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Kulturanthropologie
Kul|tur|an|thro|po|lo|gie auch: Kul|tur|anth|ro|po|lo|gie 〈f. 19; unz.〉 Teilgebiet der Anthropologie, das sich mit der menschl. Kultur befasst

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Kul|tur|an|thro|po|lo|gie, die:
Anthropologie, die bes. den Aspekt der Kultur (1 b) berücksichtigt.

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I
Kulturanthropologie,
 
humanwissenschaftliche Disziplin, die neben dem biologischen und philosophischen Aspekt der Forschung am Menschen insbesondere den der Kultur berücksichtigt. Sie befasst sich v. a. mit den morphologischen und psychologischen Voraussetzungen und Bedingungen der Kulturentstehung und -entwicklung sowie den stammesgeschichtlich vorprogrammierten Anteilen der menschlichen Weltauffassung. Darüber hinaus ist es Aufgabe der Kulturanthropologie, aus dem biologisch-anthropologischen sowie dem verhaltens- und kulturwissenschaftlichen Stoff das für den Menschen Charakteristische herauszuarbeiten.
 
In den angelsächsischen Ländern wird als Kulturanthropologie (Cultural anthropology) darüber hinaus die gesamte Völkerkunde bezeichnet. Diese behandelt neben den auch die Kulturanthropologie interessierenden Kulturkonstanten v. a. die Kulturvarianten (Ethnographie) und vergleicht sie miteinander (Ethnologie).
II
Kultur|anthropologie,
 
eine der Soziologie und Völkerkunde nahe stehende Spezialwissenschaft, die aus der vergleichenden Betrachtung der Gesamtheit der empirisch erfassbaren Möglichkeiten der Kulturgestaltung durch den Menschen zu gültigen Aussagen über den Menschen als kulturfähiges Wesen zu gelangen sucht. Der Begriff Kulturanthropologie (englisch cultural anthropology) geht auf E. B. Tylor (»Primitive culture«, 2 Bände, 1871) zurück und wird in Nordamerika (neuerdings auch im deutschen Sprachraum) etwa gleichbedeutend mit Ethnologie verwendet.
 
Gegen Ende der 1920er-Jahre entstand im Rahmen der v. a. in Deutschland entwickelten philosophischen Anthropologie (M. Scheler, H. Plessner) eine auf J. G. Herder und W. Dilthey zurückgreifende Kulturanthropologie, die Kultur als einen Lebensrahmen der Menschen betrachtet, mit dem sie die Mängel ihrer Naturausstattung (Instinktarmut, mangelnde Spezialisierung) auszugleichen vermögen (E. Rothacker). Nach dem Zweiten Weltkrieg standen die dynamischen Elemente des Verhältnisses von Mensch und Kultur (Sprache, Kunst u. a.) verstärkt im wissenschaftlichen Blickfeld (A. Gehlen, D. Claessens).
 
Eine sozialwissemschaftlich-empirische Richtung entwickelte sich in den 20er-Jahren in den USA im Anschluss an die Forschungen von F. Boas. Einflussreich waren die Studien von Ruth Benedict, Margaret Mead und M. J. Herskovits, die sich auf die Methoden des Kulturrelativismus stützten. Heute umfasst die sozialwissenschaftliche Kulturanthropologie zum einen die Beschreibung und den Vergleich verschiedener Kulturen als Sinnsysteme und Rahmen menschlichen Handelns, zum anderen verstärkt die Beschäftigung mit der Kulturleistung der Sprache. (Anthropologie, Kultur)
 
Literatur:
 
W. Rudolph: Die amerikan. »Cultural anthropology« u. das Wertproblem (1959);
 
K., hg. v. W. E. Mühlmann u. a. (1966);
 A. Gehlen: Anthropolog. Forsch. (Neuausg. 1981);
 I.-M. Greverus: Kultur u. Alltagswelt (Neuausg. 1987);
 M. Harris: K. Ein Lehrb. (a. d. Amerikan., 1989);
 C. von Barloewen: Vom Primat der Kultur. Essays zur vergleichenden Kulturbetrachtung (1990);
 F. R. Vivelo: Hb. der K. (a. d. Amerikan., 21995).

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Kul|tur|an|thro|po|lo|gie, die: Anthropologie, die bes. den Aspekt der ↑Kultur (1 b) berücksichtigt.

Universal-Lexikon. 2012.