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Theater
Getrommel (umgangssprachlich); Rummel (umgangssprachlich); Gehabe (umgangssprachlich); Aufhebens; Aufriss (umgangssprachlich); Terz (umgangssprachlich); Tumult; Aufruhr; Aufstand (umgangssprachlich); Unruhe; Krawall; Lärm; Affenkomödie (umgangssprachlich); Schmierenkomödie (umgangssprachlich); Affentheater (umgangssprachlich); Aufführung (umgangssprachlich); Vorstellung (umgangssprachlich); Possenspiel (umgangssprachlich); Schauspielhaus

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The|a|ter [te'a:tɐ], das; -s, -:
1. zur Aufführung von Bühnenwerken bestimmtes Gebäude:
ein kleines, modernes Theater; ein neues Theater bauen.
Zus.: Filmtheater, Kellertheater, Kindertheater, Stadttheater, Zimmertheater.
2. Theater (1) als kulturelle Institution:
beim Theater abonniert sein; wir haben hier ein gutes Theater; sie will zum Theater gehen (ugs.; will Schauspielerin werden).
Syn.: Bühne; die Bretter, die die Welt bedeuten; Kabarett.
Zus.: Bauerntheater, Nationaltheater, Provinztheater, Sommertheater, Stadttheater, Studententheater.
3. <ohne Plural> Vorstellung, Aufführung:
das Theater ist ausverkauft; nach dem Theater trafen wir uns in einem Café.
Zus.: Kasperletheater, Marionettentheater, Puppentheater, Schattentheater.
4. <ohne Plural> (ugs. abwertend) Unruhe, Verwirrung, Aufregung:
es gab viel Theater um diese Sache, wegen dieses Vorfalls.
Syn.: Getue (ugs. abwertend), Krach (ugs.), Rummel (ugs.), Wirbel, Zirkus.

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The|a|ter 〈n. 13
1. 〈i. w. S. Sammelbez. für〉 Schauspiel, Oper, Operette, Bühnentanz, Gebäude für deren Vorführung
2. 〈i. e. S.〉 Bühne
3. die Gesamtheit der Zuschauer
4. Gesamtheit der dramat. Werke eines Volkes od. einer Zeit (Barock\Theater)
5. Schaustellung, Vorführung
6. Vorstellung im Theater
7. 〈fig.; umg.〉 Getue, Aufregung
● das \Theater beginnt um 8 Uhr; tu das nicht, sonst gibt es ein großes \Theater 〈fig.; umg.〉; das ganze \Theater lachte, tobte, schrie, brach in Beifallsstürme aus; mach nicht so ein, so viel \Theater! 〈fig., umg.〉; sein: das ist doch alles nur \Theater! 〈fig.; umg.〉; \Theater spielen 〈fig.; umg.〉 heucheln, etwas vortäuschengriechisches, römisches, deutsches, französisches \Theater ● Vorspiel auf dem \Theater (Goethe, Faust); beim \Theater (angestellt) sein; was wird heute im \Theater gegeben?; ins \Theater gehen; das Stück habe ich kürzlich im \Theater gesehen; wir treffen uns nach dem \Theater; zum \Theater gehen Schauspieler(in) werden [<frz. théâtre <lat. theatrum „Zuschauerraum, Theater“ <grch. theatron „Schauplatz, Theater“; zu theasthai „(an)schauen, betrachten“] Siehe auch Info-Eintrag: Theater - info!

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The|a|ter , das; -s, - [älter: Theatrum, eingedeutscht nach frz. théâtre < lat. theatrum < griech. théatron, zu: théa = das Anschauen, die Schau; Schauspiel]:
1.
a) zur Aufführung von Bühnenwerken bestimmtes Gebäude:
ein kleines, modernes T.;
das T. war leer, gut besetzt;
sie trafen sich vor dem T.;
b) Theater (1 a) als kulturelle Institution:
beim T. abonniert sein;
am, beim T. sein (ugs.; bes. als Schauspieler[in] am Theater tätig sein);
c) <o. Pl.> Aufführung im Theater (1 a); Vorstellung:
das T. beginnt um 20 Uhr;
nach dem T. gehen wir in ein Restaurant;
die Kinder spielen T. (führen etw. auf);
T. spielen (ugs.; etw., bes. ein Leiden o. Ä., nur vortäuschen);
d) <o. Pl.> Theaterpublikum:
das ganze T. lachte;
e) Ensemble, Mitglieder eines Theaters (1 b):
das T. geht auf Tournee.
2. <o. Pl.> darstellende Kunst [eines bestimmten Volkes, einer bestimmten Epoche, Richtung] mit allen Erscheinungen:
das antike T.;
absurdes T. (Literaturwiss.; Form des Dramas, die durch absurde Handlungen u. absurde Dialoge die Situation des Menschen in einer sinnentleerten Welt, die Verkümmerung der zwischenmenschlichen Kommunikation enthüllen will);
episches T. (Literaturwiss.; [im Sinne der marxistischen Kunsttheorie des sozialistischen Realismus von Bertolt Brecht theoretisch begründete u. ausgebildete] demonstrierend erzählende Form des Dramas, deren Ziel es ist, mithilfe des Verfremdungseffekts den Zuschauer zum rationalen Betrachter des Vorgangs auf der Bühne zu machen u. zu kritischer Stellungnahme zu zwingen);
das Ensemble zeigte vorzügliches T.;
T. machen ([bes. als Regisseur] Theaterarbeit machen).
3. <o. Pl.> (ugs. abwertend) Unruhe, Verwirrung, Aufregung, als unecht od. übertrieben empfundenes Tun:
es gab viel T. in, wegen dieser Sache;
so ein T.!;
ein furchtbares T. um/wegen etw. machen, aufführen.

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Theater
 
[über französisch théâtre aus lateinisch theatrum, von gleichbedeutend griechisch théatron, eigentlich etwa »Schaustätte«, zu theãsthai »anschauen«] das, -s/-, Bezeichnung für jede szenische Darstellung eines äußeren oder inneren Geschehens, für die künstlerische Kommunikation zwischen Agierenden (Darstellern) und Reagierenden (Zuschauern); auch Bezeichnung für das Gebäude, in dem Theatervorstellungen stattfinden. Es werden heute drei Sparten unterschieden: das Sprechtheater (Schauspiel), das körpersprachlich orientierte Theater (Tanztheater, Ballett, Pantomime) und das Musiktheater (Oper, Operette, Musical).
 
 Grundzüge des Theaters
 
Spielen, Tanzen, Verkleiden, Maskieren sind feste Bestandteile menschlicher Verhaltensbedürfnisse; beim kindlichen Spiel sind sie noch unverstellt vorhanden, ebenso bei Naturvölkern, die mit solchen Ausdrucksmitteln ihren Kampf zwischen den guten Geistern und den Dämonen darstellen. Aus dieser im Ursprung zunächst rein kultischer Handlung entwickelte sich im Verlauf der Geschichte die Kunstform der theatralen Aufführung. Das Vorgeführte kann ein von einem Autor oder Komponisten verfasstes Stück (Schauspiel, Oper) sein, aber auch reine Aktion, Improvisation bis hin zu den Randzonen der Performance. Darstellungsmittel sind dabei Mimik, Gestik, Tanz, Pantomimik, Sprechen, Gesang, Gruppen- oder Ensembledynamik. Diese werden, je nach künstlerischer Akzentuierung der Aufführung, durch das Licht, die Tontechnik, das Bühnenbild (die Raumgestaltung), das Kostüm und die Maske verstärkt. Theater ist insofern unmittelbar, als im Augenblick des Entstehens dieses geistig-bildlichen Vorgangs sowohl Darsteller als auch Zuschauer in einer Art »Großkommunikation« ohne technische Trennung (wie etwa durch den Bildschirm beim Fernsehen) aktiv beteiligt sind. Dem Theater verwandte Medien sind das Lichtspieltheater (Film), das Hörspiel, das Fernsehspiel, das Puppentheater, das Schattenspiel und die theatrale Performance.
 
 Der Theaterbau
 
Das traditionelle heutige Theatergebäude besteht aus drei Teilen: dem Zuschauerhaus, den Verwaltungs-, Magazin- und Werkstättenräumen und dem eigentlichen Bühnenhaus. Bühne und Zuschauersaal stehen nur während der Vorstellung in offener Verbindung und können jederzeit durch den eisernen Vorhang voneinander getrennt werden. Größe und Form des Zuschauerraums sind bedingt durch die Bauweise des Theatergebäudes oder durch die Form und Ausmaße der Bühnenöffnung (in der Regel 12-15 m breit und 8-9 m hoch). Im alten »Hoftheater« kannte man auf hufeisenförmiger Grundfläche bis zu sechs Ränge übereinander. Heutige Inszenierungen suchen durch flexible Überwindung des Orchestergrabens mithilfe von Podesten die größere Nähe zum Publikum herzustellen. Neben der herkömmlichen Guckkastenbühne gibt es bei Neubauten unterschiedliche Besucher-Darsteller-Zuordnungen mittels Raumbühnen (Bühne und Zuschauerraum gehen architektonisch ineinander über), Arenabühnen oder Rundumbühnen. Dem »Pausenerlebnis« dient das Foyer als Ort der Kommunikation der Zuschauer untereinander. Den meisten Theaterhäusern ist eine Experimentierbühne zugeordnet: das »Kleine Haus« oder »Studio«. Außerdem besitzen manche Theater Räume für ein eigenständiges »Kinder- und Jugendtheater«. Ein völlig selbstständiges Kinder- und Jugendtheater ist z. B. das Grips-Theater in Berlin.
 
 Künstlerischer Betrieb
 
Der künstlerische Betrieb eines staatlichen oder städtischen Theaters wird nach den noch überwiegend geltenden Grundsätzen von dem Intendanten geleitet, bei Privattheatern sind es Theaterdirektoren. Der Intendant lässt sich in regelmäßigen Regiesitzungen von den künstlerischen Bühnenvorständen beraten; hier wird der Spielplan (Repertoire) festgesetzt und der Probenplan aufgestellt.
 
Den Proben eines Stücks folgt die Premiere (Erstaufführung) oder die Uraufführung (eines noch nicht gespielten Stücks). An größeren Bühnen stehen dem Intendanten ein Schauspiel- und ein Operndirektor zur Seite, für die wirtschaftlichen Fragen ist der Verwaltungsdirektor zuständig. Die künstlerischen und technischen Bühnenvorstände sind: der Dramaturg (Dramaturgie), der Spielleiter oder Regisseur (Regie), der Ausstattungsleiter oder Bühnenbildner (Entwurf der Dekorationen und Kostüme; ihm unterstehen die Bühnenmaler und Gewandmeister), der Kapellmeister (mit den Solo- und Chorrepetitoren und dem Chordirektor), der Ballettmeister und der technische Direktor (ihm unterstehen Bühnenmeister, Maschinenmeister, Beleuchtungsinspektor, Requisiteur, die Werkstätten und die Bühnenarbeiter). Weiteres Personal: Magazinverwalter, Maskenbildner, Souffleur, Inspizient.
 
 Theaterberufe
 
Ausbildung:
 
Die Schauspieler werden im Einzelunterricht oder an staatlichen oder privaten Schauspielschulen nach Ablegung einer Eignungsprüfung ausgebildet, die Bühnenreifeprüfung wird vor einer Prüfungskommission abgelegt, die paritätisch von der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehörigen und dem Deutschen Bühnenverein gebildet wird. Das Gleiche gilt für Sänger, die meist an Musikhochschulen ausgebildet werden. Doch ist die bestandene Prüfung heute nicht mehr obligatorisch, Theaterleiter gehen teilweise dazu über, ihren Nachwuchs in eigener Arbeit heranzubilden. In Österreich wird die Bühnenreifeprüfung vor der paritätischen Kommission der Theaterunternehmerverbände und der ÖGB (Gewerkschaft für Kunst und freie Berufe, Sektion Bühnenangehörige) abgelegt.
 
Der Regisseur braucht praktische Bühnenerfahrung. Deshalb geht die Ausbildung weniger über Regieschulen, sondern zumeist über eine Reihe von Regieassistenzen. Für den Dramaturgen besteht die Möglichkeit zur akademischen Ausbildung an den theaterwissenschaftlichen Instituten oder Abteilungen verschiedener Universitäten, doch wird eine solche Ausbildung nicht vorausgesetzt. Für Bühnenbildner bestehen an einigen Kunstakademien Bühnenbildnerklassen, aber zunächst müssen Bühnenbildnerassistenzen absolviert werden. Der Weg zum Kapellmeister und Orchestermitglied führt meist über Musikhochschulen, denen häufig Theaterabteilungen angeschlossen sind. An einigen Theatern gibt es Ballettschulen.
 
Organisationen
 
und Tarifrechtliches: Der Deutsche Bühnenverein ist die Organisation der Arbeitgeber der Theater, die Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehörigen die der (künstlerischen und zum Teil der technischen) Arbeitnehmer in Deutschland. Jeder Rechtsträger eines Theaters ist verpflichtet, für die Mitglieder eine Alters- und Hinterbliebenenversicherung abzuschließen. Pflichtversicherungsanstalt ist die Versorgungsanstalt der deutschen Bühnen (München).
 
In der DDR gab es ab 1953 keine privaten Theater mehr. Die Theater unterstanden der Abteilung Theater, Musik des Ministeriums für Kultur, das »Theater im Palast« (»TiP«) dem Ministerrat. Die Engagements wurden durch die Staatliche Zentrale Bühnenvermittlung besorgt. Die Gagen richteten sich nach den Lohn- und Gehaltsabkommen, die zwischen dem Ministerium für Kultur und der Gewerkschaft Kunst abgeschlossen wurden. Die Ensembles waren auch gehalten, in die Betriebe und auf das Land zu gehen.
 
In Österreich ist der Theaterarbeitgeber der »Theaterhalterverband«, während die Arbeitnehmer in der »Gewerkschaft Kunst und freie Berufe« organisiert sind. In der Schweiz heißen die beiden entsprechenden Verbände: »Schweizer Bühnenverband« und »Schweizer Bühnenkünstlerverband«.
 
 Theater- und Bühnengeschichte
 
Der Ursprung des europäischen Theaters ist im kultischen Bereich zu suchen. Beschwörungen von Gottheiten, Fruchtbarkeitsriten, kultische Tänze sind auch heutigen Naturvölkern noch eigen. Das europäische Theater fußt auf dem Dionysoskult der Griechen. Zu Ehren dieses Gottes wurde gesungen und getanzt, es entstanden Wechselgesänge, Trink- und Festgesänge, vom Chor gemeinsam vorgetragen. Erst Thespis stellte diesem einen Gegenspieler (Protagonisten) gegenüber. Aischylos und Sophokles stellten dann gleich mehrere Gegenspieler zum Chor auf. Das Kultische war zurückgedrängt, und das weltliche Theater begann sich zu entwickeln.
 
Die Darsteller (ausschließlich Männer) übernahmen mehrere Rollen. Sie trugen Masken, schwere, prunkvolle Kostüme und den Kothurn. Die Schauspieler nahmen eine geachtete Stellung ein. Träger der Spiele war der Staat (die Polis).
 
Gespielt wurde ursprünglich auf einem Tanzplatz (Orchestra), für den runde, aber auch rechteckige Grundrisse belegt sind und auf dem ein Altar des Dionysos stand. Gegenüber dem Zuschauerraum, dem eigentlichen Theatron, der sich, etwas mehr als im Halbkreis um die Orchestra gelegt, stufenweise ansteigend an einem Hang hinaufzog, wurde bald ein Holzbau (Skene) errichtet. Er konnte wechselnde, in der klassischen Zeit stets hölzerne Aufbauten aufnehmen; in nachklassischer Zeit entwickelte sich die steinerne Palastfassade mit drei oder fünf Türen. Der Skene vorgelagert wurde später eine über die Orchestra erhöhte Spielfläche (Proskenion). Seit dem 4. Jahrhundert v. Chr. baute man Bühnen aus Stein. In Athen sind die Ruinen des Dionysostheaters am Südhang der Akropolis zu nennen. Es gibt eine ganze Reihe vorzüglich erhaltener Theater, auch in Priene und in Pergamon. Die griechischen Theater wurden von den Römern oft umgebaut.
 
Das römische Theater war im Wesentlichen vom griechischen abhängig. Terenz und Plautus verwendeten und erweiterten die bereits in der nacharistophanischen jüngeren attischen Komödie entwickelten Rollentypen. Beliebteste Form des römischen Theaters wurde der ohne Maske und auch von Frauen gespielte Mimus. Rom erhielt erst 55 v. Chr. durch Pompeius ein steinernes Theater mit bemalten drehbaren Kulissen. Bei dem auf dem Grundriss des Halbkreises angelegten Zuschauerraum (Cavea) des frei hochgemauerten römischen Theaters mit halbkreisförmig angeordneten Sitzreihen sind im Unterbau die Treppen und Tunnel der Zugänge verborgen. Die seitlichen Parodoi (Zugänge zur Bühne) waren im Unterschied zum griechischen Theater überwölbt. Über den Parodoi lagen die Ehrenlogen, die sich beim griechischen Theater unten an der Orchestra befanden. Auf diese Weise waren Cavea und Bühne miteinander architektonisch verbunden. Das Bühnengebäude hatte mehrere Stockwerke in Höhe des Zuschauerraums und erhielt eine riesige und komplizierte Schaufassade (Scaenae Frons) mit Nischen, Säulenstellungen und vielfältigem Statuenschmuck (im Zentrum oben in einer Nische die Kaiserstatue). Die einheitliche Höhe von Cavea und Scaenae Frons ließ das römische Theater zu einem umbauten Innenraum werden; die Theater waren auch durch Sonnensegel überspannbar. Die pompejanische Wandmalerei gibt ein Bild der vielfältigen Bühnendekoration. Römische Theater, die das sichtbare Zeichen des Wohlstands einer Stadt waren, sind in großer Zahl erhalten, v. a. in Kleinasien und Nordafrika (Sabratha); in Europa ist u. a. das Theater von Orange zu nennen.
 
Die Schauspielkunst war ein einträgliches Gewerbe, bis sich die Römer dem Prunk der zirzensischen Spiele zuwandten: Im bühnenlosen Amphitheater mit ovalem Spielraum und raffinierten Maschinerien wurden Gladiatorenkämpfe und Ausstattungsstücke (z. B. Seeschlachten) aufgeführt.
 
Mittelalter:
 
Nach dem Zerfall des Römischen Reiches wurde der Mimus lebendig erhalten durch die fahrenden Leute, die vor Volk und Fürsten auftraten, jedoch als unehrlich galten. Die anerkannte Theaterform des christlichen Mittelalters war das geistliche Drama. Gespielt wurde anfangs vor und in der Kirche, später auf dem Marktplatz. Die Spiele konnten mehrere Tage dauern. Alle Spielorte des Handlungsablaufs auf aufgeschlagenen Gerüsten und später zum Teil Wagen waren nebeneinander sichtbar (Simultanbühne), die Zuschauer standen oder saßen rund um die Spielflächen. Erst nach 1500 wurden die weiblichen Rollen auch von Frauen gespielt. Heidnisch-kultische Frühlingsbräuche und der antike Mimus wirkten im weltlichen Theater der deutschen Fastnachtsspiele, des Puppenspiels und der französischen Sottie nach. In Frankreich entstand die Simultan-Flächen-Bühne, eine den Zuschauern gegenüber errichtete Gerüstbühne, auf der alle Auftrittsfelder nebeneinander aufgebaut waren. Auf die im 13./14. Jahrhundert aufkommenden und immer prächtiger ausgestatteten Fronleichnamsprozessionen ist die Wagenbühne zurückzuführen, die u. a. in England und Spanien verbreitet war: Auf mehreren aufeinander folgenden Wagen wurde je eine Szene der Passion an verschiedenen Plätzen der Stadt vorgeführt.
 
15.-17. Jahrhundert:
 
In Italien entstand im 15. Jahrhundert aus den Versuchen der Humanisten, altrömische Komödien darzustellen, die von der Simultan-Flächen-Bühne noch stark beeinflusste Form der Terenzbühne: ein flaches Podium mit Vorhängen in Holzrahmen im Hintergrund, die die Häuser der auftretenden Personen andeuteten. Auch für das Volkstheater brachte Italien um 1550 eine entscheidende Wendung: die Stegreifkomödie (Commedia dell'Arte); doch wurde diese zunächst auf freien Plätzen gespielt. Von der gleichzeitigen Wiederentdeckung der Schriften Vitruvs sind die Bemühungen der Renaissancebaumeister um eine Nachbildung des antiken Theaterbaus abzuleiten. Das Teatro Olimpico in Vicenza (von A. Palladio, 1580 folgende) übernahm im Rahmen eines festen Hauses Orchestra, erhöhtes Proskenion, Bühnenhaus mit Schaufront (Scaenae Frons) sowie ansteigende Zuschauerreihen im Halbrund. Daneben entstand das Logentheater, das aus dem Laubenhof zu einem festen Haus entwickelt wurde; vor dem Podium stand das Publikum im Parkett; für Personen von Rang gab es das Logenhaus mit senkrecht übereinander stehenden Logenrängen. Ein Vorhang trennte Bühne und Zuschauerraum. Das Proskenion wurde zur Vorbühne, es entstand die tiefe Guckkastenbühne; die auf einschiebbaren Kulissen perspektivisch gemalten Bühnenbilder verdrängten die fest stehende plastische Ausstattung. Die Bühnenmaschinerie ermöglichte das Illusionstheater. Dank der wandelbaren Dekorationen trat anstelle des Nebeneinanders ein Nacheinander der Szenen. Diese italienische Theaterform fand, v. a. durch die aus dem Geist des Barock entstandene Oper, im 18. Jahrhundert in ganz Europa Nachahmung.
 
In Frankreich entstand in der Auseinandersetzung mit dem Einfluss italienischer Gastspieltruppen ein nationales Theater. Im absolutistischen Staat wurde das Theater gefördert und reglementiert. Entsprechend der Vorliebe Ludwigs XIV. entwickelte sich besonders reich das Ballett. Der in Paris zunächst wenig erfolgreichen Oper wurde die nationale musikalische »Tragédie lyrique« entgegengestellt: 1669 Konzessionierung eines Opernhauses in Paris, der Académie Royale (jetzt: Nationale) de Musique. Aus dem Zusammenschluss der beiden bedeutendsten Pariser Schauspielertruppen entstand 1680 das Théâtre-Français (Comédie-Française). Außerhalb von Paris, wo in festen Häusern gespielt wurde (zuerst im Hôtel de Bourgogne), gab es noch keine ständigen Theater, doch wurde die Provinz von vielen Truppen bespielt (rund 200 im 17. Jahrhundert).
 
In Spanien bildete sich bereits im 16. Jahrhundert ein Stand von Berufsschauspielern (auch Frauen), die als fahrende Truppen auf Marktplätzen und in Höfen zwischen Häusern (corral) auftraten; eine Reihe führender Darsteller ist bekannt. Neben den geistlichen Schauspielen (Autos sacramentales), die lange auf zwei mit Bühnenaufbauten versehenen Wagen und einem dritten leeren gespielt wurden, entwickelten sich weltliche Comedias. Ende des 16. Jahrhunderts entstanden Theatergebäude.
 
In England war mit der Lösung vom sakralen Drama des Mittelalters ein Berufsschauspielerstand entstanden, dem jedoch nur Männer angehörten. Hof und Adel stellten diese unter ihren Schutz. Nach dem Vorbild der Wirtshaushöfe, in denen zuerst gespielt wurde, entstanden die ersten Shakespearebühnen. Die erste offene (ungedeckte) Bühne dieser Art, »The Theatre«, wurde 1576 nördlich der City errichtet. Die berühmteste Bühne war »The Globe« nördlich der Themse, wo Shakespeares Truppe gespielt hat (Globe Theatre). Diese Bühnenform bestand aus einer in den stuhl- oder banklosen Hof (yard) hineinragenden Vorderbühne, einer durch einen Vorhang abgetrennten Hinterbühne und einer Oberbühne (für die Balkon-, Turm- und Belagerungsszenen). Sie war kulissenlos. Die Shakespearebühne wurde nicht nur von den aristokratischen Schichten, sondern von einem heterogenen städtischen Publikum besucht. In »The Swan« südlich der City sollen bis zu 3 000 Zuschauer Platz gefunden haben. Unter den sieben öffentlichen Bühnen zu Shakespeares Zeiten gehörten »The Theatre« (1576-98), »The Swan« (1595 bis etwa 1637), »The Globe« (1599-1613) und »The Rose« (1587-1605) zu den bekanntesten. - Unter der Herrschaft der Puritaner waren 1642-60 Theateraufführungen verboten.
 
Während man für Italien, Spanien (Calderón, Lope de Vega), England (Shakespeare) und zuletzt Frankreich (Molière) vom Ende des 16. und vom 17. Jahrhundert als dem goldenen Zeitalter des Theaters spricht, litt in Deutschland auch das Theater unter dem Dreißigjährigen Krieg und seinen Folgen. Allerdings wurde das Drama vom protestantischen Schuldrama und vom Jesuitentheater gepflegt. Englische Komödiantentruppen übertrugen das Berufsschauspielertum auf Deutschland. An den Höfen dominierte die italienische Oper; später wurden auch Ballettmeister und Schauspielertruppen aus Frankreich berufen. Aus Ballhäusern und höfischen Gebäuden entstanden feste Spielstätten, auch eigenständige Theater wurden gebaut, besonders für die Oper (Kassel, Dresden, Wien, Hannover, München u. a.).
 
18. und 19. Jahrhundert:
 
In Frankreich kam mit dem politisch-wirtschaftlichen und sozialen Kampf des dritten Standes bürgerliche Thematik in die Theater (bürgerliches Trauerspiel). Theorien der Schauspielkunst wurden veröffentlicht (u. a. von D. Diderot) und trugen zu einer Überwindung des klassizistischen Stils durch eine realistischere Schauspielkunst bei. Unter dem Einfluss der Französischen Revolution wurde das Theater vorübergehend zur Plattform für den politischen Kampf. Der einflussreichste Schauspieler dieser Zeit war der von Napoleon I. bewunderte F.-J. Talma, der historisch angemessene Kostüme einführte.
 
Eine der überragendsten Persönlichkeiten charakterzeichnender Schauspielkunst im 18. Jahrhundert war der Engländer D. Garrick.
 
In Deutschland ging die Entwicklung zur stehenden Bühne zunächst durch die Gründung von Hoftheatern vor sich. Im 18. Jahrhundert war das Theater eine virtuos entwickelte höfische Bauaufgabe. Die geschlossenen Logen wurden von offenen Balkonen abgelöst (Markgräfliches Opernhaus Bayreuth, 1745-48, Theaterraum von G. und C. Galli da Bibiena; Altes Residenztheater München, 1750-53 von F. de Cuvilliés dem Älteren). Gleichzeitig beteiligte sich das Bürgertum immer stärker am Theaterleben. Das Opernhaus Berlin (1741-43 von G. W. von Knobelsdorff) wurde als erstes Hoftheater außerhalb der Schlossanlage erbaut. Im Lauf des 18. Jahrhunderts sollte das Theater, besonders das Sprechtheater, zur Plattform bürgerlicher Ideale werden. Zunächst kämpfte um 1740 in Leipzig J. C. Gottsched, unterstützt von der Prinzipalin Friederike Caroline Neuber, gegen die Haupt- und Staatsaktionen und gegen die Vorherrschaft des Harlekins. In Sprechweise, Geste und Stellung wurde der französische klassizistische Stil nachgeahmt. Den ersten kurzlebigen Versuch, in Hamburg ein nichthöfisches deutsches Nationaltheater zu gründen (1767-69), begleitete G. E. Lessing als Kritiker (»Hamburgische Dramaturgie«); er stellte Shakespeare gegen die klassizistische Dogmatik der Franzosen. C. Ekhof, der »Vater der deutschen Schauspielkunst«, gründete 1753 eine ebenfalls kurzlebige Schauspielerakademie. In Hamburg entfaltete F. L. Schröder in den Rollen Shakespeares und des Sturm und Drangs seine Kunst der Charakterdarstellung. Bestimmende Anregungen gingen von dem 1779 in Mannheim gegründeten Nationaltheater aus (Intendant W. H. von Dalberg). Unter Dalberg und in Berlin (Nationaltheater) machte A. W. Iffland durch seine Verwandlungskunst Schule. Goethe, 1791-1817 Intendant des Hoftheaters in Weimar, unternahm einige Jahre lang energische Versuche, »den Deutschen ein Theater zu schenken«, resignierte aber; seine Regeln für Schauspieler fordern vorwiegend einen in Rhetorik und Gestik stilisierten Bühnenstil; einziger bedeutender Vertreter war P. A. Wolff. L. Devrient in Berlin wurde zum Prototyp eines romantischen Schauspielers, der dämonische Charaktere kongenial gestaltete.
 
Mit dem Schauspielhaus Berlin (1818-24) formulierte K. F. Schinkel beispielhaft den Typ des klassizistischen Theaters mit Foyer, verschiedenen Sälen und aufwendigem Treppenhaus. Bei der Dresdner Hofoper (1838-41 von G. Semper, 1869 ausgebrannt, 1871-78 Neuaufbau, 1945 ausgebrannt, 1976-85 rekonstruiert) ist zum erstenmal im Theaterbau die innere Aufteilung in Zuschauerraum und Bühnenhaus nach außen konsequent zum Ausdruck gebracht. In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde das Theater zu einer der bedeutendsten öffentlichen Bauaufgaben, wobei historistische Prunkbauten das Bild zunehmend prägten (Alte Oper, 1873-80, Frankfurt am Main, 1944 abgebrannt, Wiederaufbau 1977-81, in der Nachfolge des Opernhauses von Paris). Das Wiener Burgtheater (gegründet 1741) erreichte unter dem Dramaturgen J. Schreyvogel (1814-32) einen künstlerischen Höhepunkt. Daneben blühte in den Wiener Vorstädten das Volkstheater (F. Raimund, J. N. Nestroy u. a.). Vom Wesen des Stückes her legte K. L. Immermann (Düsseldorf, 1835-37) seine Inszenierungen an. H. Laube (1849-67 Direktor des Burgtheaters) wirkte beispielhaft durch straffes Ensemblespiel, F. Dingelstedt, ein Meister groß angelegter Ausstattungsregie, veranstaltete als Intendant des Münchener Hoftheaters (1851-57) Musteraufführungen. Als Regisseur stellte R. Wagner die darstellerischen Möglichkeiten der Sänger und die Theatralik der Szene unter einen einheitlichen Regiewillen mit dem Ziel, das Musiktheater zur Stätte feierlicher Sammlung zu machen (Festspielhaus Bayreuth). Der Historismus des 19. Jahrhunderts beherrschte die Inszenierungen Herzog Georgs II. von Sachsen-Meiningen (Meininger). Sein Vorbild waren die Shakespeare-Aufführungen unter C. J. Kean in London (um 1850). Große virtuose Schauspielerinnen waren Eleonore Duse und Sarah Bernhardt.
 
Um die Jahrhundertwende:
 
A. Antoine gründete mit Dilettanten das naturalistische »Théâtre-Libre« (1887) als Protest gegen die konservative Comédie-Française. Auf ein Gastspiel seines Theaters in Berlin ist nicht nur die Gründung der Freien Bühne (1889) zurückzuführen, sondern auch die Gründung ähnlicher Unternehmungen in fast allen Theaterzentren Europas. Aus der Verbindung der künstlerischen Reformbewegung mit dem Volksbildungsgedanken entstand 1890 in Berlin die »Freie Volksbühne«. Am Ende der Entwicklung steht der radikale Umschlag vom Illusionismus zum Antiillusionismus, der um 1910 das Bild des internationalen Theaters völlig veränderte. Entscheidende Anstöße dazu erfolgten v. a. im deutschen und russischen Theater.
 
In Berlin versammelte O. Brahm 1894-1904 im Deutschen Theater ein Ensemble bedeutender Schauspieler, deren naturalistische Darstellungsweise Schule machte: Else Lehmann, Agnes Sorma, E. Reicher, O. Sauer, R. Rittner, F. Kayssler, A. Bassermann und M. Reinhardt. Mit einigen Kollegen trennte sich Letzterer um 1900 von Brahm. V. a. in Klassikerinszenierungen (Shakespeare-Zyklus) entfalteten sich seine Fantasie und seine vom Komödiantischen beflügelte Erfindungskraft. E. G. Craig hatte 1904 England verlassen, weil ihm Berlin zu der Zeit als der einzige Ort erschien, seine radikalen Thesen eines nichtliterarischen, nur aus eigener Realität schöpfenden Theater zu verwirklichen. A. Appia hatte v. a. für R. Wagner seit 1895 eine durch Lichtwirkungen bestimmte Raumbühne gefordert. Von größter Bedeutung war dabei die Anwendung der Elektrizität; helles Scheinwerferlicht ließ die Kulissen und Prospekte des Guckkastentheaters als nicht mehr anwendbar erscheinen. Das Bühnenbild musste plastisch aufgebaut werden, den Eindruck des Himmels vermittelte der neu erfundene Rundhorizont. Rascher Verwandlung diente die Drehbühne (Bühne).
 
In Russland war 1898 das Moskauer Künstlertheater gegründet worden (W. I. Nemirowitsch-Dantschenko, K. S. Stanislawskij), dessen naturalistisch-atmosphärischer Schauspielstil Europa und Amerika beeinflusste. Die um 1910 einsetzende Entwicklung eines revolutionären, antibürgerlichen, antirealistischen Theaters (W. E. Mejerchold, A. J. Tairow) wurde um 1930 durch die Doktrin des sozialistischen Realismus abgebrochen.
 
Das 20. Jahrhundert:
 
Seit 1910 bahnte sich im deutschsprachigen Bereich eine revolutionäre Entwicklung an, zunächst angeregt besonders von der bildenden Kunst (O. Kokoschka, H. Walden, L. Schreyer, W. Kandinsky, O. Schlemmer). Noch vor dem Ersten Weltkrieg erschienen die ersten »expressionistischen« Stücke auf den Bühnen. In Berlin wurde von H. Poelzig für M. Reinhardt 1918-19 ein Gebäude zum Großen Schauspielhaus mit einer expressionistischen Innenarchitektur (»Tropfsteinarchitektur«) ohne Ränge umgebaut. Ab 1920 vollzog sich ein Übergang zu neuer Sachlichkeit. E. Piscator verband die Agitation mit dem Experiment; B. Brecht entwickelte sein »episches Theater« (neue Wirkung nach dem Zweiten Weltkrieg). In Frankreich gingen J. Copeau (Inszenierung auf »nackten Brettern«) und A. Artaud (»Theater der Grausamkeit«) neue Wege.
 
Der Nationalsozialismus hatte 1933 das ungewöhnlich reiche Berliner Theaterleben: Regisseure wie M. Reinhardt, L. Jessner, J. Fehling, L. Berger, G. Hartung, K. H. Martin, B. Viertel, Bühnenbildner wie C. Neher, César Klein (* 1876, ✝ 1954), R. Gliese, T. Müller, Schauspieler wie A. Bassermann, F. Kortner, W. Krauss, P. Wegener, E. Jannings, E. Klöpfer, H. George, M. Pallenberg, A. Moissi, E. von Winterstein, R. Forster, Schauspielerinnen wie Agnes Straub, Käthe Dorsch, Fritzi Massary, Elisabeth Bergner, Lucie Mannheim, Käthe Gold, durch »Gleichschaltung« und Antisemitismus fast zum Erliegen gebracht; doch gelang es einigen, besonders G. Gründgens, H. Hilpert, J. Fehling, E. Engel, O. Falckenberg, Lothar Müthel, das Niveau der Darstellung zu halten, bis 1944 alle Theater geschlossen wurden. - In der Schweiz wurde in der Zeit der Verkümmerung des deutschen Theaterlebens unter nationalsozialistischer Herrschaft die Tradition des deutschsprachigen Theaters weiter gepflegt (Zürcher Schauspielhaus).
 
Nach 1945 wurden etliche der zerstörten repräsentativen alten Häuser wieder aufgebaut; neue Bauwerke entstanden (insgesamt über 100), wobei in unterschiedlicher Weise v. a. die Trennung zwischen Spielfläche und Zuschauerraum überbrückt wurde, wofür es in den 20er-Jahren bei Aufführungen und auch verschiedenen Theaterentwürfen (H. Gropius, F. Kiesler) wegweisende Konzepte gab. Auch das Bühnenbild trug zu dieser Ausweitung zur »Raumbühne« bei, ebenso wie die Regie, wenn sie Mittel wie Lichtregie einsetzte oder Szenen in den Zuschauerraum verlegte. Beim Außenbau setzte das infolge moderner Bühnentechnik stark erhöhte Bühnenhaus oft einen wichtigen gestalterischen Akzent in Absetzung von Zuschauerhaus oder -häusern und Foyer. Zu den Theatern von besonders prägnanter Baugestalt zählen: Kalita Humphrey Theater in Dallas (Entwurf von F. L. Wright, 1949; vollendet 1959); Opernhaus in Essen (Entwurf 1959 von A. Aalto, erbaut 1983-88); Opernhaus in Sydney (begonnen 1956 von J. Utzon, vollendet 1973); Haus des Niederländischen Tanztheaters in Den Haag (1984-88 von R. Koolhaas und dem Architekturbüro OMA).
 
Zu Theaterereignissen wurden die deutschen Erstaufführungen der bis dahin verbotenen ausländischen Stücke. Die Inszenierungen der keiner Richtung verbundenen Regiepersönlichkeiten bestimmten das Theaterleben: G. Gründgens, F. Kortner, L. Steckel, H. Koch, G. R. Sellner und H. Lietzau. V. a. aus der Brecht-Schule gingen namhafte Regisseure (B. Besson, M. Wekwerth, E. Monk, P. Palitzsch) hervor. Mit der Uraufführung von R. Hochhuths »Stellvertreter« (Berlin 1963, unter E. Piscator) setzte eine Welle politischer Theater ein. Ihr folgte eine Welle aggressiven Volkstheaters (nach dem Muster Ö. von Horváths; Stücke von Wolfgang Bauer, M. Sperr, F. X. Kroetz, W. Deichsel). - Der Zug zur direkten Aktion führte zur Gründung kurzlebiger Straßentheater und freier Spielgruppen (seit den 50er-Jahren). Eine junge, mit der Studentenbewegung politisierte, nach Selbstdarstellung verlangende Schauspielergeneration prägte auch signalhaft wirkende Klassikerinszenierungen, die sich gegen überlieferte Perspektiven und Inhalte wandten. Die Suche nach neuen Stoffen, Darstellungs- und Spielformen für ein nichtbürgerliches Theater wurde Mitte der 60er-Jahre durch ausländische freie Truppen verstärkt, v. a. durch die (sich vom kommerziellen Broadway-Theater wie von dem älteren kontrastierenden »Off-Broadway« absetzenden) »Off-Off-Broadway«-Truppen »Living Theatre« (J. Beck und Judith Malina), »La Mama« (gegründet 1961 von Ellen Stewart), Peter H. Schumanns (* 1934) »Bread and Puppet Theater« und die »San Francisco Mime Troupe«, die auf unnachahmliche Weise Spaß und Politik miteinander verbindet, wobei die Wirkungsästhetik auf »befreiendes Gelächter« und auf die »Lust am Verändern« abzielt. Starkes körpersprachliches Darstellungsbewusstsein zeigen auch die Spielkollektive des exerzitienhaften Theaterlabors des Polen J. Grotowski sowie das v. a. von eigenständiger Theatererfahrung ausgehende dänische »Odin Teatret« (Eugenio Barba, * 1936). Schlagworte von »Clownspower«, »Spontikultur« und »Frauenpower« begleiteten eine Vielzahl von Neugründungen in der »freien Theaterszene«, von denen z. B. in Deutschland folgende wichtig wurden: »Rote Rübe« (München), »Theatermanufaktur« (Berlin), »Theater zwischen Tür und Angel« (Hamburg/Köln). Die politisch-kritische Aktivierung der theatralen Künste verband sich mit der Suche nach einer neuen Kunstsprache. Sammelpunkt dieser neuen Bestrebungen war für das subventionierte Theater in Deutschland in den 60er-Jahren u. a. das Bremer Theater (Intendant K. Hübner), dessen wichtigste Aufführungen geprägt wurden von den Regisseuren P. Zadek, W. Minks, R. W. Fassbinder, P. Stein und K. M. Grüber. Stein entwickelte ab 1970 in der Berliner »Schaubühne« einen politisch akzentuierten kritischen Realismus (»Peer Gynt«-Inszenierung 1971; Kleist, »Prinz von Homburg«, 1972, u. a.); Grüber führte hier seine Bemühungen um eine neue assoziative Bildsprache weiter.
 
Die deutsche Szene wird gegenwärtig von Regisseuren beherrscht, die an den beschriebenen Entwicklungen beteiligt waren: neben Stein und Grüber durch den Brecht-Schüler Palitzsch, den vom Surrealismus beeinflussten H. Neuenfels, den aus Großbritannien gekommenen Zadek, den Piscator-Schüler H. Heyme, ferner Augusto Fernandes (* 1945), H. Hollmann, W. Minks, C. Peymann, G. Tabori sowie, einer ganz anderen Linie folgend, den Fehling-Schüler R. Noelte mit einem personenbezogenen, einfühlenden Realismus. Weitere einflussreiche Regisseure kamen hinzu: J. Flimm, N. P. Rudolph, L. Bondy, Andrea Breth (* 1952) und Dieter Dorn (* 1935). Zu ihnen hatte sich durch Gastspielverträge eine Reihe von Regisseuren aus der DDR gesellt (Besson, Ruth Berghaus, B. K. Tragelehn, M. Karge, M. Langhoff, A. Dresen). In den 90er-Jahren prägten E. Schleef, F. Castorf, Leander Haußmann (* 1959), C. Marthaler, Klaus Bachler (* 1951).als Regisseure und Theaterleiter das deutschsprachige Theater.
 
Für die europäische Produktion wurden Inszenierungen von P. Brook, G. Strehler, R. Planchon und Ingmar Bergman maßstäblich. Stark beachtet wird die Theaterarbeit der Amerikaner R. Wilson und Richard Schechner (* 1934). Neue, im »Théâtre du Soleil« (Paris) von Ariane Mnouchkine sowie von dem Italiener L. Ronconi entwickelte Spielweisen (revueartiger Text, Spiel in großen Hallen und Aktivierung des Publikums) bestätigen die Tendenz, das Guckkastentheater zu verlassen. Wesentliche Impulse für das Gegenwartstheater kommen nach wie vor aus Großbritannien, wo eine neue Dramatikergeneration (Sarah Kane (* 1971, ✝ 1999u. a.), Stücke auf die Bühne bringt, die mit schnellen, pointierten Dialogen und schockierenden Szenen zeigen, wie Gesellschaft Kommunikation durch Gewalt ersetzt.
 
Literatur:
 
Geschichte:
 
H. Kindermann: T.-Gesch. Europas, 10 Bde. (Salzburg 1-21965-77);
 H. H. Borcherdt: Das europ. T. im MA. u. in der Renaissance (Neuausg. 1969);
 H. Knudsen: Dt. T.-Gesch. (21970);
 G. Ricci: Teatri d'Italia dalla Magna Grecia all'Ottocento (Mailand 1971);
 S. Melchinger: Gesch. des polit. T., 2 Bde. (1974);
 
Welt-T. T.-Gesch., Autoren, Stücke, Inszenierungen, hg. v. H. Rischbieter u. a. (31985);
 M. Batz u. H. Schroth: T. zw. Tür u. Angel (18.-20. Tsd. 1987);
 
T., bearb. v. G. Breton (a. d. Frz. 1991);
 E. Fischer-Lichte: Kurze Gesch. des dt. T. (1993);
 C. Hasche: Das T. in der DDR (1994);
 T. seit den 60er Jahren. Grenzgänge der Neo-Avantgarde, hg. v. E. Fischer-Lichte u. a. (1998);
 E. Fischer-Lichte: T. im Prozeß der Zivilisation (2000);
 
T. im 20. Jh., hg. v. M. Brauneck (92001).
 Nachschlagewerke:
 
K. Gröning u. W. Kliess: Friedrichs T.-Lex. (1969);
 U. H. Mehlin: Die Fachsprache des T. (1969);
 
T.-Lex., hg. v. H. Rischbieter (Zürich 1983);
 
Bibliogr. zum Schweizer T., hg. v. der Schweizer. Gesellschaft für T.-Kultur, Jg. 44 ff. (Bern 1990 ff., früher u. a. T.);
 
T., bearb. v. G. Breton (a. d. Frz., 1991);
 
T.-Lex. Begriffe u. Epochen, Bühnen u. Ensembles, hg. v. M. Brauneck u. a. (31992);
 
Lex. T. International mit Beitrr. v. J. C. Trilse-Finkelstein u. a. (1995);
 
T.-Lex., 2 Bde., hg. v. C. B. Sucher (1995-96; 1. Bd. 21999).
 Wissenschaft:
 
H. Knudsen: Methodik der T.-Wiss. (1971);
 
T.-Wiss. im dt.-sprachigen Raum, hg. v. H. Klier (1981);
 P. Brook: Der leere Raum (a. d. Engl., Neuausg. 31988);
 
T.-Wiss. heute. Eine Einf., hg. v. R. Möhrmann (1990);
 
Arbeitsfelder der T.-Wiss., hg. v. E. Fischer-Lichte u. a. (1994);
 E. Platz-Waury: Drama u. T. Eine Einf. (51999);
 C. Balme: Einführung in die T.-Wissenschaft (22001).
 Bauten:
 
H. Schubert: Moderner T.-Bau (Bern 1971);
 H. Zielske: Dt. T.-Bauten bis zum Zweiten Weltkrieg (1971);
 G. Storck: Probleme des modernen Bauens u. die T. des 20. Jh. in Dtl. (1971);
 
T.-Bau im Ausland, bearb. v. T. N. Dahle (1986);
 
T.-Bau in der Bundesrep. Dtl., bearb. v. T. N. Dahle: (1986);
 S. Schrader: Architektur der barocken Hof-T. in Dtl. (1988).
 Zeitschriften:
 
Bühnentechn. Rundschau (1907 ff.);
 
Die Dt. Bühne (1909 ff.);
 
Dt. Bühnen-Jb., Jg. 26 ff. (1915 ff., früher u. a. T.);
 
Theater der Zeit (1946 ff.);
 
Bühnengenossenschaft (1949 ff.);
 
Maske u. Kothurn (Graz 1955 ff.);
 
T. heute (1960 ff.);
 
Bühne u. Parkett, Jg. 18 ff. (1972 ff., früher u. a. T.).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
griechische Spiele und Orakelstätten
 
römisches Alltagsleben
 
Aufklärung: Das französische Theater - Vom klassischen Drama zum bürgerlichen Theater
 
Dionysos: Der Anfang des Theaters
 
elisabethanisches Theater: Eine Bühne für alle Stände
 
römisches Theater und seine Bühnenfassade
 
Theater: Die Moderne im Spiegel der Theaterkonzepte
 

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The|a|ter, das; -s, - [älter: Theatrum, eingedeutscht nach frz. théâtre < lat. theatrum < griech. théatron, zu: théa = das Anschauen, die Schau; Schauspiel]: 1. a) zur Aufführung von Bühnenwerken bestimmtes Gebäude: ein kleines, modernes T.; das T. (der Zuschauerraum) war leer, gut besetzt; Das riesige T. füllte sich rasch bis auf den letzten Sitz (Th. Mann, Krull 429); ein neues T. bauen; sie trafen sich vor dem T.; R demnächst in diesem T. (ugs.; in Bezug auf ein Vorhaben, erwartetes Ereignis o. Ä.; nach dem bei der Programmvorschau im Kino früher üblichen Text); b) Theater (1 a) als kulturelle Institution: beim T. abonniert sein; am, beim T. sein (ugs.; bes. als Schauspieler[in] am Theater tätig sein); sie will zum T. gehen (ugs.; will Schauspielerin werden); c) <o. Pl.> Aufführung im ↑Theater (1 a); Vorstellung: das T. beginnt um 20 Uhr, ist ausverkauft; sie waren schon lange nicht mehr im T.; nach dem T. gehen wir in ein Restaurant; die Kinder spielen T. (führen etw. auf); wir gehen heute ins T.; *T. spielen (ugs.; etw., bes. ein Leiden o. Ä., nur vortäuschen); jmdm. T. vormachen (ugs.; jmdm. gegenüber etw. aufbauschend darstellen, um besonderen Eindruck zu machen o. Ä.); d) <o. Pl.> Theaterpublikum: das ganze T. lachte; e) Ensemble, Mitglieder eines Theaters (1 b): das Zürcher T. geht auf Tournee. 2. <o. Pl.> darstellende Kunst [eines bestimmten Volkes, einer bestimmten Epoche, Richtung] mit allen Erscheinungen: das antike T.; absurdes T. (Literaturw.; Form des Dramas, die durch absurde Handlungen u. absurde Dialoge die Situation des Menschen in einer sinnentleerten Welt, die Verkümmerung der zwischenmenschlichen Kommunikation enthüllen will); episches T. (Literaturw.; [im Sinne der marxistischen Kunsttheorie des sozialistischen Realismus von Bertolt Brecht theoretisch begründete u. ausgebildete] demonstrierend erzählende Form des Dramas, deren Ziel es ist, mithilfe des Verfremdungseffekts den Zuschauer zum rationalen Betrachter des Vorgangs auf der Bühne zu machen u. zu kritischer Stellungnahme zu zwingen); das Gastensemble zeigte vorzügliches T.; Ich habe jetzt drei Versuche hinter mir, T. zu machen (Regie zu führen, zu inszenieren), alle sind schief gegangen (Praunheim, Sex 62). 3. <o. Pl.> (ugs. abwertend) Unruhe, Verwirrung, Aufregung, als unecht od. übertrieben empfundenes Tun: es gab viel T. in, wegen dieser Sache; so ein T.!; das ist [doch alles] nur T.!; das reine T.! (unnötige Aufregung); Er war ziemlich müde. Sonst gibt es immer ein T., bis er ins Bett geht (Danella, Hotel 173); ein furchtbares T. um/wegen etw. machen, aufführen; ... Hooligans ... Nach dem Spiel muss es ein paar Straßen weiter T. mit Polizisten gegeben haben (Woche 3. 7. 98, 8); Hört doch endlich auf mit dem T., man kommt ja nicht mehr zur Ruhe! (Hilsenrath, Nacht 58); Da waren wahrscheinlich alle überrascht, weil das ohne weiteres T. vor sich gegangen ist (Wimschneider, Herbstmilch 94); Von mir aus kannst du dich auch hier voll laufen lassen, aber wenn du T. (Randale) machst, werf ich dich raus (Gabel, Fix 111); na, das wird T. (Krach 2) geben.

Universal-Lexikon. 2012.