Tief
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Tief|druck|ge|biet 〈n. 11; Meteor.〉 Gebiet niedrigen Luftdrucks
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Tief|druck|ge|biet, das (Meteorol.):
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Tiefdruckgebiet,
Tief, Zyklone, barometrisches Minimum, Abkürzung T oder L [von englisch low-pressure area »Gebiet geringen Drucks«], Gebiet relativ niedrigen Luftdrucks, in dem der Luftdruck von außen zu einem Zentrum (Tiefkern) hin abnimmt. Tiefdruckgebiete sind Luftwirbel unterschiedlichen Ausmaßes mit vertikaler, meist leicht geneigter Achse, deren Rotationsrichtung von der Coriolis-Kraft bestimmt wird. So weht in einem Tiefdruckgebiet der Nordhalbkugel der Wind grundsätzlich entgegen dem Uhrzeigersinn, auf der Südhalbkugel in umgekehrter Richtung. Das bedeutet, dass auf der Nordhalbkugel auf der Ostseite der Tiefdruckgebiete Warmluft nach Norden sowie auf der Westseite Kaltluft (Polarluft) nach Süden strömt. In den unteren Luftschichten wird dabei der Wind infolge Reibung in das Tiefdruckgebiet hinein abgelenkt. Die Entstehung eines Tiefdruckgebiets (Zyklogenese) beruht auf dem Vorhandensein einer warmen und einer kalten Luftmasse, die bei einer bestimmten Druckverteilung im Bereich einer Frontalzone gegeneinander geführt werden (Konvergenz). Dadurch wird eine großräumige Vertikalbewegung der Luft eingeleitet, die zu Wolken- und Niederschlagsbildung führt. Die dabei frei werdende Kondensationswärme begünstigt die Hebung der Luft. In höheren Schichten der Troposphäre strömt die Luft horizontal auseinander (Divergenz). Dabei lässt sich eine Entwicklungsreihe von einer flachen Wellenstörung an einer Frontalzone über eine junge Zyklone mit breitem »Warmsektor« (Niederschläge fallen beim Aufgleiten auf die vorgelagerte kältere Luft) zu einem gealterten Zentraltief beobachten. Hierbei wird die Warmfront von der schneller vordringenden Kaltfront eingeholt (Reifestadium mit intensivster zyklonaler Rotation) und die Warmluft schließlich vom Boden abgehoben (Altersstadium, Okklusion). Wenn das Tiefdruckgebiet vollständig von Kaltluft erfüllt ist, wird es ein stationäres Zentraltief, das nachfolgende Tiefdruckgebiete um sich herumführt und sich schließlich an Ort und Stelle auflöst (Zyklolyse). Auf der Rückseite von Tiefdruckgebieten im Bereich der nachströmenden Kaltluft wechseln Quellbewölkung (Cumulus, mit Regen-, Schnee- oder Graupelschauern) und Aufheiterungen rasch miteinander ab (»Rückseitenwetter«). Die Lebensdauer eines Tiefdruckgebiets beträgt wenige Tage. Nicht selten bilden sich jedoch an der lang gestreckten Kaltfront weitere, ähnliche Wellenstörungen (Zyklonenfamilie). Auch orographische Hindernisse können die Entwicklung eines Tiefdruckgebiets auslösen, wenn sie eine Strömung abbremsen, ablenken oder beschleunigen und dadurch das Gleichgewicht der Druck- und Temperaturverteilung stören, z. B. an der Südspitze Grönlands und Spitzbergens, am Südrand der Alpen (Genua- und Adriatiefs) und im Skagerrakgebiet der Nordsee. Eine ganz andere Art von Tiefdruckgebiet sind die sommerlichen Hitzetiefs, die über dem Festland bei geringen horizontalen Luftdruckunterschieden in einer einheitlichen Warmluftmasse entstehen.
Die von dem Meteorologen Wilhelm Jakob van Bebber (* 1841, ✝ 1909) statistisch festgestellten und mit römischen Ziffern sowie Buchstaben versehenen Zugstraßen der Tiefdruckgebiete haben nur noch historische Bedeutung, außer der Zugstraße V b, die vom Golf von Genua über das östliche Mitteleuropa zum Ostseeraum verläuft; ihre feuchtwarme Luft gleitet auf die über Mitteleuropa lagernde Kaltluft und bringt sehr ergiebige, bisweilen Hochwasser verursachende Niederschläge. Tropische Tiefdruckgebiete sind viel seltener. Sie entstehen aus wellenartigen Störungen (Easterly Waves) an der innertropischen Konvergenz oder aus Störungen, die aus der Westwindzone in die tropische Zirkulation einbezogen werden. Für den Nordatlantik und den nordöstlichen Pazifik unterscheidet man verschiedene Entwicklungsstufen: tropische Tiefdruckstörungen (mit polwärts ausgebuchteten Isobaren), tropische Depressionen (in den bodennahen Schichten eine geschlossene zyklonale Strömung), tropische Stürme (mit Windgeschwindigkeiten von 62 bis 117 km/h, Beaufortgrad 8 bis 11, im Kern vollkommen von Wolken bedeckt) und Orkane (mehr als 118 km/h oder Beaufortgrad 12, v. a. tropische Wirbelstürme).
G. Bahrenberg: Auftreten u. Zugrichtung von T. in Mitteleuropa (1973).
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Universal-Lexikon. 2012.