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Heidelberg
Hei|del|berg:
Stadt am unteren Neckar.

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Heidelberg,
 
Stadt in Baden-Württemberg, am Austritt des Neckars aus dem Odenwald in die Oberrheinebene, 113 m über dem Meeresspiegel, 139 700 Einwohner; Stadtkreis und Verwaltungssitz des Rhein-Neckar-Kreises; Ruprecht-Karls-Universität mit Südasien- und Dolmetscherinstitut, Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Max-Planck-Institute für Astronomie, Kernphysik, medizinische Forschung, ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht; Deutsches Krebsforschungszentrum; Europäisches Laboratorium für Molekularbiologie; Hochschule für Jüdische Studien, Hochschule für Musik und darstellende Kunst Heidelberg-Mannheim, Hochschule für Kirchenmusik, Pädagogische Hochschule, Fachhochschule der Stiftung Rehabilitation Heidelberg, Zentrum für Molekulare Biologie; Landessternwarte; Kurpfälzisches Museum, Deutsches Apothekenmuseum (im Schloss), Völkerkundemuseum (im ehemaligen Palais Weimar), Friedrich-Ebert-Gedenkstätte (zum Teil in Eberts Geburtshaus) u. a. Museen; Theater; botanischer und zoologischer Garten. Wegen seiner Lage und seines milden Klimas gilt Heidelberg als eine der schönsten deutschen Städte und ist Anziehungspunkt des internationalen Fremdenverkehrs. Heidelberg ist Sitz zahlreicher Verlage, Firmen und Entwicklungsbüros, des Hauptquartiers des amerikanischen Heeres in Europa sowie der NATO-Kommandobehörde LANDCENT (2000 umbenannt in Joint Headquarters Centre). Die Industrie ist v. a. in den in der Ebene gelegenen neuen Stadtteilen angesiedelt: Bau von Druckmaschinen und Fahrzeugen, Elektro- und feinmechanische Industrie, chemische, Kunststoff- und Textilindustrie, Herstellung von Füllhaltern, Kachelöfen und Sanitärkeramik. Oberhalb von Stadt und Schloss die Aussichtspunkte und Ausflugsziele Molkenkur und Königstuhl (566 m; Bergbahn).
 
Stadtbild:
 
Oberhalb der Stadt erhebt sich das Heidelberger Schloss; in der Altstadt die spätgotische Heiliggeistkirche (auf Vorgängerbauten im Wesentlichen 1400-41) mit Hallenchor; Peterskirche (1485 begonnen, 1864-70 umgebaut); Jesuitenkirche (1712-51) und Kolleg (1703-11, vollendet 1732-34); Haus »Zum Ritter« (1592) mit Renaissancefassade; Rathaus (Mittelbau1701-05, Erweiterungsbauten 19. und 20. Jahrhundert); Karlstor (1775-81 von N. de Pigage) und Alte Brücke mit Neckartor (1788-90), außerdem viele gut erhaltene Wohnbauten (vorwiegend 18. Jahrhundert). Die Alte Universität wurde 1712-35 anstelle des Casimirianums (1588) erbaut. Die Neue Universität wurde 1930-32 errichtet; in ihre Gebäude einbezogen ist der Hexenturm der alten Stadtmauer (13. Jahrhundert), heute Gedenkstätte der gefallenen Dozenten und Studenten. Die Universitätsbibliothek erbaute 1901-05 Josef Durm, die Handelsschule (heute Willy-Hellpach-Schule) 1955-57 F. W. Kraemer und das Max-Planck-Institut für Astronomie auf dem Königstuhl 1976 C. Mutschler und Partner. Die Stadthalle, ein 1901-03 errichtetes Gebäude aus rotem Sandstein, wurde 1979/80 aufwendig restauriert und als modernes Kongresszentrum umgebaut.
 
In der Kirche Sankt Vitus und Georg des Stadtteils Handschuhsheim (11. Jahrhundert, 1483 Chorneubau) zahlreiche mittelalterliche Grabdenkmäler. Auf dem Heiligenberg Ruinen des karolingischen Michaelsklosters (9. bis 11. Jahrhundert) und des ehemaligen Stephansklosters (spätes 11. Jahrhundert).
 
Geschichte:
 
Der Raum von Heidelberg war schon in vorgeschichtlicher Zeit dicht besiedelt. Im 1. Jahrhundert n. Chr. sicherte ein römisches Kastell im heutigen Stadtteil Neuenheim eine Neckarbrücke. Im 2. Jahrhundert entstand aus zwei Lagerdörfern eine römische Siedlung. Im 3. Jahrhundert entstanden aus der durch die Alemannen zerstörten Civitas die Orte Neuenheim und Bergheim, letzteres 769 bezeugt. Heidelberg selbst wird 1196 erstmals genannt. Als planmäßige Gründung unterhalb der wohl im 11. Jahrhundert bestehenden (1225 erstmals erwähnten) Burg schuf Pfalzgraf Konrad (✝ 1195) mit der Stadt die Grundlage der pfälzischen Territorialmacht. 1392 wurde das Dorf Bergheim aufgelassen. Der Kurfürst siedelte die Bewohner in der Vorstadt, westlich der Altstadt an. Die Siedlung am Schlossberg (»Bergstadt«; 14. Jahrhundert) wurde erst 1743 mit der Stadt vereinigt.
 
In der Reformationszeit spielte die Stadt eine bedeutende Rolle. Mit dem Dreißigjährigen Krieg setzte ein Niedergang ein. 1622 eroberte J. T. von Tilly die Stadt, 1633 nahmen die Schweden sie ein. Im Pfälzischen Erbfolgekrieg wurde sie von französischen Truppen 1689 gebrandschatzt und 1693 zerstört. Die Verlegung der Residenz nach Mannheim beraubte die wieder aufstrebende Stadt 1720 ihrer wirtschaftlichen Basis. 1803 fiel Heidelberg an Baden. Der im 19. Jahrhundert aufkommende Fremdenverkehr, mehr aber noch die wachsende Industrialisierung verhalfen der Stadt zu neuem Wohlstand; durch mehrere Eingemeindungen in den 1920er-Jahren dehnte sie sich aus.
 
Die Ruprecht-Karls-Universität (Ruperto Carola) wurde nach Erteilung des päpstlichen Privilegs eines »Studium generale« (1385) von Kurfürst Ruprecht I. von der Pfalz gegründet (1386); nach Prag und Wien die drittälteste Universität im Heiligen Römischen Reich. Unter der Kanzlerschaft des Wormser Bischofs Johann III. war sie vom Humanismus geprägt (R. Agricola, J. Wimpheling), ab 1556 vom Kalvinismus; der reformierte Universitäts-Professor Z. Ursinus verfasste mit C. Olevianus den Heidelberger Katechismus. 1576-83 war die (jesuitische) Universität nach Neustadt an der Weinstraße verlegt. 1623 wurde der Großteil der Bestände der Heidelberger Bibliotheken (v. a. des Heiliggeiststifts) nach Rom gebracht (Palatina); dann ruhte der Lehrbetrieb bald ganz. Die Wiedereröffnung als kalvinistische Universität durch Kurfürst Karl Ludwig erfolgte 1652; doch bald erneuter Niedergang infolge des Pfälzischen Erbfolgekriegs (Lehrbetrieb zeitweilig in Frankfurt am Main und Weinheim) und jesuitischen Einflusses. 1803 als Ruperto Carola von Kurfürst Karl Friedrich, Großherzog von Baden, wieder eröffnet, errang sich die Universität Rang und Namen. Hier lehrten G. F. Creuzer, L. Görres, später R. W. Bunsen, G. R. Kirchhoff und H. Helmholtz sowie M. Weber, F. Gundolf, K. Jaspers und H.-G. Gadamer. Heidelberg nahm so kulturell seit Anfang des 19. Jahrhunderts eine Sonderstellung ein; die geistige Atmosphäre wurde im literarischen und künstlerischen Bereich von der Romantik geprägt. Heidelberg wurde die meistbesungene deutsche Stadt.
 
Literatur:
 
K. Pfaff: H. u. Umgebung (31910, Nachdr. 1978);
 
H. u. das Neckartal, hg. v. H. E. Busse (1939);
 
H. u. die Rhein-Neckar-Lande. Festschr. zum 34. Dt. Geographentag. .., hg. v. G. Pfeifer u. a. (1963);
 R. Benz: H., Schicksal u. Geist (21975);
 
H. u. der Rhein-Neckar-Raum. Slgg. sozial- u. stadtgeograph. Studien, hg. v. W. Fricke u. a. (1981);
 G. Heinemann: H. (1983);
 
Stadtatlas H., hg. v. H. Eichler u. a., 2 Bde. (1994-95).
 

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Hei|del|berg: Stadt am unteren Neckar.

Universal-Lexikon. 2012.