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Fe|mi|nis|mus [femi'nɪsmʊs], der; -:Frauenbewegung, die die Befreiung der Frau von gesellschaftlicher Diskriminierung und Unterdrückung durch Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse und damit der geschlechtsspezifischen Rollen anstrebt:
sie vertritt einen radikalen Feminismus.
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Fe|mi|nịs|mus 〈m.; -, -nịs|men〉
II 〈unz.〉 Bewegung der Feministinnen
[→ feminin]
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Fe|mi|nịs|mus , der; -, …men:
1. <o. Pl.> Richtung der Frauenbewegung, die, von den Bedürfnissen der Frau ausgehend, eine grundlegende Veränderung der gesellschaftlichen Normen (z. B. der traditionellen Rollenverteilung) u. der patriarchalischen Kultur anstrebt.
2. (Med., Zool.) das Vorhandensein od. die Ausbildung weiblicher Geschlechtsmerkmale beim Mann od. bei einem männlichen Tier; Verweiblichung.
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I Feminismus,
sowohl Bezeichnung für Theorie und Lehre der Frauenbewegung, als auch für die Frauenbewegung selbst. Mit Feminismus wird in neuerer Zeit die Ende der 1960er-Jahre vor dem Hintergrund der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung und der westeuropäischen Studentenbewegung entstandene Neue Frauenbewegung bezeichnet. Ihr Ziel ist die Befreiung der Frau aus einer jahrtausendealten Abhängigkeit von männlicher Vorherrschaft. Diese Befreiung soll sowohl in privater, individueller Hinsicht (z. B. in der Orientierung an den eigenen sexuellen Bedürfnissen) wie in gesellschaftlicher Hinsicht (z. B. gleicher Lohn für gleiche Arbeit) gelingen und dadurch wiederum die Werte- und Normensysteme der Gesellschaft aus einer einseitig männlich geprägten Sichtweise herausführen.
Es waren zunächst wesentlich die Gedanken der französischen Schriftstellerin und Philosophin Simone de Beauvoir in ihrem 1949 erschienenen Buch »Das andere Geschlecht« (»Le Deuxième Sexe«), die den Blick vieler Frauen auf diese Tradition männlicher Überlegenheit und weiblicher Schwächegefühle (das »zweite« Geschlecht) richteten, um aus dieser Situation der Ungleichheit aufbrechen zu können. Dann war es notwendig, mit selbstverständlich gewordenen Sichtweisen zu brechen (z. B. Männer können besser denken, Frauen sind zuständig für Gefühle) und einen eigenständigen Blick auf sich selbst und die Welt zu gewinnen. Der Feminismus - in dem es verschiedene Richtungen und Meinungen gibt - entwickelt nicht nur theoretische Grundlagen durch die Analyse des Verhältnisses der Geschlechter in Vergangenheit und Gegenwart und indem er Ziele entwirft; er setzt auch davon ausgehend Veränderungen in Gang, sei es im privaten Bereich (z. B. Verteilung der Hausarbeit auf beide Geschlechter) wie im gesellschaftlichen Bereich (z. B. Schaffung der Stellen der Frauen- beziehungsweise Gleichstellungsbeauftragten; Entstehung zahlreicher selbstorganisierter feministischer Projekte und Institutionen im Wissenschafts- und Kulturbereich und im sozialen Sektor, etwa Frauenhäuser; Teilhabe an der Macht durch Förderung von Frauen in höheren Positionen in Industrie und Hochschulen).
II
Feminịsmus
der, -, Bezeichnung sowohl für die Theorie und Lehre der Frauenbewegung als auch für die Bewegung selbst; im engeren Sinn Bezeichnung für die Ende der 1960er-Jahre vor dem Hintergrund der amerikanischen Bürgerrechts- und westeuropäischen Studentenbewegung entstandene »Neue Frauenbewegung«, deren gemeinsames Ziel die Abschaffung der Frauenunterdrückung und eine stärker von weiblichem Einfluss geprägte, grundlegende Veränderung des gesellschaftlichen Normen- und Wertsystems ist. Der Begriff Feminismus, wie auch die gesamte neuzeitliche Frauenbewegung, entstand vermutlich während der Zeit der Französischen Revolution mit der Forderung nach Menschenrechten auch für die Bürgerin. Durch die Schriften von C. Fourier zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde der Begriff der Feminismus popularisiert. Fourier stellte die These auf, dass der Grad der Befreiung der Frau Prüfstein einer jeden Gesellschaft und allgemeinster Maßstab der menschlichen Emanzipation sei.
Im Unterschied zu ihrer historischen Vorläuferin versteht sich die autonome »Neue Frauenbewegung« als per se feministisch. Unter Feminismus versteht sie neben der separaten Organisationsform den psychologischen Befreiungsprozess der Frau aus der absolut auf den Mann bezogenen Definition und die daraus resultierende neue, oft kulturrevolutionäre Beurteilungsweise von Problemen des Menschen und der Gesellschaft durch Frauen; Kernpunkt des Feminismus ist der Kampf gegen die gesellschaftlich definierte Frauenrolle und die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung. Wegweisend für die Theorie des Feminismus wurde in den 60er-Jahren Simone de Beauvoirs Werk »Le deuxième sexe« (1949; deutsch »Das andere Geschlecht«, 1951) mit seinen beiden grundlegenden Schlussfolgerungen: 1) dass in der patriarchalischen Gesellschaft die Frau als das »Andere« definiert wird, während der Mann die Norm ist, an der sich die Frau zu messen hat; 2) dass Weiblichkeit keine angeborene Wesensqualität, sondern eine historische Konstruktion ist (»Man kommt nicht als Frau zur Welt, man wird es«). Zu einem feministischen Grundlagentext wurde auch Betty Friedans Studie »The feminine mystique« (1963) mit ihrer Analyse des durch Werbung und Massenmedien manipulierten »Weiblichkeitswahns« (Kinder, Küche, Kirche). Die feministische Theoriebildung der 70er-Jahre bezog wichtige Impulse aus Kate Milletts Untersuchung »Sexual politics« (1969), Shulamith Firestones Essay »The dialectic of sex« (1970) und Juliet Mitchells Studien über Feminismus, weibliche Sexualität und Psychoanalyse. Die drei Autorinnen gehen von der Grundthese des Radikalfeminismus aus, dass der Sexismus, d. h. die Diskriminierung der Frau aufgrund ihres Geschlechts, die elementarste Form menschlicher Unterdrückung sei, aus der sich alle anderen Formen gesellschaftlicher Unterdrückung ableiten lassen. Im Unterschied hierzu halten die Vertreter des sozialistischen Feminismus an der marxistischen Klassenanalyse fest, propagieren aber einen eigenen, feministischen Weg zum Sozialismus (Anja Meulenbelt, H. Marcuse, R. Garaudy, Sheila Rowbotham). Neben der Kritik an Sexismus und Patriarchat bildete die Auseinandersetzung mit der Sexualität (Infragestellung der männlich geprägten Heterosexualität, Betonung einer spezifisch weiblichen Form sexuellen Erlebens, Lesbianismus) einen weiteren Schwerpunkt der feministischen Theoriediskussion (Ann Koedt, Alice Schwarzer, Shere Diane Hite).
Mit dem Bedeutungsschwund des sozialistischen Feminismus und der Linken seit Mitte der 70er-Jahre verlagerte sich das Interesse des Feminismus zunehmend vom öffentlichen auf den privaten Bereich. Neben der Strategie der individuellen Selbstveränderung, die davon ausging, dass Veränderungen in der persönlichen Lebenssphäre auch politische Konsequenzen haben, trat der Ausbau einer weiblichen Subkultur in den Vordergrund. Im sozial- und gesundheitspolitischen Sektor, im Wissenschafts- und Kulturbereich entstand ein dichtes, vielfach durch öffentliche Gelder gefördertes Netz von selbst organisierten feministischen Projekten und Institutionen: Frauenhäuser und -zentren, Selbsterfahrungsgruppen, Kneipen und Cafés, Ferien- und Freizeithäuser, Kabaretts, Theater- und Filmgruppen, Verlage, Buchhandlungen, Zeitschriften, Forschungsgruppen, Sommeruniversitäten, Museen. Die Schaffung und Wiederbelebung einer weiblichen Gegenkultur sollte Frauen die Möglichkeit eröffnen, alternative Lebens- und Arbeitsformen zu praktizieren und eine nicht an männlichen Bedürfnissen orientierte weibliche Identität zu entwickeln.
Seit Beginn der 80er-Jahre traten Teile der feministischen Bewegung v. a. in der Bundesrepublik den Rückzug in eine »neue Innerlichkeit« an. Damit einher ging die Formulierung eines »neuen« Weiblichkeitsmythos, der Mutterschaft, Körper, Natur und Gefühl ins Zentrum der weiblichen Identität stellte. Eine andere Variante des neuen Weiblichkeitsmythos besteht in der radikalen Abwertung »männlicher« Denkstrukturen, d. h. Rationalität und Wissenschaft, denen eine weibliche, an Mystik, Magie, Astrologie und Esoterik ausgerichtete »feministische Spiritualität« entgegengesetzt wird. Beide Tendenzen zogen scharfe Kritik auch von feministischer Seite auf sich. Mitte der 90er-Jahre kann nun von einer großen Vielfalt feministischen Selbstverständnisses ausgegangen werden, die eine einheitliche Definition des Begriffs Feminismus unmöglich macht. Seit 1994 besteht in Köln, maßgeblich initiiert von A. Schwarzer, ein feministisches Archiv und Dokumentationszentrum (»FrauenMediaTurm«).
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie v. a. auch in den folgenden Artikeln:
Emanzipation · feministische Theologie · Frau · Frauenbewegung · Frauenforschung · Frauenhaus · Sexismus · Women's Liberation Movement
J. Menschik: F. Gesch., Theorie, Praxis (1977);
U. Hoffmann: Sprache u. Emanzipation. Zur Begrifflichkeit der feminist. Bewegung (1979);
A. Meulenbelt: F. (1982);
S. Lennox: Impulse aus den USA u. Frankreich, in: Frauen, Lit., Gesch., hg. v. H. Gnüg u. R. Möhrmann (1985);
B. Friedan: Der Weiblichkeitswahn oder die Selbstbefreiung der Frau (a. d. Amerikan., 171.-173. Tsd. (1991);
H. Schenk: Die feminist. Herausforderung. 150 Jahre Frauenbewegung in Dtl. (61993);
C. Pinl: Vom kleinen zum großen Unterschied. »Geschlechterdifferenz« u. konservative Wende im F. (Neuausg. 1995);
Das Weiberlex., hg. v. F. Hervé u. a. (Neuausg. 1996).
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Fe|mi|nịs|mus, der; -, ...men: 1. <o. Pl.> Richtung der Frauenbewegung, die, von den Bedürfnissen der Frau ausgehend, eine grundlegende Veränderung der gesellschaftlichen Normen (z. B. der traditionellen Rollenverteilung) u. der patriarchalischen Kultur anstrebt. 2. (Med., Zool.) das Vorhandensein od. die Ausbildung weiblicher Geschlechtsmerkmale beim Mann od. bei einem männlichen Tier; Verweiblichung.
Universal-Lexikon. 2012.