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wagen
auf schmalem Grat wandern; mutig sein; in tiefes Wasser gehen; Risiko auf sich nehmen; trauen; (sich) aus dem Fenster lehnen (umgangssprachlich); riskieren; versuchen; erproben; sein Glück versuchen (umgangssprachlich); (sich) herantrauen (an); austesten; ausprobieren; testen; hineinschnuppern; probieren; sich überwinden; sich trauen; sich ein Herz fassen; über seinen Schatten springen; seinen Mut zusammennehmen

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wa|gen ['va:gn̩]:
1. <tr.; hat ohne die Gefahr, das Risiko zu scheuen, etwas tun, dessen Ausgang ungewiss ist; um jmds., einer Sache willen ein hohes Risiko eingehen:
viel, einen hohen Einsatz, sein Leben wagen.
Syn.: aufs Spiel setzen, sich getrauen, riskieren, sich 1 trauen.
2.
a) <tr.; hat trotz der Möglichkeit eines Fehlschlages, Nachteils o. Ä., des Heraufbeschwörens einer Gefahr den Mut zu etwas haben:
einen Versuch wagen; niemand wagte [es], ihm zu widersprechen; ich wage nicht zu behaupten (bin durchaus nicht sicher), dass dies alles richtig ist.
Syn.: sich anmaßen, sich erdreisten (geh.), sich getrauen, riskieren, sich 1 trauen, sich unterstehen.
b) <+ sich> den Mut haben, sich nicht scheuen, irgendwohin zu gehen:
sie wagt sich nicht mehr auf die Straße, aus dem Haus.
Syn.: sich getrauen, sich 1 trauen.
Zus.: heranwagen, hereinwagen, herwagen, hinauswagen, hineinwagen, hinwagen, vorwagen.

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wa|gen 〈V. tr.; hatsich trauen, den Mut aufbringen, haben (etwas zu tun) ● erst wägen, dann \wagen 〈Sprichw.〉; wer (nicht) wagt, (der nicht) gewinnt; ich wage mich nicht aus dem Haus 〈umg.〉; soll ich's \wagen, ihn darum zu bitten?; ich wage es nicht zu tun ● alles \wagen, um alles zu gewinnen; sein Leben \wagen sein L. einsetzen, aufs Spiel setzen, riskieren; keinen Widerspruch \wagen ● das Kind wagte nicht, ihn anzublicken; er wagte kein Wort zu sagenfrisch gewagt ist halb gewonnen 〈Sprichw.〉 ● gewagtes Unternehmen gefährl. U.; ein gewagter Witz nicht salonfähiger W.; es scheint mir (zu) gewagt, das zu tun zu gefährlich [eigtl. „in die Waagschale werfen“; <Waage in der fig. Bedeutung „ungewisser Ausgang“]

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Wä|gen [ahd. wegan = bewegen, wiegen]; gemeinspr. Syn.: wiegen: fachspr. Bez. für die Bestimmung der Masse eines – im Allg. in Wägegläsern, Wägeschiffchen, Wägepipetten u. dgl. transportierten – Stoffes (Wägung) mittels einer Waage.

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wa|gen <sw. V.; hat [mhd. wāgen, zu: wāge (Waage) u. eigtl. = etw. auf die Waage legen, ohne zu wissen, wie sie ausschlägt]:
1. ohne die Gefahr, das Risiko zu scheuen, etw. tun, dessen Ausgang ungewiss ist; um jmds., einer Sache willen ein hohes Risiko eingehen:
viel, alles, manches, einen hohen Einsatz, sein Leben, seine Ehre, seinen guten Ruf w.
2.
a) trotz der Möglichkeit eines Fehlschlags, eines Nachteils o. Ä., des Heraufbeschwörens einer Gefahr den Mut zu etw. haben; sich nicht scheuen, etw. zu tun:
einen Versuch, ein Experiment, ein Spiel, eine Wette, eine Operation, einen Staatsstreich, die Flucht w.;
keinen Blick w.;
kann, soll man das w.?;
keiner wagte [es] (traute sich), ihr zu widersprechen;
ich wage nicht zu behaupten (bin durchaus nicht sicher), dass dies alles richtig ist;
Spr wer nicht wagt, der nicht gewinnt;
frisch gewagt ist halb gewonnen (nach Horaz, Episteln I, 2, 40);
b) <w. + sich> den Mut haben, sich nicht scheuen, irgendwohin zu gehen:
sie wagt sich nicht mehr auf die Straße, aus dem Haus, unter Menschen;
Ü sich an ein heikles Thema, eine schwierige Aufgabe w.

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Wagen
 
[althochdeutsch wagan, eigentlich »das sich Bewegende«, zu wegan »in Bewegung setzen«],
 
 1) Astronomie: Bezeichnung für zwei von den hellsten Sternen der Sternbilder Großer Bär und Kleiner Bär gebildete Konfigurationen (Großer Wagen und Kleiner Wagen).
 
 2) Fahrzeugbau: meist zweiachsiges Räderfahrzeug zum Transport von Personen, Gütern u. a. (z. B. Kraftwagen, Eisenbahnwagen, Anhänger); im ursprünglichen Sinn ein bespanntes, d. h. von Zugtieren (v. a. Pferden) gezogenes Fuhrwerk mit drehbarer Vorderachse und damit verbundener Deichsel (z. B. Droschke, Kutsche, Ackerwagen). Die Räder laufen auf den Achsschenkeln der Achsen. Damit sie auch Seitenkräfte aufnehmen können, sind sie gegen die Fahrzeuglängsachse geneigt (Radsturz). Personenwagen und viele Ackerwagen besitzen eine Federung.
 
Geschichtliches:
 
Der Wagen entwickelte sich mit der Erfindung des Rades im 4. Jahrtausend v. Chr. vielleicht aus der Schleife (Schlitten). Er hatte vier oder zwei Scheibenräder auf starren Achsen; Wagen mit zwei Scheibenrädern erhielten im 3. Jahrhundert in Mesopotamien einen Deichselbock. Um 2000 v. Chr. kam das Rad mit Speichen in Nordmesopotamien auf. Der Wagen diente als Kultwagen sowie zu Transport- und Kriegszwecken. Man lernte bald, Zugtiere (Rind, Wildesel, Pferd) anzuschirren. Der zweirädrige, von Pferden gezogene, leichte Streitwagen mit Speichenrädern spielte seit der 1. Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr. eine wesentliche Rolle. Auch der Norden kannte seit der Bronzezeit Streit- und Lastwagen. Bei den Griechen und Römern erlangte der Wagenverkehr große Bedeutung. Die griechische Antike kannte vielleicht schon den in Riemen am Fahrgestell hängenden Wagenkasten (Homer). Allerdings ermöglichte das Zuggeschirr der Antike dem Pferd nicht, größere Lasten zu ziehen. Das Kummetgeschirr, durch dessen Verwendung der Transport größerer Lasten möglich wurde, war in China seit dem 5. Jahrhundert n. Chr. allgemein verbreitet (vereinzelt schon seit dem 4./3. Jahrhundert v. Chr. nachweisbar), in Europa trat es erst seit dem 9./10. Jahrhundert auf. Eine Folge der neuen Anschirrung war wohl die Erfindung der drehbaren Vorderachse (Drehschemel) im 13. Jahrhundert, durch die der Wagen wendig wurde (Kurvenfahren); wahrscheinlich aber war der Drehschemel schon den Kelten bekannt. Im 12./13. Jahrhundert (in China früher) kam das Ortscheit (Zugscheit) auf, das bewegliche Querholz, an dem die Zugstränge befestigt werden. Der Schubkarren tauchte in Europa im 13. Jahrhundert auf; China kannte ihn schon um 230 v. Chr.
 
Wagenkasten und Fahrgestell waren im Mittelalter meist starr verbunden. Eine Verbesserung brachte die Mitte des 15. Jahrhunderts aufkommende Kutsche, bei der der Wagenkasten am Fahrgestell mittels Ketten, Lederriemen oder Seilen aufgehängt war. Im 17. Jahrhundert kamen Mietkutschen auf, so die Fiacres (Fiaker) in Paris um 1650. Eiserne Wagenfedern begegnen uns seit dem 17. Jahrhundert Eine Verbesserung der Kutschenbauart war die leicht gebaute, gut lenkbare Berline (um 1665). Die Staats- und Prunkwagen des 17. und 18. Jahrhunderts bezeichnete man allgemein als Karossen. Ein neuartiger Wagen, mit dem Joseph I. 1704 von Wien nach Landau in der Pfalz fuhr, war der Landauer. Friedrich Wilhelm I. führte um 1740 in Berlin Mietwagen nach russischem Vorbild ein (Droschke). Der geschlossene Postwagen (Postkutsche) entstand im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts. Neben die alte Drehschemellenkung des vierrädrigen Wagen trat 1816 die Achsschenkellenkung, die im Kraftwagenbau besondere Bedeutung erlangte. 1818 wurde der von Pferden gezogene Omnibus eingeführt. Im 19. Jahrhundert nahm der Formenreichtum der Wagen zu. Simon Kremser (✝ 1849) gründete 1825 in Berlin ein Fuhrunternehmen mit gut gefederten Wagen für 10 bis 20 Personen (Kremserwagen). Aus Großbritannien kam der Break, ein offener vierrädriger Gesellschaftswagen für sechs bis acht Personen. Ein sportlicher zweirädriger Luxuswagen mit dem Kutschersitz hinter den Fahrgästen wurde 1834 von Joseph Aloysius Hansom (* 1803, ✝ 1882) gebaut (Hansom cab). Die Luftbereifung für Wagenräder erfand 1845 der Engländer Robert William Thomson (* 1822, ✝ 1873). Der Pferdewagen wurde seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert mehr und mehr durch das Automobil verdrängt.
 
Die Bemühungen, selbstfahrende Wagen zu bauen, sind alt. Bis zum 18. Jahrhundert, als der erste Straßendampfwagen (Dampfwagen) gebaut wurde, kamen aber nur menschliche Muskelkraft oder Windkraft als Antrieb infrage. Entwürfe zu Muskelkraftwagen begegnen uns besonders im 15. und 16. Jahrhundert (u. a. 1526 A. Dürers Entwürfe von »selbstfahrenden« Wagen, die durch Treträder, Kurbeln und Haspeln von Menschen bewegt werden). Wirklich gebaute Muskelkraftwagen sind die Fahrzeuge der Nürnberger Hans Hautsch (* 1595, ✝ 1670) und Stephan Farfler (* 1633, ✝ 1689) von 1649 beziehungsweise 1685. Der Wind als Antriebskraft wurde bei den Segelwagen benutzt (z. B. in Ägypten, 2. Jahrtausend v. Chr.; S. Stevin 1599/1600).
 
Literatur:
 
Achse, Rad u. W. 5 000 Jahre Kultur- u. Technikgesch., hg. v. W. Treue (Neuausg. 1986);
 F. Fediger u. a.: Klass. W. 1919-1939 (1994).
 
 3) Maschinenbau, Feinwerktechnik: Maschinenteil zur Führung eines Gegenstandes, z. B. an der Schreibmaschine zur Führung des Papiers.

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Wa|gen, der; -s, -, südd., österr. auch: Wägen [mhd. wagen, ahd. wagan, verw. mit 1bewegen, eigtl. = das Sichbewegende, Fahrende]: 1. a) dem Transport von Personen od. Sachen dienendes, auf Rädern rollendes Fahrzeug, das mit einer Deichsel versehen ist u. von Zugtieren (bes. Pferden) gezogen wird: ein kleiner, großer, leichter, schwerer, zwei-, vierrädriger, geschlossener, offener, von zwei Pferden gezogener W.; der W. rollt über die Straße, holpert durch die Schlaglöcher; den W. lenken, fahren, mit Pferden bespannen; die Pferde an den, vor den W. spannen; auf dem W., im W. sitzen; *der Große W., der Kleine W. (der Große Bär, der Kleine Bär); abwarten/sehen o. Ä., wie der W. läuft (ugs.; abwarten, wie sich die Sache entwickelt, was aus der Sache wird); jmdm. an den W. fahren/(salopp:) pinkeln/(derb:) pissen 1(↑Karre 1 a); sich nicht vor jmds. W. spannen lassen 1(↑Karre 1 b); b) kurz für ↑Handwagen: sie zog einen kleinen vierrädrigen W. hinter sich her; soll ich den W. mal schieben?; c) kurz für ↑Kinderwagen: das Baby in den W. legen; d) kurz für ↑Servierwagen: Die Vorspeisen wurden auf kleinen W. herbeigerollt (Remarque, Triomphe 54); e) kurz für ↑Einkaufswagen: bitte bringen Sie Ihren W. an die Sammelstelle zurück. 2. von einer Lokomotive, einem Triebwagen gezogener einzelner Teil einer auf Schienen laufenden Bahn: ein vierachsiger W.; der letzte W. [des Zuges] ist entgleist; ein W. (Straßenbahnwagen) der Linie 8; einen W. ankuppeln, anhängen, abkuppeln, abhängen; ein Zug mit 20 W. 3. Kraft-, Personenwagen: ein sportlicher, offener, geschlossener, komfortabler, eleganter, großer, geräumiger, teurer, schnittiger, sicherer W.; der W. ist sehr sparsam, ist ziemlich schnell, beschleunigt gut, hat 50 kW, läuft ruhig, liegt gut auf der Straße, muss zur Inspektion; ihr W. geriet ins Schleudern, überschlug sich; Denn das Auto - oder wie man vornehmer sagt, „der W.“ - ist weit mehr als nur ein bequemes Mittel schneller und angenehmer Bewegung (Bodamer, Mann 82); er parkte, wendete den W.; was für einen W. fahren Sie?; die Taxizentrale soll sofort einen W. (ein Taxi) zum „Goldenen Pflug“ schicken; dass eine Autofirma dem Film-Helden einen W. kostenlos zur Verfügung stellte, um ein wenig vom Star-Glanz zu erheischen, ist längst zu einem profitablen Geschäftszweig geworden (Woche 28. 2. 97, 20); der Fahrer des -s mit dem Kennzeichen ... wird gebeten, sofort zu seinem Fahrzeug zu kommen; aus dem W., in den W. steigen; jmdn. im W. mitnehmen; die meisten Teilnehmer reisen im eigenen W. an; sie ist viel mit dem W. unterwegs. 4. (Technik) Schlitten (4): der W. der Schreibmaschine.

Universal-Lexikon. 2012.