Wojwodina
[vɔjvo'diːna, vɔj'voːdina], serbokroatisch Vọjvodina [»Herzogtum«], Provinz in Serbien, Jugoslawien, grenzt im Norden an Ungarn, im Osten an Rumänien, im Westen an Kroatien, im Südwesten (entlang der Save) an Bosnien und Herzegowina, 21 506 km2, (1995) 2,114 Mio. Einwohner (1991: 2,014 Mio. Einwohner, davon 54,4 % Serben, 18,9 % Ungarn, 5,4 % Kroaten, außerdem Rumänen, Slowaken u. a. Minderheiten); Hauptstadt ist Novi Sad. Aus den weiten Ebenen an Theiß, Donau und Save ragt die Fruška gora bis zu 539 m über dem Meeresspiegel inselartig heraus. Die Wojwodina gliedert sich in die Batschka im Westen, das westliche Banat im Osten und Sirmien im S. Die fruchtbare Landschaft ist die Kornkammer Serbiens; angebaut werden Mais, Weizen, Sonnenblumen, Zuckerrüben u. a. Im östlichen Landesteil werden Erdöl (Verarbeitung in der Raffinerie in Pančevo) und Erdgas gefördert. Wichtige Industriezweige sind der Maschinenbau, die chemische, Textil- und Nahrungsmittelindustrie. Novi Sad und Pančevo an der Donau haben bedeutende Binnenhäfen.
Seit dem 6. Jahrhundert von Slawen besiedelt, gehörte das Gebiet seit dem 10. Jahrhundert zum ungarischen Reich. Das Vordringen der Osmanen führte im 14./15. Jahrhundert zur Ansiedlung serbischer Flüchtlinge. Während der türkischen Besetzung 1551-1699 sowie den nachfolgenden Türkenkriegen verödete das südungarische Gebiet weitgehend zum entvölkerten Weideland; die von den Habsburgern und vom Adel betriebene Neubesiedlung brachte ab 1690 neben Serben (aus dem Kosovo und Südserbien) auch zahlreiche Deutsche, Rumänen, Magyaren sowie andere ethnische Gruppen in die »Serbische Wojwodina« genannte Landschaft. Durch die österreichische Reichsverfassung von 1849 erhielt die mit dem Banat von Temesvar zum österreichischen Kronland »Serbische Wojwodschaft« erhobene Wojwodina Selbstverwaltung; mit der Wiederangliederung an Ungarn wurde diese aber bereits 1860 wieder aufgehoben. Das aufgeklärt-liberal-nationale Serbentum der österreichischen Wojwodina hat im 18. und 19. Jahrhundert starke kulturelle Anregungen an die Serben südlich der Donau vermittelt (Matica srpska, seit 1864 in Novi Sad); es konnte aber - im Unterschied zum Šumadija-Serbentum - ab Ende des 19. Jahrhunderts in Serbien beziehungsweise nach 1918 im späteren Jugoslawien keinen prägenden Einfluss erlangen. Nach dem Ersten Weltkrieg durch die Pariser Vorortverträge 1919/20 zwischen Jugoslawien (Serbien) und Rumänien geteilt, kam es im jugoslawisch-serbischen Gebiet der Wojwodina zur Ansiedlung von Serben aus dem Süden und Osten Serbiens sowie zur Serbisierung. Im Zweiten Weltkrieg war die Wojwodina 1941-44 von ungarisch (Baranja, Batschka) sowie deutschen Truppen (West-Banat) annektiert. - Die rd. 500 000 Deutschen (»Donauschwaben«) wurden fast ausnahmslos ab 1944 zur Zwangsarbeit in die UdSSR deportiert beziehungsweise unter inhumanen, zum Teil nicht vollständig aufgeklärten Umständen 1945-48 vertrieben; durch Neuansiedlungen stieg danach erneut der montenegrinische und (alt-)serbische Bevölkerungsanteil. - Ab 1946 wurde die Wojwodina als »Autonome Provinz Wojwodina« der jugoslawischen Teilrepublik Serbien eingegliedert, mit der neuen serbischen Verfassung vom 28. 9. 1990 kam es zur Aufhebung des Autonomiestatus. - Nach Eingliederung von serbischen Flüchtlingen aus Bosnien und Herzegowina sowie Kroatien (ehemalige Krajina-Serben) veränderte sich ab 1995 erneut die ethnische Zusammensetzung. Die bedeutende Minderheit der Ungarn (1998: noch etwa 300 000; zum Vergleich: 1910: 32,6 % der Bevölkerung) besitzt eigene politische Vertretungen (»Ungarnverband in der Wojwodina«, Abkürzung VMSZ, 1997: 5 Abgeordnete) und erstrebt mit den anderen Minderheiten die Wiederherstellung der Autonomie. Ende Januar 2002 wurden der Wojwodina vom serbischen Parlament wieder Autonomierechte zugestanden.
Universal-Lexikon. 2012.