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Parlament
Abgeordnetenhaus; Volksvertretung

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Par|la|ment [parla'mɛnt], das; -[e]s, -e:
a) gewählte Vertretung des Volkes mit beratender und gesetzgebender Funktion:
das Parlament auflösen, [neu] wählen; das Parlament hat das Gesetz beschlossen; das Parlament tritt zusammen.
Zus.: Europaparlament, Landesparlament, Stadtparlament.
b) Parlamentsgebäude:
eine Demonstration vor dem Parlament.

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Par|la|mẹnt 〈n. 11gewählte Volksvertretung aus einer od. zwei Kammern mit beratender u. gesetzgebender Funktion [<engl. parliament]

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Par|la|mẹnt , das; -[e]s, -e [engl. parliament < afrz. parlement = Unterhaltung, Erörterung (daraus schon gleichbed. mhd. parlament, parlemunt), zu: parler, parlieren]:
1. gewählte [Volks]vertretung mit beratender u. gesetzgebender Funktion:
ein neues P. wählen.
2. Gebäude, in dem ein Parlament (1) untergebracht ist.

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Parlamẹnt
 
[englisch parliament, von altfranzösisch parlement »Unterhaltung«, zu mittellateinisch parabolare »sich unterhalten«] das, -(e)s/-e, die Volksvertretung, die aus einer oder zwei Kammern bestehen kann. Beim Einkammersystem beruht die Mitgliedschaft im Parlament in der Regel auf einer Wahl; beim Zweikammersystem kann die Zugehörigkeit zur ersten Kammer außer durch Wahl durch Erblichkeit, Ernennung, Amtsstellung oder Mitgliedschaft in berufsständischen Organisationen begründet werden, während die Mitgliedschaft zur zweiten Kammer sich in der Regel aus direkten oder indirekten Wahlen ergibt. Ein wirksam funktionierendes Parlament muss mindestens für die Gesetzgebung und die Feststellung des Staatshaushalts (Budgetrecht) zuständig sein; darüber hinaus steht ihm in freiheitlichen Staaten das Recht der unbehinderten Diskussion (Indemnität, Immunität), der Interpellation (Anfrage) und der Untersuchung (Enquete) zu. Im Übrigen können die Befugnisse sehr unterschiedlich sein. Die Beschränkung des Parlaments auf eine bloß beratende Tätigkeit ist aus demokratischer Sicht ein Kennzeichen von unentwickelten oder scheindemokratischen Verfassungen. Wenn das Parlament, das aus freien, sich periodisch wiederholenden Wahlen hervorgeht, entscheidenden Einfluss auf die Regierungsbildung erhält, entsteht das Regierungssystem des Parlamentarismus. Im parlamentarischen Regierungssystem obliegen dem Parlament vier wesentliche Aufgaben: Wahl der Regierung (besonders des Regierungschefs); Gesetzgebung; Kontrolle des Regierungs- und Verwaltungshandelns (mit der Möglichkeit des Misstrauensvotums); öffentliche Diskussion politischer Fragen. Die Mitglieder des Parlaments sind die Abgeordneten, deren Zahl in der Regel gesetzlich festgelegt ist. Abgeordnete derselben Partei oder mehrerer verbündeter Parteien bilden eine Fraktion.
 
Parlamente genießen Parlamentsautonomie, d. h., sie regeln ihre Belange, soweit die Verfassung nichts anderes vorschreibt, selbst und für jede Legislaturperiode neu (Grundsatz der Diskontinuität). Zum Parlamentsrecht gehören z. B. Diätengesetze und v. a. die Geschäftsordnungen, die die Arbeitsweise der Parlamente bestimmen. Neben parlamentarischen Leitungsgremien (besonders Präsidium, Ältestenrat) verfügen moderne Parlamente über Plenum, Ausschüsse (Parlamentsausschüsse) und Fraktionen als arbeitende Gremien. Sie besitzen einen bürokratischen Apparat, der v. a. den Abgeordneten zuarbeiten soll, z. B. durch Erstellen wissenschaftlicher Gutachten, stenografisches Erfassen von Sitzungen.
 
Entwicklung des Parlaments:
 
Im englischen Parlament hat das Parlament moderner Prägung sein Vorbild. In England bedurfte das Königtum seit alters her der (oft formlosen oder stillschweigenden) Zustimmung des Volkes; dieses wurde seit dem 7. Jahrhundert vom aristrokratischen »Witenagemot« vertreten, an dessen Stelle in der Normannenzeit der feudale, aus den angesehenen geistlichen und weltlichen Kronvasallen bestehende Hoftag (Curia Regis) trat. Er bewilligte die Staatsausgaben und übte Teile der königlichen Gerichtsbarkeit aus. In der Magna Charta von 1215 wurde die Erhebung neuer staatlicher Abgaben von der Zustimmung des »Allgemeinen Rates« abhängig gemacht, dem zunächst die großen Lehensträger, später auch Vertreter des niederen Adels und der Städte angehörten und für den sich unter Heinrich III. der Name Parlament einbürgerte. Im 14. Jahrhundert entwickelte sich die Trennung des Unterhauses (englisch House of Commons), vom Oberhaus (englisch House of Lords). Seit etwa 1340 wirkte das Parlament an der Gesetzgebung mit, zunächst in Form von an den König gerichteten Bitten (»petition«), später in Form der vom Parlament formulierten, vom König genehmigten Bill. Im 14. und 15. Jahrhundert konnten zeitweilig weitere Rechte des Parlaments durchgesetzt werden, so die Überwachung der Finanzen, die Mitwirkung bei der Auswahl der Minister und deren Verantwortlichkeit vor dem Parlament. In der Petition of Right von 1628 wurde u. a. das Steuerbewilligungsrecht des Parlaments bestätigt; in der Declaration of Rights von 1689 wurden außerdem die Aufhebung von Gesetzen und die Unterhaltung eines stehenden Heeres in Friedenszeiten an die Einwilligung des Parlaments gebunden sowie die regelmäßige Einberufung des Parlaments und die parlamentarische Redefreiheit gewährleistet. Träger des parlamentarischen Regierungssystems wurden die großen politischen Parteien (Whigs und Tories im 18. Jahrhundert, dann Liberale und Konservative bis 1923, seitdem Konservative und Labour Party); der König musste sich auf die Partei stützen, die im Parlament die Mehrheit besaß, und aus ihren Führern den königlichen Rat (das Kabinett) bilden. Die Rechte des Oberhauses wurden mehr und mehr zugunsten des Unterhauses zurückgedrängt; dieses wurde nach verschiedenen Änderungen des Wahlgesetzes im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts in allgemeinen, gleichen, unmittelbaren und geheimen Wahlen gebildet.
 
Das französische Parlament war ursprünglich ein ständiger Gerichtshof, der sich im 13. Jahrhundert aus der Curia Regis entwickelt hat und als oberste Berufungsinstanz auch für die Lehensfürstentümer zuständig war. Neben dem Parlament von Paris bildeten sich im Lauf der Zeit auch in anderen Städten Parlamente; 1789 waren es insgesamt 14. Aus dem Brauch, die königlichen Erlasse in die Register des (Pariser) Parlaments einzutragen, entwickelte sich der Anspruch der Parlamente auf Überprüfung der Gesetze. Ein Parlament im modernen Sinn ist in Frankreich jedoch erst mit der Französischen Revolution durch Einberufung der »Generalstände«, später durch die Wahl der Nationalversammlung, dann der Kammern eingeführt worden.
 
In Deutschland stellten die Parlamente zunächst keine Volksvertretungen, sondern Ständeversammlungen dar, in denen der Adel, der Klerus und das Stadtpatriziat vertreten waren. Der Reichstag des Heiligen Römischen Reichs wie auch die Landstände (Kammern) der einzelnen Territorialstaaten konnten in den ihrer Mitwirkung unterliegenden Fragen nur gemeinsam mit dem Staatsoberhaupt (Kaiser oder Landesherr) entscheiden. Im Absolutismus gingen diese Ständeversammlungen bis auf wenige Ausnahmen unter. In der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden (z. B. in Preußen) die landständischen Vertretungskörperschaften wiederhergestellt, zum Teil unter Aufnahme von Vertretern der bis dahin ausgeschlossenen Bauern. Ein Parlament im modernen Sinn erhielt Preußen erst durch die Verfassung von 1848/50. Die süddeutschen Länder gingen demgegenüber schon in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts durch Übernahme des britischen Zweikammersystems zur Repräsentativ-Verfassung über und begründeten damit den Konstitutionalismus in Deutschland. Diese Parlamente waren (zusammen mit dem Monarchen) für die Gesetzgebung zuständig. Außerdem bedurften die Steuererhebung und die Aufnahme von Staatsschulden ihrer Zustimmung. Ein förmliches Ausgabenbewilligungsrecht (Budgetrecht) entwickelte sich erst allmählich. Das erste gesamtdeutsche Parlament bildete die Frankfurter Nationalversammlung von 1848/49. Die Reichstage des Norddeutschen Bundes (1867-70), des Deutschen Reiches und der Weimarer Republik waren Parlamente von Bundesstaaten. - In der Bundesrepublik Deutschland ist der Deutsche Bundestag das vom Volk gewählte Parlament; der Bundesrat ist kein Parlament, sondern Vertretungsorgan der Länder. Die Parlamente der Länder heißen Landtag, Abgeordnetenhaus (Berlin) oder Bürgerschaft (Hamburg und Bremen). - Das Parlament der DDR war die Volkskammer.
 
In Österreich setzt sich das Parlament aus zwei Kammern, dem Nationalrat und dem von den Landtagen gewählten Bundesrat, zusammen. Diese üben gemeinsam die Gesetzgebung des Bundes und die Kontrolle der Exekutive aus. Die Landtage fungieren als Landesparlamente.
 
In der Schweiz wird das Parlament als Bundesversammlung bezeichnet, die aus Nationalrat und Ständerat besteht. Während der Nationalrat das demokratische Prinzip verkörpert, verwirklicht der Ständerat das föderalistische Prinzip. Beide Kammern sind gleichberechtigt. Dies kommt (im Unterschied zur Bundesrepublik Deutschland und zu Österreich) dadurch zum Ausdruck, dass ein Parlamentsbeschluss nur bei Zustimmung beider Räte zustande kommt.
 
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie v. a. auch in den folgenden Artikeln:
 
Abgeordneter · Bill of Rights · Budgetrecht · Demokratie · Einkammersystem · Europäische Gemeinschaften · Fraktion · Gewaltenteilung · Magna Charta · Misstrauensvotum · Petition · Petition of Right · Untersuchungsausschuss · Zweikammersystem
 
Literatur:
 
Hb. für die parlamentar. Praxis, bearb. v. J. Bücker u. a., hg. v. H. G. Ritzel, Losebl. (1981 ff.);
 N. Achterberg: P.-Recht (1984);
 W. Mössle: Reg.-Funktionen des P. (1986);
 A. Halle: Politik im Netzwerk. Parteien, P. u. Verbände in Österreich (1987);
 
P.-Recht u. P.-Praxis in der Bundesrepublik Dtl., hg. v. H.-P. Schneider u. a. (1989);
 M. Heger: Dt. Bundesrat u. Schweizer Ständerat (1990);
 
Das Dt. P., hg. v. R. Süssmuth (31995).

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Par|la|mẹnt, das; -[e]s, -e [engl. parliament < afrz. parlement = Unterhaltung, Erörterung (daraus schon gleichbed. mhd. parlament, parlemunt), zu: parler, ↑parlieren]: 1. gewählte [Volks]vertretung mit beratender u. gesetzgebender Funktion: das P. tritt zusammen, berät, verabschiedet ein Gesetz; das P. einberufen, zusammenrufen, auflösen; ein neues P. wählen; dem P. angehören; etw. im P. verhandeln; die neue Partei will ins P. einziehen; die Sozialisten haben die Mehrheit im P. 2. Gebäude, in dem ein ↑Parlament (1) untergebracht ist: das P. ist mit Fahnen geschmückt.

Universal-Lexikon. 2012.