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Regelungstechnik
Steuertechnik; Kybernetik

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Re|ge|lungs|tech|nik 〈f.; -; unz.〉 = Regeltechnik

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Regelungstechnik,
 
eine der Grundlagen der Automatisierung technischer Abläufe. Die Regelungstechnik hat die Aufgabe, v. a. in technischen Anlagen physikalischer Größen (z. B. Druck, Füllstand, Temperatur), die Regelgrößen, trotz des Einwirkens äußerer Störungen (Störgröße), konstant zu halten oder, allgemeiner, dem zeitlichen Verlauf einer vorgegebenen Führungsgröße möglichst genau nachzuführen. Der Unterschied zur Steuerungstechnik liegt im Prinzip der Rückführung (Rückkopplung), das man sowohl in lebenden Organismen wie in ökonomischen und soziologischen Systemen vorfindet. Man kann die Regelungstechnik daher auch als den technischen Zweig der Kybernetik definieren. Wie diese verbindet die Regelungstechnik viele (technische) Disziplinen, indem sie die Vielfalt geregelter technischer Systeme auf die Grundform des Regelkreises zurückführt. Demzufolge treten nur zwei rückwirkungsfreie Bauglieder auf, die Regelstrecke, die von der vorgegebenen technischen Anlage gebildet wird, und der Regler, der das Zeitverhalten der Strecke kontrolliert und auf sie gegebenenfalls korrigierend einwirkt. Dabei kommt ein geschlossener Wirkungsweg zustande. Die im Regelkreis wirksame Rückführung ist, zumindest solange man hinreichend langsame zeitliche Änderungen betrachtet, eine Gegenkopplung. Dies schließt aber nicht aus, dass der Regelkreis für gewisse Frequenzen ein mitgekoppeltes System darstellt und somit die Gefahr der Selbsterregung von Schwingungen (v. a. bei hohen Regelgenauigkeiten und kleinen Laufzeiten) besteht. Daher stellt sich beim Entwurf einer Regelung stets die Frage nach der Stabilität.
 
Bei der Flüssigkeitsstandsregelung ist die Regelgröße der Flüssigkeitsstand. Sinkt er, öffnet der Regler (hier aus Schwimmer und Differenzialhebel gebildet) den Schieber (Stellglied) und wirkt dadurch dem Absinken des Flüssigkeitsspiegels entgegen. Umgekehrt schließt er den Schieber, wenn der Flüssigkeitsstand steigt. Als Störgröße kommen bei dieser Anordnung Schwankungen des Drucks im Zulaufrohr infrage. Die Führungsgröße kann durch Verschieben des Hebeldrehpunkts eingestellt werden. Die abgebildete Temperaturregelung ist eine Zweipunktregelung mit einem Schaltmechanismus als Regler, der einen Kontakt schließt und damit die Heizung einschaltet, sobald er einen Istwert der Raumtemperatur unterhalb des Sollwerts misst. Umgekehrt schaltet er wieder aus, wenn er eine positive Regelabweichung feststellt.
 
Der Entwurf einer Regelung besteht im Allgemeinen aus 1) theoretischer oder experimenteller Analyse des Zeitverhaltens der vorgegebenen Regelstrecke, üblicherweise einer Ermittlung des Frequenzgangs oder der Übergangsfunktion; 2) Festlegung einer der Strecke angemessenen Reglerstruktur, wobei in einfachen Fällen eine Auswahl aus den Grundtypen (P-Regler, I-Regler, PI-Regler, PD-Regler oder PID-Regler) genügt; 3) Dimensionierung der Reglerparameter (Verstärkungsfaktoren und Zeitkonstanten), dabei ist die Stabilität des Regelkreises sicherzustellen. Dazu kommt eine für das Einschwingen des Regelkreises (beim Übergang von einem Beharrungszustand zu einem anderen) günstige Dämpfung. Einen anderen Weg, geeignete Reglerparameter zu bestimmen, bildet die Optimierung des Regelkreises; 4) gerätetechnische Realisierung des Reglers, hierbei ist z. B. zu wählen zwischen mechanischen, hydraulischen, pneumatischen oder elektrischen Ausführungen, im Vordergrund stehen Fragen der nötigen Leistung und der Kosten. Ausschlaggebend für das Verhalten eines Regelkreises sind die Übertragungseigenschaften der Bestandteile. Diese Eigenschaften werden mithilfe von Testsignalen ermittelt, auf die eine charakteristische Systemantwort erfolgt.
 
Neben den einfachen Regelkreisen treten in der Regelungstechnik auch kompliziertere Strukturen auf, etwa in Form von Hilfsregelkreisen (unterlagerten Regelkreisen, Kaskadenregelungen). Hier werden zur Verbesserung des Zeitverhaltens an der Strecke »Hilfsregelgrößen« abgegriffen und über zusätzliche Regler (Hilfsregler) rückgeführt, wodurch Störeinflüsse früher erfasst und damit besser ausgeregelt werden können. Eine noch stärkere Vermaschung von Regelkreisen liegt bei Mehrfachregelungen vor. Die Regelstrecke liefert hier mehrere Regelgrößen, die gleichzeitig zu regeln sind. Dazu stehen meist auch mehrere Stellgrößen zur Verfügung (Beispiel: Klimaregelung als gleichzeitige Regelung von Temperatur und Luftfeuchtigkeit). Eine wesentliche Maßnahme ist hierbei die Entkopplung der Regelkreise, die auf mehrere einschleifige Regelkreise zurückführt. Schließlich gibt es Strecken, deren räumliche Ausdehnung nicht vernachlässigt werden darf (Systeme mit örtlich verteilten Parametern). Beispiele sind Wärmetauscher, chemische Rohrreaktoren und elektrische Leitungen. Bei diesen Systemen stellt sich häufig die Aufgabe, ein bestimmtes örtliches Profil der Regelgröße, z. B. einen örtlichen Verlauf der Temperatur, durch die Regelung zu verwirklichen und aufrechtzuerhalten.
 
Einen wichtigen Typ von Regelsystemen bilden die Abtastregelungen, bei denen die Regelgröße nur in bestimmten diskreten Zeitpunkten gemessen wird, z. B. bei der Probenentnahme aus chemischen Apparaturen. - Unterliegen die Parameter des Regelkreises zeitlichen Schwankungen, greift man oft zu selbstanpassenden (adaptiven) Regelungen. In einer Hierarchie von Reglern hat hier der übergeordnete Regelkreis die Parameterwerte des untergeordneten als Regelgrößen, deren Schwankung er entgegenzuwirken hat.
 
Bei einer Regelung mit Störgrößenaufschaltung liegt eine Kombination von Steuerung und Regelung vor. Dabei werden Regelgröße und Störgröße gemessen, wobei die Steuerung unmittelbar auf eine Änderung der Störgröße antwortet. Die Regelung wirkt als Korrekturorgan, mit dem kleinere, nach der Reaktion der Steuerung noch verbleibende Abweichungen der Regelgröße vom Sollwert beseitigt werden.
 
Literatur:
 
J. Unger: Einf. in die R. (21992);
 
R. Einf. in die Methoden u. ihre Anwendung, bearb. v. O. Föllinger (81994);
 H. Unbehauen: R., 3 Bde. (5-91995-97);
 L. Merz u. H. Jaschek: Grundkurs der R. (131996).

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Re|ge|lungs|tech|nik, die <Pl. selten> (Kybernetik): Verfahren der ↑Regelung (2).

Universal-Lexikon. 2012.