Akademik

Prokofjew
Prokọfjew,
 
Prokọf'ev [-jef],
 
 1) Aleksandr Andrejewitsch, russischer Lyriker, * Kobona (am Ladogasee, Gebiet Leningrad) 2. 12. 1900, ✝ Leningrad 18. 9. 1971; Sohn eines Fischers,1919-32 in der Roten Armee; gestaltete in seinen von der Volksdichtung, aber auch der russischen Avantgarde (W. W. Majakowskij) beeinflussten Gedichten politisch aktuelle und patriotische Themen wie Bürgerkrieg, Kollektivierung, Verteidigung und Verherrlichung der Heimat (»Rossija«, 1944, Poem); wandte sich später verstärkt Motiven der beschreibenden und stimmungshaften Lyrik zu.
 
Ausgabe: Sobranie sočinenij, 4 Bände (1978-80).
 
 2) Sergej Sergejewitsch, russischer Komponist, * Gut Sonzowka (Gebiet Donezk) 23. 4. 1891, ✝ Moskau 5. 3. 1953; studierte in Sankt Petersburg (N. A. Rimskij-Korsakow, N. N. Tscherepnin) und nahm seit 1907 an den »Abenden zeitgenössischer Musik« teil, wo er 1910 I. Strawinsky, 1913 C. Debussy traf. Seit 1908 trat Prokofjew als Pianist auf, zum Teil mit eigenen Werken. 1918 leitete er noch eine Aufführung seiner 1. Sinfonie, der »Symphonie classique«, in Sankt Petersburg, dann verließ er Russland; er hielt sich in Japan, den USA und Europa (v. a. in Paris) auf. Hier inszenierte S. P. Diaghilew (seit 1932 S. Lifar) seine ersten Ballette; außerdem wurden Opern (u. a. »Die Liebe zu den drei Orangen«, 1921), Orchesterwerke und Instrumentalkonzerte aufgeführt. Ab 1933 hielt sich Prokofjew zunehmend in seiner Heimat auf, 1936 kehrte er in die UdSSR zurück und schloss sich im Sinn des sozialistischen Realismus wieder enger an die russische Musik des 19. Jahrhunderts an.
 
Insgesamt verbindet das Werk von Prokofjew elementare Kraft mit Witz und Ironie, gesangliche Melodik mit virtuosem Spiel und zum Teil neoklassizistischer Haltung. Durch gemäßigte Modernität und klar gegliederten Formbau erreichte Prokofjew ein weit gefächertes Publikum, wenngleich die Harmonik zum Teil bis zur Atonalität aufgelöst wird. Außer Bühnen- und Instrumentalmusik umfasst sein umfangreiches Schaffen Vokalwerke (Oratorien, Kantaten, Lieder) sowie Schauspiel- und Filmmusik (darunter zu drei Filmen von S. M. Eisenstein); eine »Autobiografia« erschien 1973 in Moskau.
 
Werke: Opern: Igrok (Der Spieler, 1916, Neufassung 1929; Text von Prokofjew nach F. M. Dostojewskij); Ljubov' k trem apel'sinam (Die Liebe zu den drei Orangen, 1921; Text von Prokofjew nach C. Gozzi); Ognennyj angel (Der feurige Engel, Teilaufführung 1928, vollständig konzertant 1953, szenisch 1955); Semen Kotko (1940); Obručenie v monastyre (Die Verlobung im Kloster, 1946); Vojna i mir (Krieg und Frieden, 1. Fassung 1944, szenisch 1946, Neufassung vollständig 1957; nach L. N. Tolstoj); Povest' o nastojaščem čeloveke (Erzählung vom wahren Menschen, 1948-60; nach B. N. Polewoj).
 
Ballette: Le chout (Der Narr, 1921); Le pas d'acier (1927); L'enfant prodigue (1929); Romeo i Džul'etta (Romeo und Julia, 1936); Zoluška (Aschenbrödel, 1945); Skaz o kamennom cvetke (Das Märchen von der steinernen Blume, 1954).
 
Orchesterwerke: 7 Sinfonien (1917-52); Orchestersuiten; Petja i volk (Peter und der Wolf, 1936; für Sprecher und Orchester, zugleich eine musikalische Instrumentenkunde); 5 Klavierkonzerte (1911-35); 2 Violinkonzerte (1917-35); 2 Violoncellokonzerte (1933-38, 1952/53).
 
Kammermusik: Quintett (1924; für Oboe, Klarinette, Violine, Viola und Kontrabass); Sonate (1932; für 2 Violinen); 2 Sonaten (1938-45, 1944; für Violine); Sonate (1949; für Violoncello).
 
Klaviermusik: 9 Sonaten (1949); 4 Etüden (1909); 4 Klavierstücke (1907-11); 4 Klavierstücke (1908-13); Klavierstücke Sarkazmy (Sarkasmen, 1912-14); Sonatinen (1931/32); 10 Klavierstücke (1937; nach Romeo und Julia).
 
Literatur:
 
H. A. Brockhaus: S. P. (Leipzig 1964);
 S. I. Šlifštejn: S. P. Dokumente (a. d. Russ., ebd. 1965);
 N. P. Sawkina: S. S. P. (a. d. Russ., Berlin-Ost 1984);
 E. Kröplin: Frühe sowjet. Oper. Schostakowitsch, P. (ebd. 1985);
 H. L. Robinson: Sergei Prokofiev. A biography (New York 1987);
 M. Biesold: S. P. Komponist im Schatten Stalins (1996).

Universal-Lexikon. 2012.