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Intellektuelle
In|tel|lek|tu|el|le [ɪntɛlɛk'tu̯ɛlə], die/eine Intellektuelle; der/einer Intellektuellen, die Intellektuellen/zwei Intellektuelle:
weibliche Person, die wissenschaftlich oder künstlerisch gebildet ist und geistig arbeitet:
die weltgewandte Intellektuelle hat einen Doktor in Jura und spricht sieben Sprachen fließend.
Syn.: Wissenschaftlerin.

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In|tel|lek|tu|ẹl|le(r) 〈f. 30 (m. 29)〉 Verstandesmensch, Geistesarbeiter, Wissenschaftler

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In|tel|lek|tu|ẹl|le, die/eine Intellektuelle; der/einer Intellektuellen, die Intellektuellen/zwei Intellektuelle:
a) weibliche Person, die wissenschaftlich [od. künstlerisch] gebildet ist u. geistig arbeitet;
b) weibliche Person, deren Verhalten [übermäßig] vom Verstand bestimmt wird.

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Intellektuẹlle
 
[französisch], Menschen, die in der Regel wissenschaftlich gebildet sind, eine geistige, künstlerische, akademische oder journalistische Tätigkeit ausüben und deren Fähigkeiten und Neigungen auf den Intellekt ausgerichtet sind. Seit dem 19. Jahrhundert dient der Begriff zur (mitunter polemischen) Bezeichnung einer besonderen sozialen Gruppe, deren Mitglieder sich sowohl ihrem Selbstverständnis nach als auch ihrer sozialen Stellung wegen vor die Aufgabe gestellt sehen, nicht in erster Linie aufgrund ihres Fachwissens, sondern v. a. aufgrund einer sozialen »Verantwortlichkeit«, den Stand der Gesellschaft und den Gang der sozialen Entwicklung kritisch reflektierend zu begleiten, zu Tagesereignissen Position zu beziehen, unter Umständen auch korrigierend einzugreifen. Der Begriff Intellektuelle entstand aus der Auseinandersetzung um die Parteinahme É. Zolas in der Dreyfusaffäre.
 
In ihrer Funktion als Kritiker bestehender Sinndefizite oder als Hüter gefährdeter Sinnpotenziale beziehen die Intellektuellen zunächst ein Terrain, das die Aufklärer in ihrer Konzeption einer »bürgerlichen Öffentlichkeit« (J. Habermas) vorbereitet hatten. Für die deutsche Wortbedeutung war die ablehnende Bezugnahme auf die französischen Intellektuellen (»nur verstandesmäßige Bildung« im Gegensatz zur »Gemütsbildung«) zunächst ausschlaggebend.
 
Seit der Französischen Revolution und im Zuge der romantischen und nationalistischen Kulturbewegungen nahm das öffentliche Hervortreten von Künstlern und Schriftstellern ständig zu und fand Ende des 19. Jahrhunderts mit der Ausdehnung und Verbesserung der Druckmedien ein spezifisches Betätigungsfeld. So kann v. a. die Zeit zwischen den beiden Weltkriegen mit der Gründung intellektueller Vereinigungen (z. B. P.E.N.) sowie mit ihren zahlreichen Manifesten, offenen Briefen, Aktionen und Kongressen als die Blütezeit der europäischen Intellektuellen erscheinen (R. Rolland, S. Freud, H. Hesse, P. Valéry, H. Mann, C. von Ossietzky, K. Kraus, J. Ortega y Gasset); die wichtigsten theoretischen Entwürfe stammen aus dieser Zeit (J. Benda, K. Mannheim, A. Gramsci).
 
Auch nach dem Zweiten Weltkrieg meldeten sich die Intellektuellen zu Wort (Kritik des stalinistischen Terrors bei G. Orwell und A. Koestler, J.-P. Sartres Engagement gegen den Algerienkrieg, B. Russells Kampf gegen die Atombombe, A. N. Chomskys Proteste gegen den Vietnamkrieg; Gründung von Organisationen wie Amnesty International). Gleichwohl wurde neben der Kritik an der »frei schwebenden Intelligenz« (K. Mannheim) vonseiten progressiv und konservativ Engagierter (im Streit um die Studentenbewegung der Jahre um 1968) auch eine gewisse Hilflosigkeit der Intellektuellen angesichts der ständigen Zunahme widersprüchlicher Fakten, die häufig an konkurrierende Interessen gebunden sind, erkennbar. Besonders in den Staaten Osteuropas und in Ländern der Dritten Welt nahm in den 70er- und 80er-Jahren die Diskussion um Rolle und Verantwortung der Intellektuellen einen breiten Raum ein (u. a. G. Konrád, A. Sacharow, O. Paz, G. García Márquez, W. Soyinka). Viele nonkonformistische Intellektuelle in Mittel- und Osteuropa engagierten sich in der Bürgerbewegung ihrer Länder und wurden zu Mitauslösern der Demokratiebewegungen, die in den politischen Umwälzungen seit Ende der 80er-Jahre gipfelten (z. B. V. Havel). Zu einer Symbolfigur im Kampf um die Menschen- und Bürgerrechte in der Dritten Welt wurde der 1995 hingerichtete nigerianische Schriftsteller K. Saro-Wiwa.
 
Literatur:
 
The intelligentsia and the intellectuals. Theory, method, and case study, hg. v. A. Gella (Beverly Hills, Calif., 1976);
 J. Benda: Der Verrat der I. (a. d. Frz., 1978);
 K. Mannheim: Ideologie u. Utopie (a. d. Engl., 61978);
 A. Gramsci: Zu Politik, Gesch. u. Kultur. Ausgew. Schr. (a. d. Ital., 21986).

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In|tel|lek|tu|ẹl|le, der u. die; -n, -n <Dekl. ↑Abgeordnete>: a) jmd., der wissenschaftlich [od. künstlerisch] gebildet ist u. geistig arbeitet: Von der Gefahr, die der Republik ... drohte, machte sich Heinrich, ähnlich wie die meisten -n in jener Zeit, keine Vorstellungen (Reich-Ranicki, Th. Mann 175); seine Mutter ... die sich als I. sah und deren Weltsucht er als Ausflucht begriff (Frisch, Montauk 36); b) übermäßig vom Verstand bestimmter Mensch: Ein von Natur aus frostiger Mensch, ein -r (Lynen, Kentaurenfährte 319).

Universal-Lexikon. 2012.