◆ Elek|tri|zi|täts|wirt|schaft 〈f. 20; unz.〉 Wirtschaftszweig, der sich mit Erzeugung u. Verkauf elektr. Energie befasst
◆ Die Buchstabenfolge elek|tr... kann in Fremdwörtern auch elekt|r... getrennt werden.
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Elek|t|ri|zi|täts|wirt|schaft, die:
Zweig der Energiewirtschaft, der sich mit der Erzeugung u. Verteilung des elektrischen Stroms befasst.
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Elektrizitätswirtschaft,
Zweig der Energiewirtschaft; umfasst die gesamte Erzeugung, Übertragung und Verteilung von elektrischer Energie in einem Wirtschaftsraum sowie neben der Energielieferung zunehmend auch Dienstleistungsangebote für den Kunden. Zur Elektrizitätswirtschaft zählen vier Sektoren, wobei die öffentliche Elektrizitätsversorgung den bedeutendsten Bereich bildet (85 % Anteil an der Elektrizitätserzeugung in Deutschland). Weitere Sektoren der Elektrizitätswirtschaft sind die eigenerzeugenden Betriebe der Industrie (13 %), die Deutsche Bahn AG (1,5 %) sowie eine Vielzahl von unabhängigen Betreibern kleiner Kraftwerke (0,5 %). Zur öffentlichen Elektrizitätsversorgung zählen unabhängig von der Rechtsform und den Eigentumsverhältnissen alle Unternehmen und Betriebe, die andere mit Elektrizität versorgen(Elektrizitätsversorgungsunternehmen, Abkürzung EVU).
Im Vergleich zu anderen Branchen weist die Elektrizitätswirtschaft aufgrund der physikalischen Eigenschaften der Elektrizität technisch-wirtschaftliche Besonderheiten auf: Elektrizität ist leitungsgebunden und nicht speicherbar. Sie muss daher in dem Moment erzeugt werden, in dem der Endverbraucher sie anfordert. Die Elektrizitätswirtschaft muss ein ausgedehntes Leitungsnetz zwischen den Kraftwerken und den Endverbrauchern bereitstellen und betreiben. Sie muss jederzeit in der Lage sein, alle Verbraucher entsprechend deren Nachfrage mit Elektrizität zu versorgen. Die Elektrizitätswirtschaft hält daher ausreichende Kraftwerkskapazitäten bereit, um auch die voraussichtlich mögliche »Spitzenlast« abdecken zu können, selbst wenn diese nur für einige Stunden am Tag oder an wenigen kalten Wintertagen erreicht wird. Aufgrund dieser Voraussetzungen ist die Elektrizitätswirtschaft sehr kapitalintensiv.
Wegen der sehr langen Planungs- und Nutzungsdauern ihrer Kraftwerke und Netze ist die Elektrizitätswirtschaft in besonderem Maße auf langfristige Planungssicherheit angewiesen. Darüber hinaus sind Doppelinvestitionen bei Kraftwerken und Leitungen volkswirtschaftlich und umweltpolitisch nachteilig. Die öffentliche Elektrizitätswirtschaft ist daher in regionalen und lokalen Versorgungsmonopolen organisiert. Dieses Versorgungsprinzip hat sich in fast allen Volkswirtschaften unabhängig von rechtlichen, nationalen, historischen und politischen Einflüssen durchgesetzt. Damit wird auch eine gerechte Verteilung der Fixkosten auf die Kundengruppen ermöglicht. Ein eventueller Missbrauch dieser Monopolstellung wird durch Energieaufsicht auf den Grundlagen des Gesetzes zur Förderung der Energiewirtschaft (Energiewirtschaftsgesetz) und durch Missbrauchsaufsicht nach dem Kartellrecht unterbunden. Dies ist vor allem für die Strompreisbildung von Bedeutung. Für die EVU besteht Anschluss- und Versorgungspflicht. Wirksamen Wettbewerb gibt es auf dem Wärmemarkt (Raum-, Prozesswärme) und bei der Elektrizitätserzeugung (Konkurrenz der Eigenanlagen von Industrie, Gewerbe und Kommunen).
Der Spitzenverband der Unternehmen der öffentlichen Elektrizitätswirtschaft ist die Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke e. V. Die öffentliche Elektrizitätswirtschaft ist durch eine arbeitsteilige Struktur auf drei Versorgungsstufen gekennzeichnet. Neun Verbundunternehmen erzeugen überwiegend in Großkraftwerken rd. 80 % der Elektrizität und betreiben das nationale und internationale Verbundnetz; auch versorgen sie überwiegend Endkunden. Etwa 80 regionale Versorgungsunternehmen übernehmen die Weiterverteilung der Elektrizität an Endkunden oder an lokale Unternehmen. Die zahlenmäßig größte Gruppe stellen die rd. 900 kommunalen Unternehmen oder Stadtwerke dar, die die Kunden innerhalb der Gemeindegrenzen mit Elektrizität versorgen, in vielen Fällen im Querverbund mit Gas, Fernwärme und Wasser. Regionale Unternehmen und größere Stadtwerke betreiben oft auch eigene Erzeugungsanlagen. Die Eigentumsstruktur der Unternehmen der öffentlichen Elektrizitätswirtschaft ist durch einen hohen Kapitalanteil der öffentlichen Hand (Kommunen) gekennzeichnet.
Wegen ihrer wachsenden Bedeutung für Wirtschaft und Gesellschaft musste die Bereitstellung von Elektrizität in der Vergangenheit stark gesteigert werden. Hauptsächliche Energieträger sind die Kernenergie sowie Stein- und Braunkohle, wobei der Braunkohle in den neuen Bundesländern besondere Bedeutung zukommt. Öl und Gas werden seit Beginn der 1980er-Jahre aus energiepolitischen Gründen nur noch in geringem Umfang eingesetzt. Die erneuerbaren Energien, vor allem Wasserkraft, tragen mit rd. 5 % zur Erzeugung bei. Ihr Ausbau wird durch schwankende Verfügbarkeit und hohe Kosten begrenzt. Durch laufende Verbesserungen der Energieausnutzung im Kraftwerk, durch Filteranlagen und durch Nutzung der Kernenergie und der erneuerbaren Energien wird den Belangen des Umweltschutzes (Luftreinhaltung, Klimaversorgung) Rechung getragen.
Die öffentliche Elektrizitätswirtschaft nimmt darüber hinaus die in Eigenanlagen von Industrie, Deutsche Bahn AG, Kommunen und unabhängigen Kraftwerksbetreibern erzeugte Elektrizität gegen Zahlung einer wertgerechten Vergütung in das Netz auf. Innerhalb des europäischen Verbundnetzes der UCPTE (Union für die Koordinierung der Erzeugung und der Verteilung von Elektrizität) wird Elektrizität sowohl kurzfristig als auch im Rahmen langfristiger Verträge europaweit gehandelt.
Die Industrie ist die bedeutendste Kundengruppe der öffentlichen Elektrizitätswirtschaft. Seit Anfang der 1980er-Jahre haben sich die noch in den 70er-Jahren hohen Wachstumsraten des Elektrizitätsverbrauchs verringert. Gründe hierfür sind die immer rationellere Verwendung von Elektrizität, die zunehmende Sättigung der Ausstattung mit Elektrogeräten und der Strukturwandel der Wirtschaft zulasten energie- und stromintensiver Produktionszweige. Die deutsche EVU sehen in der Förderung der rationellen Verwendung von Energie eine wichtige Aufgabe. Sie bieten ihren Kunden hierfür eine wachsende Zahl von Dienstleistungen an.
Der Anteil der Elektrizität im Energiemarkt ist in der Vergangenheit gestiegen: 17 % des Energieverbrauchs in Deutschland werden mit Elektrizität gedeckt; der Stromanteil in der Industrie beträgt 28 %. Elektrizität ist Grundlage für Rationalisierung und Automatisierung sowie Steuerung und Regelung von Prozessen, für Informations- und Kommunikationstechniken, für moderne Energie sparende Produktionsverfahren wie Plasma-, Laser- oder Mikrowellenanwendungen und für Umweltschutzeinrichtungen. Etwa 50 % der Elektrizität werden für die Erzeugung von mechanischer Energie (Elektromotoren) und rd. ein Drittel für Wärmeerzeugung (Raumwärme, Warmwasser, sonstige Prozesswärme) verwendet. Auf Beleuchtung entfällt etwa ein Zehntel.
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie v. a. auch in den folgenden Artikeln:
Abwärme · Blockheizkraftwerk · Elektrizitätsversorgung · Energiepolitik · Energiewirtschaft · erneuerbare Energien · Kraft-Wärme-Kopplung · Kraftwerk · Stromtarif
W. Löwer: Energieversorgung zw. Staat, Gemeinde u. Wirtschaft (1989);
J. Grawe u. a.: Energiesparen mit Strom (41991);
J. Grawe: Zukunftsenergien (1992);
Die Zukunft der Stromversorgung, hg. v. A. Voß (1992);
W. Pfaffenberger: E. (1993);
Hb. Kernenergie. Kompendium der Energiewirtschaft u. Energiepolitik, hg. v. H. Michaelis u. C. Salander (41995).
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Elek|tri|zi|täts|wirt|schaft, die: Zweig der Energiewirtschaft, der sich mit der Erzeugung u. Verteilung des elektrischen Stroms befasst.
Universal-Lexikon. 2012.