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Wilhelm
Wịl|helm, der; -s, -s (ugs. scherzh.):
1. [nach dem früher häufigen m. Vorn. Wilhelm]
falscher W. (1. veraltend; falscher Zopf. 2. ugs. scherzh.; Toupet).
2. Kurzf. von Friedrich Wilhelm.

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I
Wịlhelm,
 
englisch William ['wɪljəm], französisch Guillaume [gi'joːm], niederländisch Wịllem, Herrscher:
 
 Heiliges Röm. Reich:  
 1) Wịlhelm von Họlland, Römischer König (seit 1247), * 1227, ✝ bei Alkmaar 28. 1. 1256; Sohn des Grafen Florenz IV. von Holland (* 1210, ✝ 1237), wurde am 3. 10. 1247 auf päpstliches Betreiben in Worringen (heute zu Köln) als Nachfolger Heinrich Raspes (IV.) zum Gegenkönig gegen Friedrich II. gewählt und am 1. 11. 1248 vom Kölner Erzbischof Konrad von Hochstaden in Aachen gekrönt. Nach Friedrichs Tod und Konrads IV. Hinwendung nach Italien konnte Wilhelm sich mit Unterstützung von Papst Innozenz IV. allmählich durchsetzen, nach Konrads Tod erlangte er, ab 1252 mit den Welfen und Askaniern verschwägert, allgemeine Anerkennung. Er setzte sich im Februar 1255 an die Spitze des 1254 gegründeten Rheinischen Bundes und übernahm damit die Führerschaft dieser alle Stände umfassenden Reichsreformbemühungen. Sein Tod im Kampf gegen die Friesen machte die Ansätze einer neuen politischen Ordnung im Reich zunichte.
 
Literatur:
 
O. Hintze: Das Königtum W.s von Holland (1885);
 D. Hägermann: Studien zum Urkundenwesen W.s von Holland (1977).
 
 Deutsches Reich:  
 2) Wịlhelm I., Deutscher Kaiser (seit 1871) und König von Preußen (seit 1861), * Berlin 22. 3. 1797, ✝ ebenda 9. 3. 1888; zweiter Sohn von König Friedrich Wilhelm III. von Preußen und der Königin Luise; Großvater von 3); nahm an den Feldzügen 1814/15 teil, heiratete 1829 Augusta Prinzessin von Sachsen-Weimar. Mit der Thronbesteigung seines älteren und kinderlosen Bruders Friedrich Wilhelm IV. (1840) erhielt Wilhelm als Thronfolger den Titel »Prinz von Preußen«. Nach seinem Eintreten für eine gewaltsame Niederwerfung der Berliner Märzrevolution von 1848 wurde Wilhelm im Volksmund als »Kartätschenprinz« bezeichnet und so stark angefeindet, dass er für einige Monate nach Großbritannien fliehen musste. Er konnte jedoch bereits im Juni 1848 zurückkehren, wurde in die preußische Nationalversammlung gewählt und leitete 1849 die Niederschlagung des pfälzischen und badischen Aufstands. 1849-54 war er Generalgouverneur von Rheinland und Westfalen, ab 1854 auch Gouverneur der Festung Mainz. Wilhelm residierte in dieser Zeit in Koblenz, wo er unter dem Einfluss seiner dem Liberalismus zugewandten Frau zunehmend in Gegensatz zur konservativen Regierung seines Bruders geriet. Nach der Übernahme der Stellvertretung (Oktober 1857) und Regentschaft (Oktober 1858) für seinen geistig erkrankten Bruder leitete Wilhelm mit der Entlassung des Ministeriums Manteuffel die Politik der Neuen Ära (November 1858) ein. Bald nach seiner Thronbesteigung (2. 1. 1861 Krönung in Königsberg/Pr) geriet er mit der Landtagsmehrheit in Konflikt über die Heeresreform, der sich zum Verfassungskonflikt in Preußen ausweitete. Auf dem Höhepunkt der Krise, als Wilhelm an Abdankung zugunsten seines Sohnes Friedrich dachte, setzten 1862 die streng konservativen Kreise um A. von Roon die Berufung O. von Bismarcks zum Ministerpräsidenten durch (am 23. 9. 1862). Von diesem ließ sich Wilhelm in der Folge meist in entscheidenden Lagen leiten, z. B. beim Abschluss des Zweibunds mit Österreich-Ungarn (1879). Trotz seiner anfänglichen Vorbehalte übernahm er im Deutsch-Dänischen Krieg 1864, im Deutschen Krieg 1866 und im Deutsch-Französischen 1870/71 den Oberbefehl sowie 1867 das Präsidium des Norddeutschen Bundes. In die Proklamation zum Kaiser (Versailles 18. 1. 1871) willigte er erst ein, als er der Zustimmung aller Bundesfürsten sicher war. Durch die Achtung, die Wilhelm allseits genoss, förderte er die Integration der Einzelstaaten in das neu geschaffene Deutsche Reich, ebenso festigte er nochmals den monarchischen Gedanken im Innern.
 
 
Ausgabe: Prinz Wilhelm von Preußen an Charlotte. Briefe 1817-1860, herausgegeben von K.-H. Börner (1993).
 
Literatur:
 
Drei dt. Kaiser. W. I. - Friedrich III. - W. II., hg. v. W. Treue (1987);
 F. Herre: Kaiser W. I. Der letzte Preuße (Neuausg. 1993).
 
 3) Wịlhelm II., Deutscher Kaiser und König von Preußen (1888-1918), * Berlin 27. 1. 1859, ✝ Doorn 4. 6. 1941; Sohn von Kaiser Friedrich III. und der englischen Prinzessin Viktoria, Vater von 4), Enkel von 2), Ȋ in erster Ehe (1881-1921) mit Auguste Victoria, ab 1922 in zweiter Ehe mit Hermine, verwitwete Prinzessin von Schönaich-Carolath, geboren Prinzessin Reuss (* 1887, ✝ 1947). Der zu strenger Einfachheit erzogene Wilhelm stand in seiner Jugend in Opposition zu seinen liberal eingestellten Eltern und war ein großer Verehrer O. von Bismarcks. Bald nach seiner Thronbesteigung (15. 6. 1888 geriet er jedoch durch seine sozialpolitischen Bestrebungen, von denen er eine Aussöhnung der Arbeiterschaft mit dem Staat erhoffte, in schärfsten Gegensatz zu Bismarck, dessen Rücktritt er 1890 veranlasste. Seine Hoffnung, die Reichspolitik selbst zu leiten (»Persönliches Regiment«), trog ebenso wie die ungeduldige Erwartung rascher sozialpolitischer Erfolge. So wandte er sich bald wieder betont konservativen Kräften zu. Im Urteil seiner Kritiker verhinderte seine durch eine körperliche Behinderung mitgeprägte innere Unausgeglichenheit eine klare, stetige Innen- und Außenpolitik (deutsche Geschichte). Seine Freude am Waffenglanz und seine Impulsivität, die in der vorschnellen Unbedachtheit vieler Reden gipfelte, erweckten, v. a. im Ausland, den Anschein despotischer Neigungen und kriegerischer Absichten, obgleich er sich in der politischen Praxis meist konstitutionell verhielt. Nach der Daily-Telegraph-Affäre (1908) sah sich Wilhelm gezwungen, in einer öffentlichen Erklärung größere politische Zurückhaltung zuzusagen. Die Bemühungen der preußischen Regierung um die überfällige Wahlrechtsreform scheiterten u. a. an der fehlenden Unterstützung durch den Kaiser. In das diplomatische Geschehen vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs griff Wilhelm nicht ernsthaft ein und trat bald in den Hintergrund. Er verstand sich als ausgleichende Kraft und begrüßte die Politik des »Burgfriedens« (»Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche«, 1914); im Kriegsverlauf wurde er jedoch von der Obersten Heeresleitung und dem Reichstag immer mehr zurückgedrängt. In der Vereinigung friderizianischer Tradition mit dem Fortschrittsglauben seiner Zeit war Wilhelm der Repräsentant einer äußerlich glanzvollen Epoche der deutschen Geschichte, die die schweren inneren Spannungen überdeckte (Wilhelminisches Zeitalter; Wilhelminismus). - Nachdem der Reichskanzler Max Prinz von Baden am 9. 11. 1918 eigenmächtig den Rücktritt des Kaisers verkündet hatte, ging Wilhelm auf den Rat seiner Umgebung in die Niederlande ins Exil. Am 28. 11. 1918 verzichtete er auf den Thron.
 
 
Literatur:
 
Drei dt. Kaiser. W. I. - Friedrich III. - W. II., hg. v. W. Treue (1987);
 J. C. G. Röhl: Kaiser, Hof u. Staat. W. II. u. die dt. Politik (31988);
 J. C. G. Röhl: W. II. Die Jugend des Kaisers, 1859-1888 (1993);
 
Der letzte Kaiser. W. II. im Exil, hg. v. H. Wilderotter u. a., Ausst.-Kat. (1991);
 
Der Ort Kaiser W.s II. in der dt. Gesch., hg. v. J. C. G. Röhl u. a. (1991);
 F. Herre: Kaiser W. II. Monarch zw. den Zeiten (1993);
 H. Rall: W. II. Eine Biogr. (Graz 1995).
 
 4) Wịlhelm, Kronprinz des Deutschen Reichs und von Preußen, * Potsdam 6. 5. 1882, ✝ Hechingen 20. 7. 1951, Sohn aus erster Ehe von 3), Ȋ mit Cecilie Prinzessin von Mecklenburg-Schwerin; führte nach militärischer Ausbildung und kurzem Studium im Ersten Weltkrieg zunächst die 5. Armee, ab 1916 die Heeresgruppe »Deutscher Kronprinz«. Politisch neigte er als Anhänger A. von Tirpitz' einem antibritischen Kurs zu und war am Sturz des Reichskanzlers T. von Bethmann-Hollweg beteiligt. Nach der Novemberrevolution ging Wilhelm ins niederländische Exil (13. 11. 1918, aus dem er auf Vermittlung G. Stresemanns 1923 zurückkehren konnte. Seine gegen Ende der Weimarer Republik halbherzige Unterstützung des Nationalsozialismus förderte die erhoffte monarch. Restauration nicht.
 
 Aquitanien:  
 5) Wịlhelm, Graf von Toulouse, Heiliger, Wilhelm, Wilhelm von Aquitanien.
 
 6) Wịlhelm IX., Herzog von Aquitanien und Graf von Poitiers (seit 1086) und provenzalischer Troubadour, * Poitiers 22. 10. 1071, ✝ ebenda 10. 2. 1127, Vater von 7); war Vasall der französischen Krone, eroberte zweimal (1098 und 1114) die Grafschaft Toulouse, unterstützte den Kampf gegen die Sarazenen und führte 1101 ein Kreuzfahrerheer nach Kleinasien. Er war der früheste Vertreter der provenzalischen Troubadourdichtung (elf Lieder sind erhalten) mit betont sensualistischer Liebesauffassung; daneben besang er jedoch auch die spiritualisierte höfische Liebe.
 
Ausgabe: Gesammelte Lieder, herausgegeben von W. Dürrson (1969).
 
 7) Wịlhelm X., letzter Herzog (seit 1127) von Aquitanien und Graf von Poitiers, * Toulouse 1099, ✝ Santiago de Compostela 1137, Sohn von 6); wie sein Vater Förderer der Troubadoure. Er stellte seine Erbtochter Eleonore unter den Schutz des französischen Königs Ludwig VI., der sie mit seinem Sohn, dem späteren Ludwig VII., verheiratete. Wilhelm starb auf einer Pilgerfahrt.
 
 Bayern:  
 8) Wịlhelm IV., Herzog (seit 1508), * München 13. 11. 1493, ✝ ebenda 7. 3. 1550; regierte 1508-11 unter Vormundschaft eines Onkels, teilte sich 1514-45 die Regierung mit seinem Bruder Ludwig X. (* 1495, ✝ 1545). Unterstützt und beraten von seinem Kanzler L. von Eck nahm Wilhelm gegen die sozialen Strömungen seiner Zeit eine starr konservative Haltung ein. Er ging hart gegen die Reformation und die Protestanten vor und verhinderte durch sein energisches Einschreiten die Ausweitung der Bauernkriege in Bayern. Als gegenreformatorische Maßnahme berief er 1542 die Jesuiten an die Universität Ingolstadt. - 1516 erließ Wilhelm ein noch heute gültiges Reinheitsgebot für Bier.
 
 England/Großbritannien:  
 9) Wịlhelm I., der Eroberer, englisch William the Conqueror ['wɪljəm ȓə 'kɔȖkərə], Herzog der Normandie (als Wilhelm II., seit 1035) und erster normannischer König von England (seit 1066), * Falaise (Département Calvados) um 1028, ✝ Rouen 9. 9. 1087; illegitimer Sohn (deshalb auch »der Bastard« genannt) und Nachfolger Roberts I. von der Normandie, 1051 vom kinderlosen englischen König Eduard dem Bekenner, der mütterlicherseits mit dem normannischen Herzogshaus verwandt war, zum Nachfolger auf dem englischen Thron bestimmt. Normannische Quellen zufolge erkannte auch der englischen Thronanwärter Harold Godwinson bei einem Aufenthalt in der Normandie 1064 oder 1065 den Anspruch Wilhelms an und leistete ihm den Treueid. Nach Eduards Tod am 5. 1. 1066 bestieg dennoch Harold (II.) den Thron. Wilhelm landete darauf mit einem normannischen Heer unter Zustimmung des Papstes 1066 in Sussex und schlug Harold in der Schlacht bei Hastings (14. 10. 1066. Zu Weihnachten 1066 ließ sich Wilhelm in Westminster krönen und bestätigte in seinem Krönungseid die Weitergeltung der bisherigen Rechtsordnung. Er unterwarf bis 1070 das ganze Land. Wie Wilhelm mit der normannischen Oberschicht die französische Sprache nach England brachte, so organisierte er das Land auf französische Grundlage neu: Die normannischen Vasallen wurden mit englischem Grundbesitz ausgestattet und der Krone in straffem Lehnsverhältnis untergeordnet, ihre Leistungsfähigkeit durch das Domesday Book festgelegt und die englische Kirche von meist französischen Bischöfen - unter Leitung von Lanfranc - nach kluniazensischen Ideen reformiert. Die von Papst Gregor VII. geforderte Huldigung verweigerte Wilhelm jedoch und hielt die Verfügung über die Kirche fest in der Hand. Auf der von ihm begründeten Verbindung von alten volksrechtlichen und neuen feudalen Elementen beruht die englische Geschichte des Mittelalters - Wilhelm war ab 1053 verheiratet mit Mathilde (* um 1032, ✝ 1083), der Tochter des Grafen Balduin V. von Flandern (✝ 1067). Wilhelms ältester Sohn Robert Kurzhose (* 1054, ✝ 1134), mit seinem Vater verfeindet, folgte ihm als Herzog der Normandie, sein jüngerer Sohn Wilhelm Rufus (Wilhelm II., * 1060, ✝ 1100) als König von England.
 
 
Literatur:
 
D. C. Douglas: W. der Eroberer (a. d. Engl., 1980).
 
 10) Wịlhelm III. von Orani|en, König von England, Schottland (als Wilhelm II.) und Irland (seit 1689), * Den Haag 14. 11. 1650, ✝ London 19. 3. 1702; Sohn Prinz Wilhelms II. von Oranien (* 1626, ✝ 1650), gelangte gegen den Widerstand der oranienfeindlichen Amsterdamer Handelskreise und des Ratspensionärs J. de Witt erst nach dem Einfall der Franzosen in die Niederlande (1672, Holländischer Krieg) an die Spitze des niederländischen Heeres und wurde 1674 Generalstatthalter der Niederlande. 1677 heiratete er Maria Stuart, die Tochter des späteren Königs Jakob II. von England. Dessen katholisierende, zu Frankreich neigende Politik führte seit 1686 die parlamentarische Opposition in England zu Hilfegesuchen an Wilhelm, der Ende 1688 mit Truppenmacht in England landete und nach Jakobs Flucht mit seiner Frau Maria (II.) durch das englische Parlament König wurde (Glorreiche Revolution). 1690 besiegte Wilhelm seinen nach Irland zurückgekehrten Schwiegervater an der Boyne und widmete sich, v. a. als Heerführer in Flandern, dem Kampf gegen Ludwig XIV. (Pfälzischer Erbfolgekrieg, Spanischer Erbfolgekrieg). Trotz Energie und Beharrungsvermögen bei seinen politischen Zielen blieb Wilhelm in England ein Fremdling. Sein Einfluss auf die niederländische Politik blieb durch den Ratspensionär A. Heinsius bestehen.
 
 
Literatur:
 
S. B. Baxter: William III. and the defense of European liberty, 1650-1702 (Westport, Conn., 21976).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
 
englische Revolutionen des 17. Jahrhunderts: Um Glaube und Recht
 
 
 11) Wịlhelm IV., König von Großbritannien und Irland und König von Hannover (seit 1830), * London 21. 8. 1765, ✝ Windsor 20. 6. 1837; Nachfolger seines Bruders Georg IV.; ließ die Parlamentsreform von 1832 zu. In Großbritannien folgte ihm auf dem Thron seine Nichte Viktoria, in Hannover sein Bruder Ernst August. Damit endete die seit 1714 bestehende Personalunion zwischen Großbritannien und Hannover.
 
 
 Hessen:  
 12) Wịlhelm IX., Landgraf (1785-1803), als Kurfürst (1803-21) W. I., * Kassel 3. 6. 1743, ✝ ebenda 27. 2. 1821. Wilhelm, Sohn Landgraf Friedrichs II., der 1760 (endgültig 1764) für seinen Vater die Regentschaft in der Grafschaft Hanau-Münzenberg angetreten hatte und ihm 1785 als Landgraf gefolgt war, nahm 1793 mit Preußen am 1. Koalitionskrieg teil. Im Reichsdeputationshauptschluss wurde er 1803 für den Verlust linksrheinischer Gebiete mit der Kurwürde entschädigt. Seine zögerliche Neutralitätspolitik 1806 führte im Frieden von Tilsit (1807) zum Verlust seines Landes, das dem Königreich Westphalen zugeschlagen wurde. 1813 trat er die Herrschaft (in einem dann durch den Wiener Kongress vergrößerten) Kurhessen wieder an. Verhandlungen über eine Verfassung seines Landes scheiterten 1815/16. Wilhelm oktroyierte daraufhin 1817 ein Haus- und Staatsgesetz, das ihm eine streng autokratische Regierung gestattete.
 
Ausgabe: Wir Wilhelm von Gottes Gnaden. Die Lebenserinnerungen Kurfürst Wilhelm I. von Hessen 1743-1821, herausgegeben von R. von Hessen (1996).
 
 Hessen-Kassel:  
 13) Wịlhelm IV., der Weise, Landgraf (seit 1567), * Kassel 24. 6. 1532, ✝ ebenda 25. 8. 1592; ältester Sohn Philipps I., des Grossmütigen, Vater von Moritz, dem Gelehrten; führte während der Gefangenschaft seines Vaters durch Kaiser Karl V. 1547-52 die Regierungsgeschäfte und beteiligte sich am Krieg des Kurfürsten Moritz von Sachsen gegen den Kaiser. Beim Tod seines Vaters erhielt Wilhelm die Hälfte des Landes mit Kassel. Hier führte er 1567 das Erstgeburtsrecht ein. Seinem Versuch einer gesamtprotestantischen Reichspolitik im Sinne M. Bucers blieb der Erfolg versagt. Der mathematisch und astronomisch interessierte und bewanderte Wilhelm suchte sein Land durch eine planvolle Wirtschaftspolitik zu einem »ökonomischen Staat« zu machen.
 
 Luxemburg:  
 14) Wịlhelm IV., Großherzog (seit 1905) von Luxemburg aus dem Haus Nassau-Weilburg, * Biebrich (heute zu Wiesbaden) 22. 4. 1852, ✝ Berg 25. 2. 1912; ab 1902 Statthalter von Großherzog Adolf, folgte ihm 1905 auf dem Thron. Wilhelm regelte 1907 die Thronfolge neu, wodurch auch die weibliche Erbfolge möglich wurde. Schwer krank, setzte er 1908 seine Frau Maria-Anna (* 1861, ✝ 1942) aus dem Haus Bragança als Regentin ein.
 
 Niederlande:  
 15) Wịlhelm I. von Orani|en, der Schweiger, Statthalter von Holland, Seeland und Utrecht (seit 1559), von Friesland (seit 1580), * Dillenburg 24. 4. 1533, ✝ (ermordet) Delft 10. 7. 1584; ältester Sohn von Graf Wilhelm I., dem Reichen, von Nassau-Dillenburg (* 1487, ✝ 1559); erbte nach dem Tod seines Vetters René von Châlon 1544 umfangreichen Besitz in den Niederlanden und das Fürstentum Oranien; wurde am Brüsseler Hof von Kaiser Karls V. Schwester Maria, der Generalstatthalterin der Niederlande, in katholischem Geist erzogen. Der hoch in der Gunst des Kaisers stehende Wilhelm wurde 1555 in den Staatsrat aufgenommen und durch Philipp II. 1559 zum Statthalter von Holland, Utrecht und Seeland ernannt. Ab 1561 nahm Wilhelm mit Graf von Egmont und Graf von Horne den Widerstand gegen Kardinal A. de Granvelle, den Berater der Generalstatthalterin Margarete von Parma, auf. Wie alle Niederländer von Sorge über den drohenden Verlust der alten Privilegien und die von Philipp eingesetzte Inquisition erfüllt, verhielt Wilhelm sich lange Zeit zögernd und abwartend und suchte mehrfach zu einem Ausgleich mit Philipp zu kommen. Bei der Ankunft Herzog von Albas zog er sich in seine Stammlande zurück und begann von hier aus den entschlossenen Kampf gegen Alba. Die Eroberung Brabants misslang, doch gab ihm der Aufstand der Wassergeusen 1572 in den niederländischen Seeprovinzen, die ihn zu ihrem Statthalter ernannten, eine Basis für weitere Unternehmungen. Nach Misserfolgen konnte er 1576 in der Genter Pazifikation alle niederländischen Provinzen vereinen. Aufgrund seiner (dritten) Ehe mit Charlotte von Bourbon (* 1546 oder 1547, ✝ 1582) der französischen Rückendeckung sicher, konnte Wilhelm alle Vermittlungsversuche der Habsburger abweisen. Als 1579 der neue spanische Statthalter A. Farnese die südlichen Provinzen zurückgewann, verband Wilhelm im selben Jahr in der Utrechter Union die sieben nördlichen Provinzen sowie (vorübergehend) Brabant, Flandern und Mecheln, die sich 1581 von Philipp lossagten. Diese Absage der nördlichen Provinzen wurde beeinflusst von Wilhelms Gedanken über das Recht zum Widerstand gegen einen zum Tyrannen gewordenen Souverän, die Wilhelm in seiner Verteidigungsschrift dargelegt hatte, nachdem er vom spanischen König 1580 geächtet worden war. Am 10. 7. 1584 wurde Wilhelm von Balthasar Gérard (* 1562, ✝ 1584) in Delft erschossen. - Durch seine Charakterstärke und seine staatsmännischen Fähigkeiten wurde Wilhelm zum Begründer der niederländischen Unabhängigkeit; zugleich gilt er, persönlich religiös indifferent, als einer der Retter des Protestantismus vor der Gegenreformation.
 
Literatur:
 
R. van Roosbroeck: Willem de Zwijger, Graaf van Nassau, Prins van Oranje (Antwerpen 1974);
 K. Vetter: Am Hofe W.s von Oranien (Neuausg. 1991).
 
 16) Wịlhelm Ludwig, Graf von Nassau, Statthalter von Friesland (seit 1584), Groningen und Drenthe (seit 1594), * Dillenburg 13. 3. 1560, ✝ Leeuwarden 13. 7. 1620; konnte Friesland, in enger militärischer Zusammenarbeit mit seinem Vetter Moritz von Oranien erfolgreich im Nordosten gegen A. Farnese verteidigen und in der Utrechter Union halten.
 
 17) Wịlhelm I., König der Niederlande (1815-40), Großherzog von Luxemburg und Prinz von Oranien-Nassau, * Den Haag 24. 8. 1772, ✝ Berlin 12. 12. 1843; übernahm 1806 die Regierung der nassauischen Stammländer. Nachdem der Wiener Kongress die Vereinigung der beiden Niederlande und des früheren Bistums Lüttich zu einem Königreich verfügt hatte, wurde Wilhelm am 16. 3. 1815 zum König der Niederlande und Großherzog von Luxemburg ausgerufen. Seine deutschen Stammländer musste er an Preußen und Nassau abtreten, blieb aber als Großherzog von Luxemburg deutscher Bundesfürst. Wilhelm förderte nachhaltig Wirtschaft, Handel und Verkehr, doch trug seine starre Haltung in konstitutionellen und kirchenpolitischen Fragen viel zur Trennung der Vereinigten Niederlande bei. Die Loslösung Belgiens (1830) erkannten die Niederlande unter seiner Herrschaft erst im Londoner Protokoll von 1839 an. 1840 dankte Wilhelm zugunsten seines ältesten Sohnes Wilhelm (II.; * 1792, ✝ 1849) ab.
 
 18) Wịlhelm III., König (seit 1849) und Großherzog von Luxemburg (seit 1849), * Brüssel 19. 2. 1817, ✝ Schloss Het Loo (bei Apeldoorn) 23. 11. 1890. Unter dem Druck der Liberalen sah sich Wilhelm kurz nach der Thronbesteigung gezwungen, deren Führer J. R. Thorbecke zum Regierungschef zu berufen und somit das Parlament politisch aufzuwerten. Die Auflösung des Deutschen Bundes nutzte Wilhelm 1866, um das Großherzogtum Luxemburg und das Herzogtum Limburg aus der Verbindung mit Deutschland zu lösen, wobei Luxemburg jedoch bis 1919 dem Deutschen Reich zollrechtlich verbunden blieb.
 
 Schaumburg-Lippe:  
 19) Wịlhelm, Reichsgraf, * London 9. 1. 1724, ✝ Bückeburg 10. 9. 1777; trat in seinem Territorium 1748 die Regierung an, stellte mithilfe der allgemeinen Wehrpflicht ein eigenes Regiment auf, mit dem er im Siebenjährigen Krieg als hannoverscher Generalfeldzeugmeister kämpfte. 1762-64 reorganisierte er im Auftrag König Georgs III. von Großbritannien das portugiesische Heerwesen und befreite gleichzeitig das Land von eingedrungenen französisch-spanischer Truppen. Ab 1764 bemühte er sich in Schaumburg-Lippe vielfältig um wirtschaftliche, soziale, kulturelle und militärische Reformen. An seinem Hof wirkten u. a. J. G. Herder und J. C. F. Bach. Seine militärischen Vorstellungen beeinflussten die preußischen Reformen, so gründete er auf der von ihm im Steinhuder Meer angelegten Festung Wilhelmstein eine Kadettenanstalt für befähigte Anwärter ohne Rücksicht auf ständische Herkunft, deren bedeutendster Schüler G. J. D. Scharnhorst war.
 
Ausgabe: Schriften und Briefe, herausgegeben von C. Ochwadt, 3 Bände (1977-83).
 
 Straßburg  
 20) Wịlhelm Egon Fürst von Fụ̈rstenberg, Bischof von Straßburg (seit 1682), Kardinal (seit 1686), * Heiligenberg 2. 12. 1629, ✝ Paris 10. 4. 1704; Bruder von Franz Egon Fürst von Fürstenberg (Franz, Herrscher, Straßburg); stand ab 1653 mit seinem Bruder im diplomatischen Dienst des Kölner Kurfürsten und beeinflusste den Zusammenschluss der deutschen Fürsten im 1658 geschlossenen Rheinbund. Im Devolutionskrieg 1667/68 ergriff er Partei für Frankreich und geriet während des Hölländischen Kriegs 1674 in kaiserlicher Gefangenschaft. 1682 folgte er seinem Bruder als Bischof von Straßburg. Nach der Papstwahl von 1689, bei der er für den französischen Kandidaten gestimmt hatte, begab sich Wilhelm nach Paris und wurde von König Ludwig XIV. mit der Abtei Saint-Germain-des-Prés ausgestattet.
 
Literatur:
 
M. Braubach: W. von Fürstenberg (1629-1704) u. die frz. Politik im Zeitalter Ludwigs XIV. (1972).
 
 Württemberg:  
 21) Wịlhelm I., König (seit 1816), * Lüben 27. 9. 1781, ✝ Schloss Rosenstein (Stuttgart) 25. 6. 1864; Sohn Kurfürst Friedrichs I.; lebte 1803-05 in Paris; gab Württemberg 1819 in Abstimmung mit den Ständen eine Verfassung. Im Deutschen Bund war Wilhelm ein Verfechter der Triasidee.
 
Literatur:
 
K.-J. Grauer: W. I., König von Württemberg (1960);
 P. Sauer: Reformer auf dem Königsthron. W. I. von Württemberg (1997).
II
Wịlhelm,
 
1) Adolf, klassischer Philologe und Epigraphiker, * Tetschen 10. 9. 1864, ✝ 10. 8. 1950; wurde 1898 Leiter des österreichischen Archäologischen Instituts in Athen, 1905 Professor der griechischen Altertumskunde und Epigraphik in Wien; er wurde besonders als Herausgeber griechischer Inschriften bekannt.
 
 2) Heinrich, Bildhauer, * um 1585, ✝ Stockholm 3. 4. 1652; tätig u. a. in Stralsund, Hamburg und Stockholm, wo er für die Familie des Kanzlers A. G. Graf Oxenstierna und andere Adelsgeschlechter Epitaphien in Marmor und Alabaster ausführte. 1648 wurde er in Stockholm leitender Baumeister des Ritterhauses.
 
 3) Richard, Theologe und Sinologe, * Stuttgart 10. 5. 1873, ✝ Tübingen 1. 3. 1930; 1899-1921 evangelischer Missionar in Tsingtau, seit 1924 Professor für Chinakunde an der Universität Frankfurt am Main. Durch sein stark beachtetes Wirken an dem von ihm dort gegründeten »China-Institut« und seine Übersetzungen aus der klassischen chinesischen Literatur machte er die chinesische Geistestradition erstmals weiteren Kreisen im deutschen Sprachraum bekannt.
 
Werke: Die Seele Chinas (1926); Der Mensch und das Sein (1931).
 
Übersetzungen: Lao-Tse: Tao te king. Das Buch der Alten von Sinn und Leben (1911); Dschuang Dsi, das wahre Buch vom südlichen Blütenland (1920); I Ging. Das Buch der Wandlungen, 2 Bände (1924); Frühling und Herbst des Lü Bu We (1928); Das Geheimnis der Goldenen Blüte (herausgegeben 1939).
 
Ausgabe: Botschafter zweier Welten, herausgegeben von W. Bauer (1973).
 
Literatur:
 
R. W. Der geistige Mittler zw. China u. Europa, hg. v. S. Wilhelm (1956).
 
 4) Theodor, Pseudonym Friedrich Oetinger, Erziehungswissenschaftler, * Neckartenzlingen (Landkreis Esslingen) 16. 5. 1906; 1937-42 Dozent am Institut für Lehrerbildung in Oldenburg (Oldenburg), 1951-59 Professor in Flensburg, 1959-72 in Kiel; wesentliche Beiträge zur politischen Erziehung, Rechtserziehung und Theorie der Schule.
 
Werke: Wendepunkt der politischen Erziehung (1951, unter F. Oetinger ab 21953 unter dem Titel Partnerschaft); Die Pädagogik Kerschensteiners (1957); Pädagogik der Gegenwart (1959); Theorie der Schule (1967); Pflegefall Staatsschule (1982); Aufbruch ins europäische Zeitalter (1990).

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Wịl|helm, der; -s, -s [1: nach dem früher häufigen m. Vorn. Wilhelm] (ugs. scherzh.): 1. *falscher W. (1. veraltend; falscher Zopf. 2. ugs. scherzh.; Toupet). 2. kurz für Friedrich Wilhelm.

Universal-Lexikon. 2012.