestimmten Regeln aufbereitet und anschließend stufenweise verdünnt, das heißt nach homöopathischer Auffassung potenziert werden. Die Wirkungsweise der Homöopathie lässt sich mithilfe heutiger wissenschaftlicher Methoden nur teilweise erklären und ist daher in der naturwissenschaftlichen Medizin sehr umstritten.
Der Trend der Homöopathie
Im Zuge der Suche nach »ganzheitlicher Medizin«, »alternativen Heilmethoden« oder »sanften Verfahren« ist in den letzten Jahren eine Methode wieder verstärkt ins Blickfeld gerückt, die bereits vor 200 Jahren entwickelt wurde: die Homöopathie. Wenn das zugrunde liegende Prinzip auch sehr umstritten ist, so wenden sich doch seit einiger Zeit in zunehmendem Maße Patienten homöopathischen Arzneimitteln zu. Doch was steckt eigentlich genau dahinter?
Samuel Hahnemann und seine Zeit
Begründet hat die Homöopathie S. Hahnemann, der am 10. 4. 1755 in Meißen geboren wurde. Schon während seiner Schulzeit sprach er mehrere Sprachen, darunter Griechisch, Latein, Englisch und Arabisch. Im Alter von 20 Jahren ging er nach Leipzig, um ein Medizinstudium aufzunehmen, das er nach einer Unterbrechung später in Erlangen beendete. In den Folgejahren zog er umher, wobei er teils als Arzt praktizierte, teils seinen Lebensunterhalt mit Unterricht und Übersetzungen verdiente. Bei Letzterem beschränkte er sich jedoch meist nicht auf das einfache Übertragen von Texten ins Deutsche, sondern machte sich eigene Gedanken und Notizen zum Inhalt. Auf diese Weise verschaffte er sich umfangreiche Kenntnisse in den Bereichen Medizin, Pharmazie und Chemie.
Zunehmend kritisch stand er den damaligen Grundgedanken der Medizin gegenüber. Diese basierten weitgehend auf einer »Vergiftung der Säfte« als Ursache für Krankheiten. Folglich therapierte man mit ausleitenden Methoden wie Aderlass, Schröpfen, Zugpflastern, abführenden Mitteln und Ähnlichem. Als Medikamente wurden häufig hohe Dosen an Quecksilber- und Arsenverbindungen, Schwefel sowie Mischungen aus einer Vielzahl von Einzelkomponenten gegeben.
Der Anfang: ein Selbstversuch
Als Hahnemann im Jahre 1790 die »Materia Medica« des schottischen Pharmakologen William Cullen (1710-1790) übersetzt, stößt er auf die Behauptung, Chinarinde, die Rinde eines in Südamerika beheimateten Baumes, heile aufgrund ihrer den Magen stärkenden Wirkung die Krankheit Malaria. Diese Behauptung bezweifelt er, sein Interesse ist geweckt und er beschließt, die Wirkung der Chinarinde an sich selbst auszuprobieren. Einige Tage lang nimmt er zweimal täglich ein wenig davon ein und stellt fest, dass er ganz ähnliche Symptome entwickelt, die auch bei einem an Malaria erkrankten Patienten auftreten: Schläfrigkeit, Herzklopfen, Zittern, Abgeschlagenheit und andere. Damit war der Grundstein für die Homöopathie gelegt. Hahnemann entwickelt in den nächsten Jahren wegen dieser und ähnlicher Beobachtungen ein Verfahren, das er 1796 unter dem Titel »Versuch über ein neues Prinzip zur Auffindung der Heilkräfte der Arzneisubstanzen nebst einigen Blicken auf die bisherigen« in einer medizinischen Fachzeitschrift veröffentlicht. In der Folgezeit arbeitet er seine Methode weiter aus, um sie schließlich 1810 in Leipzig in seinem Hauptwerk »Organon der rationellen Heilkunde« (ab der zweiten Auflage »Organon der Heilkunst«) niederzulegen. Hahnemann starb am 2. 7. 1843 in Paris.
Regulieren statt kompensieren?
Hahnemann sieht den Menschen als Ganzheit von Körper, Seele und Geist. Er vertritt die Ansicht, dass jedem Menschen eine nach klassischer Lesart immaterielle Eigenschaft innewohnt, die Lebenskraft genannt wird, und dass der Organismus sich normalerweise in einem inneren Gleichgewicht befindet, welches durch die Fähigkeit, auf Reize zu reagieren, aufrechterhalten wird. Krankheit ist ein Anzeichen für eine Störung dieser Lebenskraft. Auf einen äußeren oder inneren Reiz hin werden Regulierungsmechanismen in Gang gesetzt, die sich beispielsweise in Fieber äußern können.
Um nun eine Krankheit zu heilen, lehnt es die Homöopathie ab, Teile des menschlichen Organismus isoliert zu betrachten und durch Medikamente Symptome zu unterdrücken, fehlende Stoffe zu substituieren oder geschädigte Teilfunktionen zu kompensieren. Dagegen sollen homöopathische Mittel auf den Körper als Ganzes - genauer gesagt: auf die Einheit von Körper, Geist und Seele - Reize ausüben und damit die Eigenregulation zur Wiederherstellung des inneren Gleichgewichtes unterstützen und die Selbstheilung anregen. Nach homöopathischer Auffassung sind insbesondere stark verdünnte, potenzierte Substanzen dazu in der Lage. Ende des 19. Jahrhunderts wurde von dem Psychiater R. Arndt und dem Pharmakologen H. Schulz gesagt, dass kleine Reize die Lebenskraft anfachen, mittelstarke sie fördern, starke sie hemmen und stärkste Reize sie sogar aufheben können (arndt-schulzsche Regel).
Wegen der geringen Wirkstoffmengen (in hoch potenzierten Mitteln ist fast mit Sicherheit kein Molekül der Ausgangssubstanz mehr vorhanden) sind nach Ansicht der Homöopathen keine Nebenwirkungen zu erwarten. Allerdings tritt zu Beginn einer Behandlung zuweilen eine so genannte Erstverschlimmerung ein, die jedoch für die weitere homöopathische Behandlung sogar vorteilhaft sein kann. Weiterhin können bei der Behandlung einer chronischen Krankheit neue Symptome - zum Beispiel Hautausschläge - zum Vorschein kommen, die erst im weiteren Verlauf der homöopathischen Kur wieder verschwinden. Dabei gilt der Grundsatz, die Krankheit von innen nach außen zu heilen, in diesem Sinne ist das Auftreten eines Hautausschlags bei der Behandlung einer inneren Krankheit in gewisser Weise sogar »erwünscht«.
Die drei Prinzipien
Seit den Tagen Hahnemanns haben sich viele unterschiedliche homöopathische Richtungen entwickelt. Die streng nach Hahnemann arbeitende Richtung ist die orthodoxe oder klassische Homöopathie, daneben gibt es verschiedene weitere Schulen, die zum Teil nach den Regionen, in denen sie hauptsächlich angewendet werden, und zum Teil nach ihren führenden Vertretern benannt werden. Es gibt auch Homöopathen, welche Homöopathie und Schulmedizin zu kombinieren versuchen, dies ist allerdings in den Augen der klassischen Richtung prinzipiell unmöglich. Bei allen Unterschieden gibt es jedoch nach wie vor eine gemeinsame Grundlage praktisch aller homöopathischen Gruppen, die sich in drei Prinzipien zusammenfassen lässt, welche alle drei auf Hahnemann zurückgehen: in der Ähnlichkeitsregel, der Arzneimittelprüfung an Gesunden und der als Potenzierung bezeichneten Methode zur Herstellung von Arzneimitteln.
Similia similibus curentur
Aufgrund seines Selbstversuchs mit Chinarinde sowie vielen weiteren Experimenten stellte Hahnemann folgende These auf: »Jedes wirksame Arzneimittel erregt im menschlichen Körper eine Art von eigener Krankheit. Man ahme die Natur nach, welche zuweilen eine chronische Krankheit durch eine andere hinzukommende heilt, und wende in der zu heilenden (vorzüglich chronischen) Krankheit dasjenige Arzneimittel an, welches eine andere, möglichst ähnliche künstliche Krankheit zu erregen imstande ist, und jene wird geheilt werden: similia similibus.« Ein Heilmittel ist demnach dann richtig gewählt, wenn es bei Gesunden ähnliche Symptome hervorrufen kann, wie sie bei dem Patienten aufgrund der Krankheit auftreten. Die lateinische Version dieser Ähnlichkeitsregel - »Similia similibus curentur« - bedeutet wörtlich: »Ähnliches soll durch Ähnliches geheilt werden«. Das in einem individuellen Fall angezeigte Mittel wird Simile genannt, man spricht somit auch vom Simileprinzip. In der Einleitung zu seinem Werk »Organon der Heilkunst« betont Hahnemann erneut: Es sei ein Mittel zu wählen, das ein »ähnliches Leiden« (griechisch: homoion pathos) erregen kann. Hiervon leitet sich der Begriff Homöopathie ab; die klassische, Krankheiten mit unähnlichen oder anderen (griechisch: allos) Mitteln behandelnde Medizin heißt bei Hahnemann Allopathie. Mit dem Ähnlichkeitsgesetz vergleichbare Gedanken finden sich übrigens bereits im Altertum bei Hippokrates (um 460-370 v. Chr.) und im ausgehenden Mittelalter bei Paracelsus (1493-1541).
Um für jedes Krankheitsbild das richtige Mittel zu finden, führte Hahnemann - wie anfänglich bei seinem Selbstversuch - ungefähr 100 Arzneimittelprüfungen genannte Experimente mit gesunden Testpersonen durch. Die Wirkung, welche die Arznei an Gesunden zeigt, ist maßgebend für die Anwendung bei Kranken. Jedes Mittel muss an einer Vielzahl von Personen verschiedenen Alters, Geschlechts und unterschiedlicher Konstitution ausprobiert werden.
Sehr genau geht Hahnemann in seinen Schriften auf die Anamnese des bei jedem Krankheitsfall individuellen Krankheitsbildes des Patienten ein, das die subjektiv empfundene Symptomatik, die persönliche Konstitution, die Lebensumstände, den Geistes- und Gemütszustand, die Vorgeschichte sowie die Beobachtungen des Arztes umfasst. Nur so ist es möglich, nach dem Ähnlichkeitsprinzip die passende Arznei zu finden, die genau diesem Krankheitsbild entsprechen muss. Zwei Menschen, die nach schulmedizinischen Maßstäben die gleiche Krankheit haben, werden bei einer homöopathischen Behandlung mit hoher Wahrscheinlichkeit verschiedene Medikamente erhalten, da das individuelle Krankheitsbild sowie die Vorgeschichte in den seltensten Fällen in allen Punkten übereinstimmen. Kritisch ist anzumerken, dass mit vielen homöopathischen Arzneimitteln ein typisches Krankheitsbild nicht hervorgerufen werden kann.
Homöopathische Arzneimittel
Die in der Homöopathie verwendeten Arzneimittel stammen ganz überwiegend aus der Natur, das heißt, sie sind tierischen, pflanzlichen oder mineralischen Ursprungs, nur wenige werden synthetisch hergestellt. Erst in neuerer Zeit werden gelegentlich auch so genannte Nosoden, aus kranken Geweben gewonnene Präparate, verwendet. Nach Hahnemann wird immer nur ein Einzelmittel verabreicht, einige heutige Richtungen weichen von seinen Vorgaben ab und geben beispielsweise so genannte Komplexmittel, die mehrere unterschiedliche homöopathische Mittel enthalten.
Die Herstellung von homöopathischen Arzneien ist sowohl nach deutschem als auch europäischem Arzneimittelrecht verbindlich festgeschrieben; in Deutschland regelt das Amtliche Homöopathische Arzneibuch (HAB) von 1978 (Erweiterungen 1985 und 1991) die einzelnen Verfahrensschritte. Das HAB geht auf eine 1872 von W. Schwabe verfasste Schrift zurück. Ein europäisches homöopathisches Arzneibuch ist in Bearbeitung.
Der erste Schritt zur Zubereitung eines homöopathischen Mittels besteht in der Herstellung einer so genannten Urtinktur oder Ursubstanz. Je nach Ausgangsmaterial ist diese Ursubstanz:
eine Essenz, das heißt der mit Alkohol versetzte, frisch gepresste Saft von Pflanzen oder Pflanzenteilen;eine Tinktur, das ist der alkoholische Auszug aus getrockneten pulverisierten Pflanzen oder gequetschtem tierischem Material;eine alkoholische oder wässrige Lösung von löslichen Salzen oder Säuren;eine Verreibung aus unlöslichen Mineralien oder pulverisierten Pflanzenteilen, die mit Milchzucker im Mörser zerkleinert werden.Eine Ursubstanz oder -tinktur wird mit dem Symbol Ø gekennzeichnet.
Das Potenzieren
Nachdem Hahnemann in den Anfängen Versuche mit der Gabe konzentrierter Arzneien gemacht hatte, ging er bei der Weiterentwicklung seines Verfahrens dazu über, verdünnte Substanzen zu verabreichen, da diese - wie oben erwähnt - schwache Reize darstellen und somit am besten geeignet sein sollten, die Eigenregulationen anzuregen. Da laut Hahnemann mit dem Minimieren der Dosis eine Steigerung der Wirkung verbunden ist, nannte er diesen Vorgang Potenzieren (von lateinisch potentia: Können, Macht) oder Dynamisieren (von griechisch dynamis: Kraft) und entwickelte eine ganz spezielle Technik dafür. Nach homöopathischer Lehre ist es von entscheidender Bedeutung, dass es sich beim Potenzieren nicht um einen reinen Verdünnungsvorgang handelt, sondern um die Kombination von Verdünnen und Verschütteln oder Verreiben: Bei jedem Potenzierungsschritt wird die Substanz zunächst mit einem Lösungsmittel verdünnt und anschließend durch »abwärts gerichtete Schüttelschläge mit der rechten Hand auf eine harte, aber elastische Unterlage« verschüttelt (auch die Zahl der Schläge ist je nach Potenzierungsart festgelegt); beim Potenzieren nicht löslicher Stoffe durch einstündiges Verreiben mit Milchzucker erfolgen Verdünnung und Verschüttelung in einem Schritt. Bei jedem dieser Schritte macht das HAB genaue und enge Vorgaben. Eine maschinelle Potenzierung ist im HAB nicht erlaubt, wird allerdings in anderen Ländern praktiziert.
Für jede Potenzierungsstufe wird ein eigenes Gefäß mit der entsprechenden Menge Lösungsmittel verwendet. Als Alternative zu dieser Mehrglasmethode nach Hahnemann wurde 1831 eine Methode in nur einem Glas von dem russischen Homöopathen N. S. von Korsakow (1788-1853) eingeführt. Die Korsakow-Methode ist allerdings wegen Ungenauigkeit vom HAB nicht erlaubt, wird jedoch in Frankreich noch häufig angewandt. Feste Ausgangsstoffe werden in analoger Weise durch Verreiben mit Milchzucker verdünnt.
D-, C- und Q-Potenzen
Das Potenzieren erfolgt - wie bereits oben ausgeführt - stufenweise, und zwar in Dezimalpotenzen (lateinisch decem: zehn), die mit D abgekürzt werden, in mit C gekennzeichneten Centesimalpotenzen (lateinisch centum: hundert) oder in 50 000er-Schritten (Bezeichnung LM oder Q; die römischen Zahlen L und M stehen für 50 beziehungsweise 1000, Q, die Abkürzung für quinquagintamilia, für 50 000). Wie hoch ein Mittel potenziert wurde, wird durch Kürzel bezeichnet. So ist beispielsweise D 12 ein Mittel, das durch zwölfmaliges Verdünnen im Verhältnis 1 : 10 und anschließendes Verschütteln aus der Urtinktur hervorgegangen ist. Zwar ist die mathematische Verdünnung bei D 12 identisch mit derjenigen bei C 6 (sechs 1 : 100-Schritte), doch kommt es laut Hahnemann gerade auf den schrittweisen Potenzierungsvorgang an.
Mittel bis D 6 werden meist als Tiefpotenzen bezeichnet, der Bereich der mittleren Potenzen wird je nach homöopathischer Richtung zwischen D 7 und D 12 oder auch erst zwischen C 12 und C 30 angesetzt, darüber spricht man von Hochpotenzen. Üblicherweise werden bei Tiefpotenzen häufigere und mehrfache Gaben, bei Hochpotenzen seltenere oder einmalige Gaben verschrieben.
Tinkturen und Globuli
Homöopathische Arzneimittel können in Form von Lösungen (Dilutionen, abgekürzt Dil.), zu Tabletten gepressten Verreibungen (Triturationen, abgekürzt Trit.) oder als Globuli verabreicht werden. Ein Globulus (lateinisch für Kügelchen) ist die häufigste Darreichungsform in der klassischen Homöopathie. Es handelt sich um ein nur wenige Milligramm wiegendes Milchzuckerkügelchen, das mit einer homöopathischen Arznei in der gewünschten Potenzierungsstufe (in flüssiger Form) benetzt und anschließend getrocknet wird. Globuli werden bei D- und C-Potenzen eingenommen und im Mundraum aufgelöst (nicht verschluckt) oder in einem Glas Wasser aufgelöst (wobei sie nicht mit einem Metalllöffel verrührt werden dürfen) und dieses in kleinen Schlucken getrunken. Die Einnahme von LM-/Q-Potenzen ist wesentlich schwieriger und erfordert weitere »Zubereitungsschritte« seitens des Patienten.
Erklärungsversuche und Kritik
Es gibt eine Vielzahl von Untersuchungen über die Wirksamkeit der Homöopathie, die zu unterschiedlichen, bei kontrollierten Versuchen meist zu negativen Ergebnissen kommen. Entsprechend ist die Homöopathie in Fachkreisen nach wie vor höchst umstritten. Auf der einen Seite stehen die Gegner der Homöopathie, die behaupten, diese weise nur eine Placebowirkung auf (wobei wieder andere Studien diese objektive Heilung durch das falsche subjektive Bewusstsein, man bekomme ein Heilmittel, auch bei vielen schulmedizinischen Verfahren belegt haben). Auf der anderen Seite halten die Homöopathieanhänger dagegen, dass auch Säuglinge, Tiere und kritisch eingestellte Menschen auf homöopathische Behandlungen ansprechen und in diesen Fällen die Heilerfolge nicht auf »Einbildung« beruhen könnten. Vor allem im Bereich der chronischen Krankheiten seien homöopathische Methoden durchaus erfolgreich und möglicherweise der Schulmedizin sogar überlegen.
Betrachtung aus naturwissenschaftlicher Sicht
Es gibt viele Versuche, die Wirkung der Homöopathie mit unseren heutigen naturwissenschaftlichen Kenntnissen zu erklären. Bei den Tiefpotenzen ist ein Effekt durch die vorhandenen Wirkstoffe durchaus erklärbar. Schwieriger wird es bei den Hochpotenzen. Es lässt sich leicht ausrechnen, dass etwa ab der Potenz D 24 oder C 12 mit hoher Wahrscheinlichkeit kein einziges Molekül des Wirkstoffs mehr in der Lösung vorhanden ist, denn D 24 bedeutet eine Verdünnung im Verhältnis 1 : 1 024, dagegen enthält ein Kubikzentimeter Wasser überhaupt nur 3 × 1 022 Moleküle. In einem materialistischen Weltbild ohne die Annahme von rein »geistigen« Wirkungen und Seinsformen ist es daher schwer, die Wirkung der Homöopathie zu erklären.
Naturwissenschaftlich orientierte Homöopathen versuchen die Wirkung der Mittel heute üblicherweise mit der »Imprinttheorie« (so viel wie Abdrucktheorie) zu erklären. Diese besagt, dass beim Potenzieren durch das heftige Schütteln der Lösung »Energie« zugeführt wird. Dadurch soll das Lösungsmittel die »Information« der Wirksubstanz aufnehmen und beim weiteren Verdünnen eventuell noch verstärken. Der Organismus des Menschen besitzt nach dieser Theorie die Fähigkeit, diese Information zu erkennen und darauf zu reagieren. Aus heutiger naturwissenschaftlicher Sicht ist diese Theorie nicht nachvollziehbar.
Als weiterer Kritikpunkt wird angeführt, dass das verwendete Lösungsmittel nie zu 100 % rein ist, sondern - wie jedes Lösungsmittel - notwendigerweise auch Spuren von anderen Stoffen enthält. Bei hohen Potenzen ist dann die Konzentration dieser Verunreinigungen höher als die des Wirkstoffs selbst. Trotzdem soll nur und gerade dieser eine Wirkstoff die heilende Wirkung im Körper hervorrufen. Auch die Richtigkeit des Ähnlichkeitsprinzips selbst wird von vielen angezweifelt. Schließlich wird von den Gegnern auch betont, dass die Homöopathie, zumindest in den Tiefpotenzen, nicht frei von Nebenwirkungen ist.
Homöopathische Arzneimittel werden in Deutschland als Arzneimittel der »besonderen Therapierichtungen« bezeichnet und sind grundsätzlich apothekenpflichtig. Mittel bis D 3 werden behandelt wie andere Arzneistoffe auch, sie benötigen also eine Zulassung vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Je nach Inhaltsstoff sind sie eventuell rezeptpflichtig, und ihnen muss ein Beipackzettel mit den vorgeschriebenen Informationen beigelegt sein. Bei Potenzen ab D 4 ist eine Zulassung nicht mehr erforderlich, der Hersteller muss sie lediglich registrieren lassen und nachweisen, dass sie gemäß dem Homöopathischen Arzneibuch hergestellt sind. Im Jahre 1994 betrug der Marktanteil der homöopathischen Mittel am Gesamtvolumen der Arzneimittel etwa 1,3 %.
Die homöopathisch ausgerichteten Mediziner sind in Deutschland im Deutschen Zentralverein homöopathischer Ärzte organisiert. Ärzte können die Zusatzbezeichnung Homöopath durch eine intensive theoretische und praktische Weiterbildung erwerben, die von den Landesärztekammern geregelt wird. Allerdings ist jeder approbierte Arzt auch ohne diese Ausbildung befugt, homöopathische Heilmittel zu verschreiben. Homöopathische Behandlungen dürfen auch von Heilpraktikern vorgenommen werden, jedoch dürfen diese keine rezeptpflichtigen Arzneimittel verschreiben. Da es keine allgemein verbindliche gesetzliche Regelung für die Homöopathie gibt, können dem Patienten unter dieser Bezeichnung sehr unterschiedliche Verfahren angeboten werden. Daher sollte er sich auf jeden Fall über die im speziellen Fall vertretene Richtung der Homöopathie informieren.
Homöopathie
[von griechisch páthos »Leiden«] die, -, von dem Arzt S. Hahnemann begründetes (seit 1807 Homöopathie genanntes) Behandlungsverfahren. Zu den wesentlichen Grundlagen der Homöopathie gehört die Vorstellung, dass Gleiches durch Gleiches geheilt werden soll: Similia similibus curentur (Ähnlichkeitsregel, Simile-Prinzip). Dementsprechend ist nach homöopatischer Auffassung das homöopatische Arzneimittel am besten für die Behandlung eines bestimmten Krankheitszustandes geeignet, das beim Gesunden Symptome hervorruft, die möglichst weitgehend mit denen des zu behandelnden Patienten übereinstimmen. Mit dem besten Therapieerfolg kann demnach dann gerechnet werden, wenn das durch das Arzneimittel hervorgerufene Symptomenspektrum, das Arzneimittelbild, dem Krankheitsbild möglichst vollständig entspricht.
Charakteristisch für homöopatische Arzneimittel ist ferner das so genannte Potenzieren. Die Ausgangssubstanzen beziehungsweise Ausgangszubereitungen (Ursubstanzen, Urtinkturen) werden bei der Herstellung von Homöopathika durch Zusatz von verdünntem Äthylalkohol und kräftigem, zehnmaligem Schütteln oder durch intensives Verreiben mit Milchzucker in der Regel 1:10 (Dezimalpotenz, D) oder 1:100 (Centesimalpotenz, C) nach naturwissenschaftlicher Auffassung verdünnt, nach homöopatischer Überzeugung potenziert, d. h., in ihrer Wirkung (überproportional) gesteigert. Der Grad der Potenzierung wird durch die Zahl der Potenzierungsschritte angegeben. D 30, eine vielfach verwendete Potenz, bedeutet beispielsweise eine Verdünnung von 1:1030.
Seit den Anfängen der Homöopathie waren und sind das Simile-Prinzip und das Potenzieren sowie insgesamt die Wirksamkeit homöopatischer Arzneimittel umstritten. Während von den Anhängern der Homöopathie auf die zahlreichen Erfolge einer homöopatischen Behandlung hingewiesen wird, gehen nach Meinung von Schulmedizinern die mit Homöopathika zu erzielenden Effekte über die eines Placebos nicht hinaus. Eine definitive Entscheidung, die nur durch geeignete kontrollierte Studien erreicht werden könnte, steht aus.
G. Köhler: Lb. der H., 2 Bde. (3-61994).
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Ho|mö|o|pa|thie, die; - [zu griech. homoiopathe̅́s = in ähnlichem Zustand, ähnlich empfindend, zu: páthos, ↑Pathos]: Heilverfahren, das bei der Behandlung von Krankheiten nicht gegen die Krankheitssymptome gerichtete Substanzen einsetzt, sondern bei dem Substanzen verwendet werden, die hoch dosiert bei gesunden Personen ähnliche Krankheitssymptome hervorrufen wie die Krankheiten, gegen die sie angewandt werden.
Universal-Lexikon. 2012.