Frei|den|ker 〈m. 3〉
1. jmd., der sich keiner kirchlichen od. ideologischen Autorität unterwirft
2. 〈in Frankreich〉 Atheist
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Frei|den|ker, der [LÜ von engl. freethinker]:
jmd., der bes. in Bezug auf Religion seine eigenen Anschauungen hat.
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Freidenker,
jemand, dessen Denken frei von v. a. religiöser Dogmatik ist; auch Denkender, der Christentum und Theologie ablehnend gegenübersteht. Der Begriff, englisch »freethinker« (seit dem 17. Jahrhundert), war ursprünglich Bezeichnung der englischen Deisten (wurde später irrtümlich mit Deismus synonym gesetzt) und charakterisierte diejenigen, die den christlichen Glauben der Vernunft unterwarfen, dann allgemein diejenigen, die das Denken unabhängig von jeder Autorität allein durch die Evidenz des Gegenstandes leiten lassen wollten. Er wurde zuerst (1697) von William Molyneux (* 1656, ✝ 1698) (in einem Brief an J. Locke) für J. Toland verwendet und fand durch A. Collins (»A discourse of free-thinking«, 1713) Verbreitung. In Frankreich gaben einige Enzyklopädisten (D. Diderot, C. A. Helvétius, P. von Holbach ) dem Begriff Freidenker (»libre-penseur«, bei Voltaire »francpenseur«) eine atheistische Wendung. In Deutschland zunächst als Freigeister bezeichnet und dadurch in die Nähe religiösen Sektierertums gerückt, gewannen die Freidenker im 19. Jahrhundert weit reichenden Einfluss einerseits im liberalen Bürgertum in einer naturphilosophischen, monistischen Richtung (L. Büchner, E. Haeckel), andererseits in der Arbeiterschaft in einer sozialrevolutionären Richtung im Anschluss an den dialektischen Materialismus von K. Marx. - Gegen Ende des 19. Jahrhunderts und im frühen 20. Jahrhundert kam es zu Zusammenschlüssen von Freidenkern in mehreren Ländern: Fédération Internationale de la Libre Pensée (»Internationaler Freidenkerverband« oder »Brüsseler Freidenker-Internationale«, gegründet 1880), Deutscher Freidenkerbund (gegründet 1881 durch L. Büchner), Deutscher Monistenbund (gegründet 1906 durch E. Haeckel; 1933 verboten, 1947 neu entstanden, seit 1956 Freigeistige Aktion - Deutscher Monistenbund); in Österreich Zusammenschluss von 13 Einzelgruppierungen im Zentralsekretariat der österreichischen Freidenker (1914; Sitz: Wien), in der Schweiz Kartell freigesinnter Vereinigungen der Schweiz (1913). - Die Entwicklung einer marxistisch orientierten Freidenkerbewegung ist gekennzeichnet durch die Gründung des Vereins der Freidenker für Feuerbestattung (1905) und des Zentralverbands der proletarischen Freidenker in Deutschland (1908), später in Deutscher Freidenkerverband umbenannt. Nach dem nationalsozialistischen Machtantritt 1933 verboten, konstituierte er sich 1951 in der Bundesrepublik Deutschland neu; seit 1958 bestand daneben als selbstständiger Verband der »Berliner Freidenkerverband«. In der DDR entstand eine organisierte Freidenkerbewegung erst im Juni 1989 mit dem Verband der Freidenker in der DDR (VdF). Nach eigenem Selbstverständnis in der Tradition der deutschen Freidenkerbewegung stehend, sah dieser in der »weltlichen Seelsorge« für die mehrheitlich konfessionslose Bevölkerung einen Schwerpunkt seiner Tätigkeit (z. B. geistige Betreuung Kranker und Sterbender, weltliche Bestattungen). Aus der Sicht der SED sollte der VdF als Forum des »tabulosen Meinungsstreites über gesellschaftliche Fragen« eine integrierende Funktion wahrnehmen, indem kritischen Bürgern gleichsam offiziell erstmals ein »Ventil« für die Diskussion gesellschaftlicher Defizite angeboten wurde. 1990 benannte sich der VdF in Deutscher Freidenkerverband um und schloss sich 1991 mit dem westdeutschen Freidenkerverband im Deutschen Freidenkerverband e. V. (DFV) mit Sitz in Offenbach zusammen. Der DFV versteht sich als eine Weltanschauungsgemeinschaft, Kulturorganisation und Interessenvertretung konfessionsfreier Menschen.
Die 1925 erstmals organisatorisch zusammengefasste kommunistische Freidenkerbewegung in der Sowjetunion verstand sich als Gottlosenbewegung. (Atheismus)
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Aufklärung in England: Freidenker, Deisten und Liberale
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Frei|den|ker, der [LÜ von engl. freethinker]: jmd., der bes. in Bezug auf die Religion seine eigenen Anschauungen hat: Wir gedenken all jener F., jener mutigen Männer und Frauen, die ... Opfer der Nazibarbarei wurden (Freie Presse 1. 7. 89, 6).
Universal-Lexikon. 2012.