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Lukrez
Lukrez,
 
eigentlich Titus Lucretius Carus, lateinischer Dichter, * wohl 97 v. Chr., ✝ 55 v. Chr.; über sein Leben ist kaum etwas bekannt; sein einziges Werk ist das älteste erhaltene lateinische Lehrgedicht »De rerum natura« (»Über die Natur der Dinge«). In dem in 6 Bücher unterteilten Hexameterepos gewinnt das Weltbild Epikurs dichterischen Gestalt. Vom materialistischen Standpunkt aus gibt Lukrez hier eine Darstellung der Kosmologie, Anthropologie und Psychologie, mit dem Ziel, die Menschheit von Götterfurcht, Aberglauben und Angst vor dem Tode zu befreien. Alle scheinbaren Wunder sucht er mithilfe der Vernunft zu deuten. Das Werk beginnt mit einem Hymnus auf Venus als Erzeugerin alles Lebendigen, behandelt im Folgenden die Materie und den leeren Raum als Grundprinzipien der Welterklärung (Buch 1), Bewegung und Mischung der Atome als Ursachen allen Geschehens (Buch 2), Geist und Seele des Menschen (Buch 3), Sinneswahrnehmung, Vorstellungen und Triebe (Buch 4), Weltentstehung und Kulturentwicklung (Buch 5) und liefert schließlich natürliche Erklärungen einzelner Naturphänomene wie Donner, Blitz oder Erdbeben (Buch 6). Das Werk war beim Tode des Lukrez noch nicht abgeschlossen und wurde wahrscheinlich von Cicero aus dem Nachlass herausgegeben. Seine Wirkung setzte in der Renaissance ein, besonders intensiv war sie bei den französischen Materialisten des 17. Jahrhunderts (P. Gassendi). In Deutschland war K. L. Knebels Übersetzung (1821) von großer Bedeutung.
 
Ausgaben: Die Welt aus Atomen, herausgegeben von K. Büchner (1956); De rerum natura, herausgegeben von Conrad Müller (1975); De rerum natura libri VI, herausgegeben von C. Bailey, 3 Bände (Neuausgabe 1986); De rerum natura, herausgegeben von H. Diels, 2 Bände (Neuausgabe 1992).
 
Literatur:
 
P. Boyancé: Lucrèce. Sa vie, son œuvre. Avec un exposé de sa philosophie (Paris 1964);
 P. Boyancé: Lucrèce et l'épicuréisme (ebd. 21978);
 E. J. Kenney: Lucretius (Oxford 1977);
 C. A. Gordon: A bibliography of Lucretius (Winchester 21985);
 
Probleme der L.-Forschung, hg. v. C. J. Classen (1986).
 

Universal-Lexikon. 2012.