Troeltsch
[trœltʃ], Ernst, evangelischer Theologe, Philosoph und Historiker, * Haunstetten (heute zu Augsburg) 17. 2. 1865, ✝ Berlin 1. 2. 1923; war ab 1892 Professor für systematische Theologie in Bonn, ab 1894 in Heidelberg, wo er ab 1910 auch Philosophie lehrte, und ab 1915 Professor für Kultur-, Geschichts-, Gesellschafts- und Religionsphilosophie und christliche Religionsgeschichte in Berlin; daneben auch publizistisch und politisch tätig, u. a. 1918 als Mitbegründer der Deutschen Demokratischen Partei (DDP), 1919-21 als Unterstaatssekretär für Fragen der evangelischen Kirche im Preußischen Ministerium für Erziehung und Unterricht. Troeltsch vertrat eine konsequent historische Sichtweise, die den von den christlichen Kirchen gegenüber den anderen Religionen vertretenen religiösen Absolutheitsanspruch relativierte, zugleich jedoch die grundlegende Bedeutung des Christentums für die Ausprägung der Kultur und Werteordnung Europas hervorhob. Die damit verbundene Kritik dogmatischer Vorstellungen ließ ihn zum Begründer des Neuprotestantismus werden. In Verbindung hiermit beschäftigte sich Troeltsch mit Geschichtsphilosophie und den Fragen der historischen Erkenntnismöglichkeiten (»Der Historismus und seine Probleme«, 1922). Daneben trat Troeltsch besonders mit Arbeiten zur Gruppensoziologie der christlichen Kirchen sowie - unter dem Einfluss des befreundeten M. Weber - mit Untersuchungen über den Beitrag des Protestantismus zur Entwicklung des modernen Weltbildes hervor.
Weitere Werke: Die Absolutheit des Christentums und die Religionsgeschichte (1902); Die Bedeutung des Protestantismus für die Entstehung der modernen Welt (1906); Die Soziallehren der christlichen Kirchen und Gruppen, 2 Bände (1912).
Ausgaben: Gesammelte Schriften, 4 Bände (1-31922-25, Nachdruck 1962-77); Kritische Gesamtausgabe, im Auftrag der Heidelberger Akademie der Wissenschaften herausgegeben von F. W. Graf und anderen, auf 20 Bände und 1 Registerband berechnet, (1998 folgende).
Universal-Lexikon. 2012.