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Internationale
In|ter|na|ti|o|na|le 〈f. 19; unz.〉
1. 〈Kurzw. für〉 Internationale Arbeiterassoziation, zwischenstaatliche Vereinigung sozialist. Parteien (I., II. u. III. Internationale); Sy Arbeiterinternationale
2. Kampflied der internationalen sozialist. Arbeiterbewegung

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1In|ter|na|ti|o|na|le, die; -, -n:
1. [Kurzform von: Internationale Arbeiterassoziation] internationaler Zusammenschluss sozialistischer Arbeiterorganisationen:
die Erste I.;
die Kommunistische I.;
Ü eine I. der Kriegsdienstverweigerer.
2. <o. Pl.> Kampflied der internationalen Arbeiterbewegung (»Wacht auf, Verdammte dieser Erde«):
die I. anstimmen.
2In|ter|na|ti|o|na|le, die/eine Internationale; der/einer Internationalen, die Internationalen/zwei Internationale (Sport):
weibliche Person, die als Mitglied einer Nationalmannschaft internationale Wettkämpfe bestreitet.

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Internationale
 
die, -/-n, im weiteren Sinn Bezeichnung für eine internationale Vereinigung von Parteien und angeschlossenen Verbänden (z. B. Liberale Internationale, internationale Zusammenschlüsse der Gewerkschaften); im engeren Sinn verschiedene sozialistische Vereinigungen im Rahmen der Arbeiterbewegung, die sich von der Auffassung leiten lassen, dass die Arbeiter über nationale und ethnische Grenzen hinaus gemeinsame Interessen haben.
 
Die Anfänge internationalen Denkens in der Arbeiterbewegung reichen bis in das erste Drittel des 19. Jahrhunderts zurück. Die revolutionären Erschütterungen zwischen 1830 und 1848 gaben der Idee des Internationalismus starken Auftrieb (klassischer Ausdruck durch K. Marx mit dem Aufruf »Proletarier aller Länder, vereinigt euch« am Schluss des »Kommunistischen Manifestes«, 1848). Die erste konkrete Anregung zu einer internationalen Arbeiterorganisation kam von der britischen Gewerkschaftsbewegung unter maßgeblicher Mitwirkung von Marx und F. Engels, die seit dem Scheitern der Märzrevolution in Deutschland (1848) in London lebten.
 
Die Erste Internationale, gegründet als »Internationale Arbeiter-Assoziation« (IAA) am 28. 9. 1864 in London, umfasste verschiedene Gruppen sozialistischer und anarchistischer Richtungen aus 13 Ländern Europas und den USA (1868 Beitritt deutscher Arbeitervereine unter Führung von A. Bebel und W. Liebknecht). In einer »Inauguraladresse« entwarf Marx das Programm, in einem provisorischen Statut die organisatorische Struktur der IAA. Nur in der internationalen solidarischen Aktion könne die Arbeiterklasse ihre »ökonomische Emanzipation« und die »Vernichtung der Klassenherrschaft« erreichen. Geleitet wurde diese Vereinigung von einem Generalrat (Sekretär seit 1870 Engels), der von einem jährlich zusammentretenden Kongress gewählt wurde. Die Solidarisierung der IAA mit dem Aufstand der Pariser Kommune (1871) löste in einigen Ländern eine Welle der Verfolgung von Mitgliedern der IAA aus. Die Erste Internationale zerbrach v. a. an den gegensätzlichen Ansichten von Marx und M. A. Bakunin. Während Marx die IAA auf eine straffere Organisation und die Bildung von organisatorisch fest gefügten Arbeiterparteien festlegen wollte, suchte Bakunin v. a. die direkte Aktion als Prinzip der sozialen Revolution in der IAA-Programmatik durchzusetzen. 1872 spaltete sich die Erste Internationale, 1876 löste sie sich auf.
 
Die Zweite Internationale, im Juli 1889 in Paris auf Anregung der deutschen Sozialdemokratie als lockere Vereinigung selbstständiger sozialistischer Parteien und Gewerkschaften gegründet, bekannte sich zum Marxismus. Auf dem Gründungskongress forderten die Teilnehmer den Achtstundentag und erklärten den Ersten Mai zum »Kampftag der Arbeit«. Das Erfurter Programm (1891) der SPD hatte für die Zweite Internationale richtungweisenden Charakter. Im Sinne dieses Programms legte sie 1896 ihre Mitgliedsorganisationen darauf fest, erst auf politisch-parlamentarischem Wege die Macht im Staat zu erobern, bevor die kapitalistische Produktionsweise durch das Proletariat abgeschafft werde. Mit der Festlegung dieser Taktik schloss sie die Mitgliedschaft anarchistischer Gruppen aus. In der Zeit zwischen ihren Kongressen besaß die Zweite Internationale zunächst keine ständige Organisation. Seit 1900 fungierte das »Internationale Sozialistische Büro« (ISB, Vorsitzender É. Vandervelde), das sich aus Vertretern der nationalen Sektionen zusammensetzte, als Schlichtungs- und Informationsorgan zwischen den selbstständigen Mitgliedsorganisationen. In Brüssel unterhielt es ein ständiges Sekretariat (Sekretär C. Huysmans).
 
Auf ihren Kongressen befasste sich die Zweite Internationale v. a. mit grundsätzlichen Fragen (z. B. Generalstreik, Kolonial- und Nationalitätenfrage, Krieg und Imperialismus). Seit etwa 1900 erstarkten in der Strategiediskussion die reformorientierten gegenüber den revolutionär gesinnten Kräften; die Verfechter des Revisionismus (in der SPD: E. Bernstein) wurden in den meisten sozialistischen Parteien und Gewerkschaften bestimmend. Die Haltung der nationalen Mitgliedsorganisationen in der Kriegsfrage spaltete die Zweite Internationale und führte zu ihrem Zerfall. Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs (1914) vertraten fast alle Mitgliedsparteien die Position des »Burgfriedens« mit ihren jeweiligen Regierungen. Die Konferenzen von Zimmerwald (1915) und Kient(h)al (1916) kamen nur noch auf Initiative kleiner Gruppen zustande.
 
Nach dem Ersten Weltkrieg begründeten reformistische Sozialisten die Zweite Internationale 1919 wieder. Im selben Jahr bildete sich auf Anregung Lenins im scharfen Gegensatz zu ihr die Dritte Internationale (Kommunistische Internationale, Komintern) als Zusammenfassung aller kommunistischen Parteien. Sie geriet zunehmend in politischer Abhängigkeit von der KPdSU, besonders seitdem sich Stalin in den parteiinternen Auseinandersetzungen in der UdSSR immer stärker durchsetzte. 1943 löste dieser die Komintern auf und ließ sie 1947 durch ein Kommunistisches Informationsbüro (Kominform) ersetzen, das bis 1956 bestand. Danach waren die kommunistischen Parteien unter straffer Führung der KPdSU bestrebt, auf internationalen kommunistischen Konferenzen eine gemeinsame politische Linie zu finden (z. B. in Moskau 1960).
 
Mit der Gründung einer »Internationalen Arbeitsgemeinschaft Sozialistischer Parteien« 1921 in Wien - deshalb auch Wiener Internationale, im kommunistischen Sprachgebrauch auch »II 1/2-Internationale« genannt - suchten linkssozialistische Gruppierungen vergeblich die Spaltung der sozialistischen Internationale zu überwinden und sozialistische Parteien Europas und der USA zu vereinigen; 1923 schlossen sich diese mit der Zweiten Internationale zur Sozialistischen Arbeiter-Internationale (SAI) zusammen; diese bestand bis 1940. An ihrer Spitze standen zwei Generalsekretäre, der Brite I. Shaw und der Österreicher F. Adler. Die Gründung des Committee of International Socialist Conferences (COMISCO) 1947 in London führte 1951 in Frankfurt am Main zur Entstehung der Sozialistischen Internationale (SI).
 
Die Vierte Internationale, 1938 in Paris von L. D. Trotzkij gegründet, suchte die spezifischen Auffassungen des Trotzkismus weiterzuentwickeln; sie blieb aber ohne große Breitenwirkung.

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1In|ter|na|ti|o|na|le, die; -, -n [1: Kurzform von: Internationale Arbeiterassoziation]: 1. internationaler Zusammenschluss sozialistischer Arbeiterorganisationen: weil es ja im Grunde nicht nur die I. der Arbeiter gibt, sondern auch die der Gelehrten und die der Aristokratie (Dönhoff, Ostpreußen 202); Ü Die I. der Geheimdienstler (Zwerenz, Quadriga 101); Beleg für das gute Funktionieren der braunen I. (des internationalen Rechtsradikalismus; Spiegel 14, 1981, 4). 2. <o. Pl.> Kampflied der internationalen Arbeiterbewegung („Wacht auf, Verdammte dieser Erde“): die I. anstimmen.
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2In|ter|na|ti|o|na|le, der u. die; -n, -n <Dekl. ↑Abgeordnete> (Sport): jmd., der als Mitglied einer Nationalmannschaft internationale Wettkämpfe bestreitet: Impulse in Form eines Zuspiels in die Tiefe kamen vom -n diesmal kaum einmal (NZZ 2. 9. 86, 38).

Universal-Lexikon. 2012.